THE SECRETS WE KEEP

Secrets-We-Keep-1-Copyright-LEONINE Entertainment– Bundesstart 27.05.2021

Was man von SECRETS WE KEEP erfährt, weckt umgehend Erinnerung an Roman Polanskis Verfilmung des Theaterstückes DER TOD UND DAS MÄDCHEN. Es ist eine verlockende Verheißung, die verspricht ebenso intensiv und tiefsinnig zu sein. Eine Frau glaubt ihren Peiniger wieder zu erkennen, der sie vergewaltig und ihre Schwester umgebracht hat. Das war vor fünfzehn Jahren, im Krieg, auf der anderen Seite des Ozeans. Eine lange Zeit ist vergangen, aber bei Maja sind die seelischen Wunden noch lange nicht verheilt. In ihrer traumatischen Wut entführt sie den verdächtigen Mann, und hält ihn gefesselt im Keller ihres Einfamilienhauses gefangen, um ihn zu einem Geständnis zu zwingen. Für Majas Ehemann Lewis ist es in dem Moment schon zu spät, er muss sich mit der Situation arrangieren. Der vermeintliche Kriegsverbrecher Thomas ist genau wie Maja, nach Kriegsende aus Europa nach Amerika gekommen. Das ist für Lewis noch lange nicht genug Beweis. Zwischen den Dreien entbrennt ein Kampf um Gewissen, Vernunft und Gerechtigkeit.

Einem breiteren Publikum hat sich der israelische Filmemacher Yuval Adler noch nicht bekannt gemacht. Es macht den starken Eindruck, dass sich dies mit THE SECRETS WE KEEP auch nicht groß ändern wird. Grundsätzlich ist SECRETS ein spannender Film, mit guten Protagonisten. Wobei ausgerechnet Chris Messina die eindringlichste Darstellung auf die Leinwand bringt. Obwohl seine Figur des überforderten Ehemanns Lewis eigentlich hinten ansteht, da der Kern der Geschichte wirklich auf Opfer und Beschuldigten fokussiert ist.

Bei Messina ist die kontinuierliche Anspannung zu spüren. Seine Zerrissenheit zwischen Recht und Unrecht trägt er nicht exaltiert nach außen, sondern findet sich in feinen Nuancen in seinen Dialogen und einer sehr akzentuierten Körpersprache. Das sieht bei Noomi Rapace und Joel Kinnaman ganz anders aus, die eher nach Emotionen bemüht wirken. Beide sind fabelhafte Darsteller, dass haben sie anderorts oft genug gezeigt. Aber dafür dass ähnliche Geschichten schon oft genug Grundstein für derartige Filme war, können sie sich nicht aus einem respektablen Mittelmaß herausspielen. Rapace und Kinnaman fehlt dieser feine, differenzierende Schliff in der Charakterisierung, der ein erweitertes Maß an Interesse weckt.

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Für passionierte Kinogänger und Theaterfreunde liegt aber die Irritation, und damit eine eklatante Ablenkung auf weit höherer Ebene. Die Vorlage für THE SECRETS WE KEEP ist eindeutig DER TOD UND DAS MÄDCHEN. Während der Trailer Anleihen an Ariel Dorfmans Stück vermuten lässt, wird weder in den Filmtiteln, nicht einmal in den speziellen Danksagungen, oder im gesamten Text des Presseheftes Bezug auf das Bühnenstück oder die Verfilmung genommen.

THE SECRETS WE KEEP ist ein ansehnlicher Psychothriller, der die Anforderungen an das Genre wirklich erfüllt. Allerdings ohne sich von vergleichbaren Filmen abzuheben. Das Fünfzigerjahre Kolorit ist nicht übertrieben, dafür makellos, was man ebenso von den technischen Bereichen sagen muss. Aber der entscheidenden Makel des Films lässt sich nicht wegdiskutieren. Gegen ein ordentliches Remake oder Neuinterpretation ist überhaupt nichts einzuwenden. Aber was Yuval Adler mit diesem Film tut, geht weit an Inspiration und Zitat vorbei. Ohne die offensichtlichen Quellen zu nennen und auch entsprechend zu würdigen, ist dieser Film ein unmoralisches Plagiat.

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Darsteller: Noomi Rapace, Joel Kinnaman, Chris Messina, Jackson Vincent, Amy Seimetz, Milly Matlovsky u.a.
Regie: Yuval Adler
Drehbuch: Yuval Adler, Ryan Covington
Kamera: Kolja Brandt
Bildschnitt: Richard Mettler
Musik: John Paesano
Produktionsdesign: Nate Jones
USA / 2020
97 Minuten

Bildrechte: LEONINE
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