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Map Perfect Things 1 - Copyright AMAZON STUDIOSTHE MAP OF TINY PERFECT THINGS
AMAZON PRIME – 12.02.2021

Wenn immer Brian De Palma über nicht nachvollziehbare Regieentscheidungen gefragt wurde ‚warum‘, da antwortet er ‚warum nicht?‘. Das ist bei Zeitreisefilmen nicht ganz so einfach, wobei diese keinen bekannten physikalischen Gesetzen gehorchen müssen, und sich gerne mal der Logik widersetzen. Schwieriger wird es schon mit Zeitschleifen. Diese kleinen lustigen Dinger, die Menschen auf aller Welt schon seit dem MURMELTIERTAG immer wieder amüsieren und faszinieren. Nicht erst seit diesem Film. Aber damit wurde dieses Sub-Genre aller möglichen Genres zu einem weltweiten Phänomen. Und darin gibt es durchaus gewisse Regeln, die für die strukturelle Plausibilität eingehalten werden sollten. Gerade einmal 11 Monate nach PALM SPRINGS, dem legitimen Murmeltier-Nachfolger für eine neue Generation, nimmt man die kohärente Genauigkeit von Ian Samuels TINY PERFECT THINGS schon aus misstrauischem Trotz genauer unter die gestrengen Augen.

Der Film beginnt mit dem Status Quo. Jung, dynamisch, gepaart mit einem Schuss Überheblichkeit manövriert sich Kyle Allen als Mark durch den Tag. Allen ist genau der richtige Typ, energisch und sympathisch, der dem Zuschauer diesen Tag mit Nonchalance präsentiert. Es ist keine Arroganz, sondern der fälschliche Ausdruck alles unter Kontrolle zu haben. Für einen Tag der König sein. Als Beobachter sehen wird es zum ersten mal, für Mark ist es die geschätzt tausendfachste Wiederholung der immer gleichen sechzehn Stunden.

Da ist schon die erste Note, die unschön Quer schießt. Kurze Sequenzen die fließend ineinander greifen. Hier jemanden vor einem heranrasenden Auto bewahrt, dort den Weg erklärt, ohne erst die Frage zu hören. In perfekter Harmonie jemanden den Kaffebecher abgenommen, einen anderen die richtige Zeitung in die Hand gedrückt, jemanden kurz aufhalten, damit dem kein Vogel auf den Kopf… Das gefällt, zieht rein, und macht Spaß. Es ist die gleiche Abfolge wie die Eröffnungssequenz von Palm Springs.

Dafür kann aber Ian Samuels nichts, selbst mit einigen Monaten Produktionsabstand ist es unwahrscheinlich, fast sogar unmöglich, dies kopiert zu haben. Aber so eine Montage drängt sich auch förmlich auf, um die Situation schnell und unkompliziert zu erklären. Schade nur, dass es wahrscheinlich anders wahrgenommen wird. Denn mit nur ein wenig Abstand betrachtet, ist das ganz gewiss kein Makel, eher glückloser Zufall. Aber damit hat man wenigstens schon das Thema der händeringend herbeigesehnten Fehler, Logikbrüche, oder Plagiatsvorwürfe vom Tisch.

Mark ist sich sicher, der einzige zu sein, der diesen Tag wieder und wieder erlebt. Für alle anderen verläuft die Zeit weiterhin linear. Das aktuellen Projekt ist den perfekten Moment zu finden, seine vermeintliche Traumfrau schnellstmöglich und unkompliziert zu verführen, schließlich bleiben ihm nur wenige Stunden, bis alles wieder auf Null gesetzt wird. Auftritt Margaret, welche dieses Vorhaben letztendlich verhindert. Mit Kathryn Newton wäre dann eine Paarung komplettiert, die jeden Zuschauer interessiert bei Laune hält.

Ist Kyle Allen der launige All-American-Boy, der mit extrovertiertem Charme, aber stets schwelender Verunsicherung überzeugt, gewinnt Kathryn Newton mit geheimnisvoller Unnahbarkeit. Zweifellos sind beide wie füreinander gemacht. Sie tragen den Film, welcher ansonsten nichts weiter zu einer eigenen filmischen Ästhetik oder persönlichem Stil beizutragen weiß. Zwar wechseln bei jeder Wiederholung bestimmter Tagesroutinen die Kameraperspektiven, was allerdings keinerlei Bedeutung für die Erzählung hat, sondern nur einfachstes Handwerk darstellt.

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Man dürfte sich wünschen Kameramann Andrew Wehde hätte sich auch optisch etwas einfallen lassen, um die Entwicklung der beiden Figuren zu unterstreichen. Wenigstens die Choreografie der Tagesroutinen, in denen die Protagonisten ihr Dilemma eindringlich diskutieren, aber ganz nebenbei ihre Umfeld beeinflussen, sind sehr zur Freude des Zuschauers makellos umgesetzt. Ansonsten ruht sich die Inszenierung auf den charismatischen Ausstrahlungen und der einnehmenden Chemie im Zusammenspiel von Newton und Allen aus. Was zum Glück weitgehend funktioniert.

Die Geschichte von Zeitschleife-Filmen hat gezeigt das es dabei extrem selten um den wissenschaftlichen Charakter geht. Auch TINY PERFECT THINGS wirft vereinzelt und wirklich nur nebenher Begriffe von Temporaler Anomalie und Singularität in die Szenerie, und auch das Konzept eines vierdimensionalen Würfels wird behandelt. Doch es scheint eher als notwendiges Zugeständnis. Der Kern ist nicht der physikalische, sondern ganz stark der philosophischen Aspekte. ‚Was wäre wenn,‘ wird zu einer zentralen Frage über die Figuren selbst. Über Möglichkeiten und Verantwortung.

THE MAP OF TINY PERFECT THINGS hätte keinen besseren Titel haben können. Mit zwei sympathischen und glaubhaften Darstellern geht man sehr gerne auf diese Reise, bei der man sich immer wieder einmal selbst in eine temporale Kausalitätsschleife wünscht. Filmisch ist da Ian Samuels kein großer Wurf gelungen. Aber an Wert und philosophischen Anspruch steht er den im Film oft erwähnten großen Vorbildern nicht nach. Wie EDGE OF TOMORROW, TÄGLICH GRÜSST DAS MURMELTIER und sogar das verkannte Meisterwerk TIME BANDITS.

Und das der Film so ehrlich ist seine Inspirationen mit einzubauen, könnte man als raffinierten Selbstschutz abtun. Aber warum sollte man das, es macht ihn doch so viel attraktiver. Ein Film der die nicht nachvollziehbare Macke hat, in der letzten halben Stunde seine ganze Erzählstruktur zu ändern. Aber selbst das trägt man ihm kaum nach, weil er alles in allem sehr viel tiefgründigen Spaß bereitet.
Selbst wenn am 30. April endlich auch in Deutschland PALM SPRINGS die Gunst des Publikums suchen wird.

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Darsteller: Kathryn Newton, Kyle Allen, Jermaine Harris, Anna Mikami, Josh Hamilton u.a.
Regie: Ian Samuels
Drehbuch: Lev Grossman nach seiner Kurzgeschichte
Kamera: Andrew Wehde
Bildschnitt: Andrea Bottigliero
Musik: Tom Bromley
Produktionsdesign: Kara Lindstrom
USA / 2021
98 Minuten

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