– Bundesstart 01.07.2021
Akua Njeri ist in der schwarzen Bürgerrechtsbewegung noch immer aktiv. Nach dem Tod ihres Verlobten Fred Hampton nahm sie diesen traditionell afrikanischen Namen an. Als Deborah Johnson hatte sie sich in Hampton verliebt und einen gemeinsamen Sohn auf die Welt gebracht. Fred Hampton Jr. nahm das Erbe seines Vaters auf und ist heute Vorsitzender der wichtigsten sozial ausgerichteten Minderheiten-Verbänden in Illinois. Er ist auch Poet, eine Begabung, die wahrscheinlich auf seine Mutter zurück zu führen ist. Diese hat schon in jungen Jahren Vater Fred Hampton als Anführer der Black Panther Party von Illinois ermahnt, er solle sich in seinen Reden wesentlich gewählter ausdrücken. So lernten sie sich kennen, und so schließt sich der Kreis, von der Geschichte einer Film-Adaption bis dahin, wie es das reale Leben beeinflusst. Und so müssen richtig gute Biografien auch gemacht sein. Das man sich hinterher immer noch für mehr interessiert.
Doch eigentlich erzählt der Film die Geschichte von William O’Neal, ein Autodieb und späterer Verräter. Er ist der Judas in der wahren Geschichte. Es ist 1968, und der 21 jährige Fred Hampton gerät ins Kreuzfeuer von FBI und Polizei. Der charismatische Mann rekrutiert sehr erfolgreich neue Mitglieder für die Black Panther. Der 17 jährige William wird angeheuert, Hamptons engsten Kreis zu infiltrieren und zu spionieren. Der Erlass von einer ausstehenden, langjährigen Haftstrafe sind seine dreißig Silberlinge.
Das eigentlich Phänomen an der Geschichte ist das Alter der realen Figuren zu jener Zeit. Während der Dreharbeiten war Kayuula als Hampton bereits 31 und Stanfield als O’Neal 29. Was seiner Zeit gewöhnlich und nachvollziehbar war, wäre heute nur schwer zu vermitteln. Deswegen war es gut, dass sich Filmemacher Shaka King auf den Kern der beiden zusammenlaufenden Handlungsebenen konzentriert, und lieber mit der charismatischen Kraft von bekannten Darstellern die Geschichte unterstützt. Wenn schon aus dramaturgischen Gründen Elemente verändert werden müssen, dann auch mit weisen Entscheidungen. Das filmische Ergebnis gibt diesen Entscheidungen recht.
Das siebziger Jahre Setting vervollständigt sich mit Sean Bobbitts Faible für die eher klassische Photographie, wie er unter anderem auch PLACE BEYOND THE PINES, 12 YEARS A SLAVE oder zuletzt THE COURIER geprägt hat. Da gibt es keine selbstgefälligen Spielereien, sondern die Bilder sind auf den Moment fixiert. Und dabei liegt die Gewichtung auf den handelnden Personen. Es gibt eine imposante Ausnahme in der Regel, wenn der Zuschauer ein riesiges Auditorium mit unzähligen FBI-Agenten zeigt, welche in der Dunkelheit, und somit in der Anonymität verschwinden. Nur J. Edgar Hoovers fratzenartiges Gesicht wird als Synonym für das Übel bildfüllend dazwischen geschnitten.
Selbstverständlich liegt das Hauptaugenmerk auf Daniel Kaluuya als Fred Hampton. Und er wird dieser Rolle mehr als gerecht, er lebt sie und transportiert es mit jeder Faser seines Könnens. Um diese Geschichte zu erzählen bedarf es auch dieser durchdringenden Intensität. Fred Hampton war einer der bedeutendsten Anführer in der Black Panther Party, der weit über den Tellerrand sah und über das maßgebliche Ziel hinaus dachte. Sein Gedanke war nicht allein bei der schwarzen Minderheitenbewegung. Er ging auf die Hispano-Anführer zu, holte die Vertreter von sozial Benachteiligten mit ins Boot, und er organisierte Essensausgaben für arme Kinder.
Letztendlich formte Hampton die legendäre und gerne vergessene Regenbogen-Koalition, die alle Minderheiten vereinte. Und das kein Kind in Illinois Hunger haben sollte, war für das FBI schon viel zu weit am Kommunismus. Hier ging für das paranoide Bureau William O’Neal ins Rennen, der soviel Informationen von Hamptons inneren Zirkel liefern sollte, dass man den unangenehmen Schwarzen endlich aus dem Verkehr ziehen konnte. LaKeith Stanfield bleibt hier der verschmitzte Kleinganove, der einzig und allein Angst um seiner selbst hat. Man spürt bei Stanfield, wie er mit fortschreiten der Handlung immer mehr diebische Freude an diesem Spiel gewinnt. Allerdings zeigt er auch sehr beeindruckend, dass er sich seiner Konsequenzen nie wirklich bewusst ist.
Die spannende Dualität der beiden unterschiedlichen Charaktere hat Regisseur Shaka King sehr intensiv inszeniert. Er gibt immer die notwendige Zeit, damit sich der Zuschauer auch richtig in die einzelnen Settings einfühlen kann. Doch King erzählt nicht langwierig, oder zäh, sondern genau im Tempo, um dieser wahren Geschichte auch emotional gerecht zu werden, und genau dadurch die Spannung aufzubauen und zu halten.
Und das führt dann auch wieder dazu, was eine gute Biografie ausmacht. Man beginnt sich darüber hinaus zu interessieren. Dazu gehört dann auch das Schicksal von William O’Neal, welches unbedingt in den Bereich der Verschwörungstheorie einzuordnen ist.
Darsteller: LaKeith Stanfield, Daniel Kaluuya, Jesse Plemons, Dominique Fishback, Ashton Sanders, Martin Sheen, Algee Smith u.a.
Regie: Shaka King
Drehbuch: Will Berson & Shaka King
Kamera: Sean Bobbitt
Bildschnitt: Kristan Sprague
Musik: Craig Harris, Mark Isham
Produktionsdesign: Sam Lisenco
USA / 2021
126 Minuten