fff21: JOHN AND THE HOLE

Copyright Rosebud EntertainmentBeitrag des Fantasy Filmfest 17.10. – 7.11.2021
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John ATH - Copyright IFC FILMSDas Spielfilmdebut von Pascual Sisto ist so redundant künstlerisch ausgelegt, dass sich JOHN AND THE HOLE den Zuschauenden nur sehr langsam erschließt. In gewissen Teil erschließt er sich vielleicht überhaupt nicht. Lange Zeit lässt Sisto einen völlig im Unklaren, worauf er hinaus möchte. Die titelgebende Prämisse scheint entrückt. Nicolás Giacobone hat das Drehbuch nach einer seiner eigenen Kurzgeschichten verfasst. Für das Drehbuch von BIRDMAN ODER (DIE UNVERHOFFTE MACHT DER AHNUNGSLOSIGKEIT) hat Giacobone unglaubliche 17 der renommiertesten Filmpreise gewonnen. Das soll keineswegs als werbende Bemerkung missverstanden sein, sondern als vergleichendes Instrument. Der eine Film war ein zweistündiges Dauerfeuer an Streitgesprächen und Lebensreflexionen, dieser hier wirkt in Dialog und Tempo wie dessen Antithese.

John ist ein Junge im besten Pubertätsalter, mit all den für Erwachsene kaum noch nachvollziehbaren seltsamen Fragen. In sehr ruhigen und langen Passagen erfahren wir John als in allen Bereichen durchschnittlichen Sohn, Bruder, Freund und Schüler. Dem steht die Familie in nichts nach. Markant ist allerdings der Verzicht auf jedweden Hintergrund der einzelnen Charaktere. Wir erfahren nur das, was für die spärliche Handlung relevant ist, oder werden könnte.

Dahingehend passt Paul Özgürs eigenwillige Entscheidung den Film gänzlich im Academy Format 1:1,33 zu drehen. Der Versuch einer Erklärung käme einer subjektiven Festlegung gleich, und sollte demnach den Zuschauenden selbst als Auseinandersetzung überlassen sein. Wohl durchdacht ist ein Wechsel von Seitenverhältnissen bei anderen Filmen eine exzellente Erweiterung der Erzählebene. Hier jedoch fordern Özgür und Sisto mit ihrem Verzicht auf diese optische Spielerei heraus. Auf alle Fälle verstärkt es die klaustrophobische Atmosphäre innerhalb des offenen Betonbunkers, der vergessen mitten im Wald liegt. Mit einiger Anstrengung hat John seine betäubte Familie dorthin gebracht, und ein Entkommen ist ohne Hilfsmittel nicht möglich.

John ATH 1 - Copyright IFC FILMS

Mit nur einer Handvoll, dafür umso exzellenter gewählten Darstellern gelingt ein sehr ungewöhnlicher Film. Das wir ausgerechnet Hauptdarsteller Charlie Shotwell am wenigsten in seinem Tun verstehen, er auch am wenigsten von seiner Gefühlswelt zeigt, festigt die jederzeit angespannte Atmosphäre. Sicher ist nur, dass es keinen von außen provozierten Grund für die drastische Handlung gibt. Erst kürzlich hatte John seine Mutter gefragt, wie es wäre erwachsen zu sein. Dennoch bleibt vage, warum er das getan hat. In einigen sehr beängstigenden Szenen spielt der Regisseur nicht nur mit unseren unangenehm berührten Gefühlen, sondern auch mit der naiven Wahrnehmung eines dreizehnjährigen Jungen. Der Ausgang der Geschichte wird von Szene zu Szene immer wieder neu bestimmt.

Auch wenn sich JOHN AND THE HOLE als schwer, an manchen Stellen sogar etwas sperrig präsentiert, entwickelt er doch eine sehr anziehende Faszination. Es gibt wirklich einige Frage an den Film, aber auch viele Fragen an uns selbst. Denn wir bekommen nie das Gefühl, John hätte den Verstand verloren. Nichts von dem was wir sehen und erleben scheint unwahrscheinlich. Das ist durchaus eine andere Form von gruseligem Fiebertraum.

John ATH 2 - Copyright IFC FILMS

 

Darsteller: Charlie Shotwell, Michael C. Hall, Taissa Farmige, Jennifer Ehle, Lucien Spelman u.a.
Regie: Pascual Sisto
Drehbuch: Nicolás Giacobone
Kamera: Paul Özgür
Bildschnitt: Sara Shaw
Musik: Caterina Barbieri
Produktionsdesign: Jaqueline Abrahams
USA / 2021
106 Minuten

Bildrechte: IFC FILMS
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