BLITHE SPIRIT
– Bundesstart 22.07.2021
Der Erfolgsautor Charles Condomine hat eine Schreibblockade. Ausgerechnet als die Pinewood Studios einen großen Film von ihm erhoffen. Es ist 1937, und die großen Studios stürzen sich auf Romanautoren, um Originalstoffe für die relative junge Geldmaschinerie zu generieren. Da kommt die Bühnenshow der Spiritualistin Madam Arcati für eventuelle Inspirationen wie gelegen. Der Auftritt entlarvt Arcati als Schwindlerin, was Charles und seine Gattin Ruth nicht davon abbringt, eine Privat-Seance zu erbitten. Was als Ideenschmiede gedacht war, endet im Chaos. Madam Arcati mag in ihrer Bühnenshow weitgehend übertreiben, aber ihre beschränkten Fähigkeiten bringen Charles‘ vor sieben Jahren verstorbene Frau Elvira zurück. Doch Elvira als Geistwesen kann nur von Charles gesehen werden. Das weckt bei Ruth reichlich Argwohn, denn für sie ist dieser angebliche Geist nur das Hirngespinst ihres überspannenden Mannes. Aber seine Schreibblockade ist wie weggeblasen. Und Charles hat nie hinter dem Berg gehalten, dass er Elvira stets als seine Muse betrachtet hat.
Die gute alte Screwball-Komödie hat scheinbar noch lange nicht ausgedient. Die Grenzen zwischen Screwball mit skurrilen Typen und verdrehten Situationen unterscheidet sich nur marginal von der Boulevardkomödie, die sehr viel mit Verwechslung und harmlosen Humor arbeitet. Der Erfolg von Noël Cowards Stück ‚Blithe Spirit‘ 1941 erklärt sich schnell, weil es die Grenzen der diversen Komödienrichtungen aufhebt. Der phänomenale und lang anhaltende Erfolg am Broadway machte eine Kinoadaption unumgänglich, für die Coward selbst das Drehbuch schrieb, und einen ähnlich überwältigenden Erfolg nach sich zog. Das war allerdings 1946, und Zeiten ändern sich.
Zuerst einmal die sofort ins Auge stechenden positiven Aspekte. Dan Stevens als überforderter Charles Condomine ist optisch und im Spiel der Archetyp des chaotischen Opportunisten, aus jener Zeit als man Frauen nach außen hin noch als nettes Beiwerk vorstellte. Und Leslie Mann als berechnende Femme Fatale, die als unsichtbares Wesen noch mehr Freude am Chaos findet, hätte nicht besser besetzt sein können. Es stellt sich wieder einmal heraus, dass tatsächlich hinter jedem starken Mann eigentlich eine viel stärkere Frau steht.
Mit diebischer Freude diktiert die verstorbene Elvira ihrem Ehemaligen wieder die Geschichte in die Schreibmaschine. Seinerzeit war das in vielen Filmen ein kämpferisches Thema, dass man gerne in Komödien einbettete, um das konservative Weltbild über Geschlechterrollen nicht vollends zu erzürnen. Heute wirkt es angestaubt und anbiedernd. Eine wirkliche Botschaft ist darin jedenfalls nicht mehr zu erkennen. Muss allerdings auch nicht sein. Nicht jeder Film braucht sich mit moralischen Attitüden schmücken. Nur bleibt während der 95 Minuten, ohne Abspann, immerzu die Frage nach dieser kleinen Portion des Besonderen, dem Element der Überraschung.
Es ist nicht übertrieben, dass DA SCHEIDEN SICH DIE GEISTER ein sehr kurzweiliger Film ist, der tatsächlich ganz im Geiste der 30er und 40er Jahre sehr schnell und überdreht inszeniert ist. Die Fassung von 1966 aus diversen Gründen einmal nicht berücksichtigt, sollte sich ein Remake eines 75 Jahre alten Filmes rechtfertigen können. Und das kann er nicht. Es gibt kein Element, keine Pointe, keine inszenatorischen Einfälle, welche sich von denen aus der Zeit des ersten Films unterscheiden.
Während Stevens und Mann mit grandioser Boshaftigkeit vergnügt durch die Settings toben, sieht Judis Dench als Madam Arcati sehr unterfordert aus. Zumindest kennt man von ihr wesentlich eindrucksvollere Darstellungen in weniger anspruchsvollen Rollen. Aber Isla Fisher trifft es noch härter, weil sie als vernachlässigte Gattin keine Genugtuung für die geisterhafte Affäre ihres undankbaren Mannes erfährt, und dies auch nicht darstellerisch auffangen darf. Das Vergnügen hält sich gesamt gesehen ziemlich in Grenzen. Atmosphäre und Tempo stimmen, aber der augenzwinkernde Geist von eleganten und überdrehten Screwballs oder Boulevard ist in vergangenen Zeiten verhaftet.
Darsteller: Dan Stevens, Leslie Mann, Isla Fisher, Judi Dench, Aime-Ffion Edwards, Michele Dotrice u.a.
Regie: Edward Hall
Drehbuch: Nick, Moorcroft, Meg Leonard, Piers Ashworth
nach dem Bühnenstück von Noël Coward
Kamera: Ed Wild
Bildschnitt: Paul Tothill
Musik: Simon Boswell
Produktionsdesign: John Paul Kelly
Großbritannien / 2020
99 Minuten