TRAIN TO BUSAN presents PENINSULA
– Bundesstart 08.10.2020
John Carpenters ESCAPE FROM NEW YORK – DIE KLAPPERSCHLANGE ist ein sehr guter, innovativer Film. Vier Jahre später hat George Miller MAD MAX JENSEITS DER DONNERKUPPEL gedreht, der ein nicht so guter Film ist, aber als Kult gefeiert wird. Im Laufe der Jahrzehnte waren diese Filme wiederholt Inspiration für eine Vielzahl anderer Filme, mit unterschiedlichen Qualitäten. Filmemacher Yeon Sang-ho hat jetzt PENINSULA herausgebracht, der seine oben genannten Vorbilder zelebriert. Aber PENINSULA ist kein guter Film. Je intensiver man sich die gegebenen Möglichkeiten vor Augen führt, desto schmerzhafter wirken die verpassten Chancen.
Vier Kriminelle werden von einem Hongkonger Gangsterboss angeheuert, um 20 Millionen US-Dollar aus Südkorea zu holen. Seit dem Ausbruch einer Zombie-Epidemie ist die Halbinsel hermetisch abgeriegelt. Einer der angeheuerten Söldnern ist Jung-seok, der vier Jahre vorher bei seiner eigenen Flucht von der Halbinsel einer jungen Frau mit Kindern die Hilfe verweigert hat. Während des Einsatzes trifft Jung-Seok die Frau Min Jung wieder, und ihre entsprechend reiferen Kinder. Der emotionale Teil der Geschichte verlangt es, dass Jung-seok seine Schuld begleichen will, indem er die kleine Familie mit nach Hongkong nehmen möchte. Mit den aufgespürten 20 Millionen flüchten sie Richtung rettender Hafen, gehetzt von unzähligen Zombies und dem ansässigen Syndikat des Sperrgebietes.
Die Idee hinter dem Film ist im Grunde keine schlechte. Die Fortsetzung des Erfolgshorrors TRAIN TO BUSAN spielt in der gleichen filmischen Welt, ist aber in Handlung und mit Charakteren vollkommen eigenständig. Eine frei bewegliche Filmanthologie ermöglicht ein viel breiteres Spektrum an kreativen Möglichkeiten, anstelle einer verbindlichen Kontinuität. Das hängt aber im Filmgeschäft immer davon ab, wie finanziell erfolgreich eine vorangegangene Episode wäre. Und wie gnädig und großzügig die Investoren sind. Filme aus Südkorea haben in den letzten Jahren durch Innovation und Qualität einen enorm erfolgreichen Sprung in den sogenannten westlichen Markt getan. Sicherlich möchte niemand nach diesen langen Jahren des Ringens um internationale Aufmerksam, diesen verdienten Ruf wegen des schnöden Mammons aufs Spiel setzen.
Ein grundsätzliches Problem bei asiatischen Filmen ist die Sprache. Mimik, Gestik und Sprachduktus lassen sich nicht mit europäischen und amerikanischen Sprachen in Einklang bringen. Synchronisationen asiatischer Filme nehmen oftmals die Seriosität aus dem Material. Schlimmer noch, sie werden zur Farce, wenn deutsche Synchronstudios immer wieder auffallend ihre Unlust und das Desinteresse meistens an Independent-Filmen geradezu zelebrieren. Bei PENINSULA fallen Sätze und werden Dialoge geführt, die können die Macher gar nicht im Original so geschrieben haben. Nicht nur das viele Äußerungen das Gegenteil von dem ausdrücken, was man sieht oder getan wird. Die fürchterliche Einfältigkeit der meisten eingedeutschten Sätze spannt sich von lächerlich bis grotesk.
Wird PENISNULA in der Originalfassung deswegen besser? Nicht wirklich, auch wenn man damit nichts entschuldigen darf. Für eine Zombiefilm ist er erstaunlich unblutig, was wie WORLD WAR Z bewiesen hat, kein negatives Kriterium sein muss. Aber Yeon Sang-ho hat es stellvertretend dafür, auch nicht geschafft Überraschungsmomente zu inszenieren. Die einzelnen Set-Pieces kündigen sich weitgehend schon im Vorfeld an. Die Umsetzung ist dabei entgegen der Möglichkeiten eher unspektakulär. Einer der Höhepunkte soll die Arena sein, in der Männer gegen die Überzahl der schnellen und unglaublich flexiblen Zombies bestehen müssen. Während dieses durch Schnitt und Musik aufgeputschten Spektakels ist es dem Zuschauer nicht gegönnt, einzelne Personen zu verfolgen, oder ihr Schicksal nachvollziehen zu können.
Die Idee mit dem Drift eines Mini-SUV ganze Horden von Zombies zu zerstören, ist anfänglich überraschend gut. Der Spaß verfliegt allerdings nach der x-ten Wiederholung. Die immer wieder eingearbeiteten Autoverfolgungsjagden bilden auch die Kernstücke des gesamten Handlungsverlaufs. Warum die Macher sich allerdings dazu entschieden haben, die rasenden meist am Computer generierten Autos im Nachhinein noch einmal zusätzlich zu beschleunigen, bleibt ein Rätsel. Jede Einstellung wirkt wie jene schneller vorgeführten Szenen aus den Slapstick-Komödien der 1920er. Statt des erhofften Oho-Effektes, gibt es da nur Kopfschütteln.
Dabei macht die Produktion optisch einen wirklich imposanten Eindruck, mit seinen Straßen säumenden Autowracks, den verfallenen Häusern, die zurück erobernde Natur. Mit seinem verhältnismäßig geringem Budget, und trotz des offensichtlichen Einsatzes des Computers, schafft PENINSULA eine stimmige und überzeugende Atmosphäre. Das Bemühen, diese ausgezeichnete Kulisse aufregend zu nutzen ist jederzeit spürbar, leider aber nicht wirklich gelungen. Da helfen auch die zumindest in den wichtigen Hauptrollen hervorragend besetzten Schauspieler nicht viel. Das Hauptaugenmerk liegt natürlich auf Gang Dong-won als ein wenig zu sensibler Söldner und Lee Jung-hyun als abgehärtete Kämpferin, die fast schon selbstredend einer Beziehung entgegen sehen.
Sie kämpfen nicht nur erfolgreich gegen die wilden Zombie-Horden, sondern leider auch erfolglos gegen Yeon Sang-hos Inszenierung, die kaum Rhythmus und wenig Gespür für die einzelnen Handlungsstränge zeigt. Der Showdown am Hafen ist schließlich krönender Abschluss, der selbst den geneigtesten Zuschauer sehr viel Geduld und noch mehr Nachsicht abverlangt. Und der am Ende gezeigte Einsatz von UN-Truppen führt dann das gesamte Konzept des Films und seine ersonnene Prämisse zu guter Letzt ad absurdum.
Darsteller: Gang Dong-won, Lee Jung-hyun, Lee Re, Kwon Hae-hyo, Kim Min-jae, Koo Kyo-hwan, Kim Do,yoon, Lee Ye-won u.a.
Regie: Yeon Sang-ho
Drehbuch: Yeon Sang-ho, Park Joo-suk
Kamera: Lee Hyung-deok
Bildschnitt: Yang Jinmo
Musik: Mowg
Südkorea / 2020
116 Minuten