PLAYING WITH FIRE
– Bundesstart 27.02.2020
Er ist nicht einfach Jake Carson. Er ist Superintendent Jake Carson. Stolzer Revierleiter der Feuerspringer von Redding/California. Trotz diverser Anspielungen und böser Bemerkungen, wird für den deutschen Markt nicht so ganz klar, wo der Unterschied zum herkömmlichen Feuerwehrmann liegt. Tatsächlich ist der gewaltig, denn die Feuerspringer sind eine Abteilung der Forstbehörde. Sie springen dort ab, wo die Feuerwehr nicht hinkommt, und auch kein Löschen mit Wasser möglich ist. Sie schlagen Schneisen, versuchen eventuelle Feuer umzuleiten, einzudämmen, am besten gleich verhindern. „Ihr seit ja nicht einmal Feuerwehrleute“, hört man des Öfteren im Film. Und das trifft Superintendent Jake Carson besonders hart. Ist doch gerade sein Betriebshof auch sein ganzer Stolz.
Aber seine Härte, die Disziplin, Loyalität und Ehrgefühl, werden auf eine schlimme, unzumutbare Probe gestellt, als drei gerettete Kinder in seinem Depot untergebracht werden müssen. Bisher hat der Kinder- und Jugendkanal Nickelodeon selbst mit seiner Filmabteilung sehr wenig Rücksicht auf ein erwachsenes Publikum genommen. Sicher gab es das ein oder andere Werk welches über die Altersgrenzen hinweg unterhielt, die Jagd nach ausgewogenen Unterhaltungsniveau zwischen Jung und Alt war aber nie Nickelodeons Kerngeschäft. Wenn es Filme nur für Erwachsene gab, warum dann nicht umgekehrt. Und so wird auch CHAOS AUF DER FEUERWACHE nur sehr wenig Freunde bei einem Publikum finden welches über 12 Jahre ist. Vier neurotische Feuerspringer gegen drei unkontrollierbare Kinder. Da ist alles geboten, was Schadenfreude verursacht, aber auch nie im wahren Leben passieren würde.
Es ist ein anarchischer Spaß, der einem erwachsenen Zuschauer die Zornesröte in Gesicht treiben kann. Die Kinder haben ihre helle Freude. Da wird sogar die lodernde Flammenhölle, in der die Kinder zuerst gefangen sind, zu einem Kuriosum von derben Slapstick-Einlagen. Gefahr ist, was man daraus macht. Man könnte es sogar als höchst bedenklich ansehen, wie unbekümmert sich die Inszenierung den Bedrohungen durch gefährliche Ereignisse annähert. Für Kinder ist es ein Heidenspaß, wo begleitende Eltern verwundert den Kopf schütteln werden. So ganz ohne ist das, was als Spaß dargeboten wird, dann doch nicht. Lange hält die fragwürdige Anarchie dann doch nicht an. Ab der zweiten Hälfte kommt die Geschichte in altbekannte und altbackene Feuerschneisen. Wie sich herausstellt, sind die trotzigen Blagen Waisenkinder und die vier harten Kerle der Wache allesamt unbedarfte Junggesellen. Da stimmt man sich in den letzten vierzig Minuten dann schon mal auf das absehbare und unvermeidliche Happy-End ein.
Wrestler-Ikone John Cena muss sich eingestehen, dass seine schauspielerischen Leistungen auf Rollen im hier dargebotenen Klamauk beschränkt sind. Das nimmt das Zielpublikum allerdings gelassen hin, genauso wie die absolut Chemie freie Beziehung seines Charakters zu der nahe ansässigen Biologin in Gestalt von Judy Greer. Wenn überhaupt, hat an dieser Stelle der Film sein erwachsenes Publikum längst verloren. Lediglich Keegan-Michael Key schöpft gekonnt komödiantisch aus dem Vollen. Sein fast schon psychotischer Ja-Sager und Speichellecker des Superintendent, ist im Timing auf den Punkt und ein wirklich origineller und für alle Altersgruppen perfekt inszenierter Charakter.
CHAOS AUF DER FEUERWACHE hat so ziemlich in jedem Punkt von Inszenierung, hin zur Geschichte, über reflektierende Gedanken, humorvolle Dialoge, und moralische Ansprüche, Darstellung, aber auch technische Umsetzung auffälligen Nachholbedarf. Nickelodeon hat wahrlich schon wesentlich bessere, ausgewogenere und anspruchsvollere Filme produziert. Aber wie will man als rationaler und kultivierter Mensch tatsächlich bei einem Film wie diesen argumentieren? Vielleicht wenn man während der Nachmittagsvorstellung einfach mal die Atmosphäre im Saal auf sich wirken lässt. Man kann längst aus ungelenken Albernheiten wie diesen heraus gewachsen sein. Doch sollte man jenen diese Zeit gönnen, die noch früh genug von der Feuerwalze des realen Alltags überrollt werden.
Darsteller: John Cena, Keegan-Michael Key, John Leguizamo, Brianna Hildebrand, Tyler Mane, Christian Convery, Finley Rose Slater, Judy Greer u.a.
Regie: Andy Fickman
Drehbuch: Dan Ewen, Matt Lieberman
Kamera: Dean Semler
Bildschnitt: Elísabet Ronaldsdóttir
Musik: Nathan Wang
Produktionsdesign: Brent Thomas
Kanada – USA / 2019
98 Minuten