SHAZAM! – Bundesstart 04.04.2019
Eigentlich sollte man Verständnis dafür haben, wenn die Rufe immer lauter werden, wann denn mit den Superhelden-Filmen endlich Schluss ist. Verständlich, wenn man gesehen hat, wie sich die Starttermine um den letzten AVENGERS ausgedünnt haben, nur um den eigenen Kassenerfolg nicht zu gefährden. Und da beißt sich die Katze in den Schwanz, oder bedeckt sich der Held mit Kryptonit, oder so ähnlich. Denn der Superheld hat immer Vorrang, an Beliebtheit, mittlerweile auch im Feuilleton, oder bei Einspielergebnissen. Trotz des angeblichen Überdrusses. Und wer nimmt Hawkeye schon den Bogen, wenn er noch immer trifft. Auf Gedeih und Verderb will DC Comics da noch einiges nachholen, geht aber doch immer wieder als Zweiter ins Ziel. An der Kasse, wie beim Publikum. Daran wird SHAZAM! nichts ändern. Dafür hat er vielmehr Unterhaltungswert wie seine Konkurrenten, oder die Hasen aus dem eigenen Stall.
Igitt, ein Jugendfilm. Dann lieber was mit Tiefgang. Kann aber nur derjenige sagen, der nichts riskiert. Endlich kann man den wirklichen Captain Marvel bewundern, was Henry Gaydens Drehbuch gut zu umfliegen versteht. So wie Shazam seinen Namen in eben diesen ändern musste, konnte er sich ohne weiteres etablieren, was Jahrzehnte her ist und selbst eine verschleierte Rivalität nicht gerechtfertigt hätte. Und was die Macher da einem vorsetzen, ist ohnehin weit origineller, als die Durchschnittsware aus dem Blockbuster-Bereich. Der junge, allein gelassene Billy Batson, der bei keiner Pflegefamilie sesshaft wird, trifft auf den mächtigen Zauberer Shazam. Billy soll sein neuer Held werden, um üble Schurken von den körperlich gewordenen sieben Todsünden fern zu halten.
Seine besten Pointen zaubert SHAZAM! natürlich daraus, dass der jugendliche Billy bei seiner Wandlung in den Superhelden, zu einem gestandenen Mann mutiert. Jedenfalls äußerlich. Wer jetzt auf billigen Klamauk und infantilen Humor setzt, hat sich ordentlich geschnitten. Selbstverständlich gibt es Gags, die man erwartet, die absehbar sind, doch diese ergeben sich ganz natürlich aus dem Handlungsverlauf, und werden auch nicht übertrieben. Die Pointe im Supermarkt, wo die Kumpels endlich einmal Bier kaufen möchten, weil der erwachsene Billy ja keinen Altersnachweis vorzeigen muss, ist stellvertretend dafür, wie Humor für alle Altersklassen funktionieren kann. Nutzen die Superhelden-Kollegen anderer Filme lustige Einzeiler um eventuelle Dramen und Tiefschläge zu entschärfen, zeigt sich SHAZAM! gleich als Komödie. Das aber gekonnt, perfekt akzentuiert und oft sogar hintersinnig.
Weit gefehlt, wer denkt, dass es dem Film hiernach an Action und Effekten mangeln könnte. Alles ist gegeben, und das auf hohem Niveau. Die Trickspezialisten haben tadellos gearbeitet, und auch nicht nach Schema F inszeniert. Gaydens Drehbuch verzichtet auf allzu viele Action-Einlagen, was durchaus auch einmal gut tut. Und Regisseur David Sandberg hält alles im richtigen Rhythmus bei seiner Inszenierung. Die Geschichte bestimmt das Tempo, wenn dabei einmal einen Gang zurück geschalten wird, kann man sich darauf verlassen, dass im richtigen Moment wieder Gas gegeben wird. Alles schön im Fluss, also kein andauerndes hin und her, oder rauf und runter. Nach zwei Horrorfilmen eine Visitenkarte für Sandberg, dass er kein Genre scheuen sollte.
Das markanteste Gesicht im Ensemble ist natürlich Mark Strong, der eine eher typische Rolle für einen Bösewicht mimt. Viele Nuancen erwartet man bei ihm vergebens. Dabei ist das Team Zachary Levi und Jack Dylan Grazer, der eine als erwachsener Held und der andere der junge Kumpel, eine angenehme Überraschung. Ihr Spiel ist glaubwürdig und die Harmonie zwischen den Charakteren lässt nichts zu wünschen übrig. Asher Angel als junge Version des Helden, bleibt da ein wenig zurück und kann darstellerisch nur mit Standards aufwarten. Etwas mehr Variation im Spiel hätte seinem Charakter gut getan.
Für einen Mann der Alexandre Ajas MANIAC sensationell in Szene gesetzt hat, zeigt sich Kameramann Maxime Alexandre bei SHAZAM! weniger kreativ. Sehr konventionell ist die Kameraführung, doch bevor sich der Film in Experimenten verliert, war dies wohl nicht ungeschickt. Der Film bewegt sich ohnehin in allen Bereichen auf schmalem Grat. Die weitgehend unbekannten Darsteller, das altersmäßig veränderte Zielpublikum, der Schwerpunkt Humor, und der Druck von Seiten einer scheinbar unschlagbaren Konkurrenz. Diese Konkurrenz mag noch immer unschlagbar scheinen, aber SHAZAM! ist dafür etwas ganz eigenes. Ein Jugendfilm, der gerade deswegen die Erwachsenen anspricht, das mag paradox klingen, ist aber seine Superkraft.
Darsteller: Zachary Levi, Asher Angel, Jack Dylan Grazer, Djimon Hounsou, Mark Strong, Meagan Good u.a.
Regie: David S. Sandberg
Drehbuch: Henry Gayden
Kamera: Maxime Alexandre
Bildschnitt: Michel Aller
Musik: Benjamin Wallfisch
Produktionsdesign: Jennifer Spence
USA / 2019
132 Minuten