HOLMES & WATSON – Bundesstart 07.02.2019
Für einen guten Schreiber geziemt es sich, die zur Besprechung anliegende Sache erst einmal sacken zu lassen. Sofern es die Zeit erlaubt. Ein bisschen reflektieren, ein bisschen analysieren. So hinter manchen, nicht wirklich gelungenen künstlerischen Ergüssen, könnte sich doch hier und da ein feingeistiger Schliff verbergen. Aber die nachgestellte Töpfer-Szene aus GHOST – NACHRICHT VON SAM gehört da sicher nicht hinzu. Für einen guten Schreiber geziemt es sich, irgendwo in dem zur Kritik stehenden Objekt, etwas heraus zu kitzeln, das doch einen positiven Eindruck hinterlassen könnte. Aber dann gibt es auch jene Machwerke, wo man eine Auseinandersetzung nach dem sogenannten Genuss des Machwerkes, ganz schnell hinter sich bringen möchte.
In den letzten Jahren gab es eine wahre Schwemme an filmischen Umsetzungen um den Charakter Sherlock Holmes, und seinem treuen Freund und Chronisten Doktor John Watson. Unter anderem selbstredend bei Guy Ritchies Kinofilmen angefangen, oder BBCs Sherlock mit Benedict Cumberbatch, und auch die amerikanische Fernsehserie ELEMENTARY, die in New York angesiedelt ist, und einen weiblichen Watson aufführt. Da fragt der geneigt Fan des Detektiven, wozu eine derbe Komödie in dieser Reihe noch gut sein soll. Zumindest Robert Downey Jr. und Cumberbatch haben schon soviel feinsinnigen Humor in ihre Rollen eingebracht, dass man sie zu gleichen Teilen in ihrer Arroganz unsympathisch findet, aber auch immer wieder ihrer genialen Darstellung wegen, einfach einmal drücken möchte.
Nach Jahren in der Produktionshölle, hat sich letztendlich Regisseur und Autor Etan Cohen an das Projekt heran gewagt. Will Ferrell als Holmes war von Anfang an für diese Rolle angedacht, John C. Reilly als Watson kam erst später dazu. Vielversprechend, hatten Ferrell und Reilly schon einige Male zusammen gearbeitet. Was 2008 begann, wollte Regisseur Cohen 2016 endlich umsetzen. Man sollte dazu anmerken, dass Cohen der Mann war, welcher die genialen Drehbücher zu TROPIC THUNDER und MEN IN BLACK 3 verfasste. Aber er machte nichts aus HOLMES & WATSON, außer dünne Kalauer und kaum in sich greifende Sequenzen. Man kann durchaus positiv hervorheben, dass man den beiden Hauptprotagonisten ihre Freude am herumalbern spürt.
Die Geschichte, wenn man diese so bezeichnen darf, ist schnell erzählt. Und das sind bestimmt keine Spoiler. Holmes und Watson werden zur Königin in den Palast gerufen, um den Mann dingfest zu machen, der die königliche Hoheit in drei Tagen ermorden will. Wer mag wohl dieser Bösewicht sein, und wie sieht er eigentlich aus? Tatsächlich ist der Film eine Aneinanderreihung mehr oder weniger gelungener Witze, Situationskomik und nicht immer geschmackvollen Albernheiten. Fehlen dürfen dabei natürlich nicht die popkulturellen Anspielungen, die sich meist außerhalb der Zeit bewegen, wo Holmes eigentlich zuhause war. Und dieser Sherlock, sieht sich auch einmal bei seinem Guy Ritchie Vorgänger um. Aber sei es drum, solange es gut gemacht ist. Leider wirkt so etwas hier eher erzwungen, anstatt mit Freude, Enthusiasmus und mehr Engagement umgesetzt zu sein.
Man kann HOLMES & WATSON einen gewissen Unterhaltungswert nicht absprechen. Aber am Ende ist dann doch alles ein wenig zu blass, zu uninspiriert und meist nur des vermeintlichen Witzes wegen inszeniert. Alle Romane und Kurzgeschichten von Arthur Conan Doyle sind Rechtefrei. Und eine wirklich große Fangemeinde schreibt und veröffentlicht ihre eigenen Storys, und zwar genau mit dem rätselhaften Charme des berühmtesten Detektiven der Welt. Warum also, gibt es keinen wirklichen Fall in HOLMES & WATSON? Etwas, das einen wirklichen Aha-Effekt am Ende auslöst. Es hat doch bei JOHNNY ENGLISH auch funktioniert. Für Etan Cohen waren Will Ferrell und John C. Reilly ausreichend genug. Für den Zuschauer bleibt es aber viel zu wenig. Und Größen wie Ralph Fiennes, Steve Coogan oder Hugh Laurie vegetieren an Unterforderung dahin.
Darsteller: John C. Reilly, Will Ferrell, Ralph Fiennes, Rebecca Hall, Lauren Lapkus, Steve Coogan, Hugh Laurie u.a.
Regie: Etan Cohen
Drehbuch: Etan Cohen, nach Sir Arthur Conan Doyle
Kamera: Oliver Wood
Bildschnitt: Eric Jessen, Dean Zimmerman
Musik: Mark Mothersbaugh
Produktionsdesign: James Hambidge
USA / 2018
90 Minuten