FFF ’19: HOTEL MUMBAI

Hotel Mumbai a, Copyright UNIVERSUM FILMFFF19, Copyright ROSEBUD ENTERTAINMENTHOTEL MUMBAI
– keine Kinoauswertung
–  25. Oktober 2019 auf DVD

Am 26. November 2008 landen zehn pakistanische Terroristen mit einem Schlauchboot am Strand von Mumbai an. Ihre koordinierten Attacken betreffen zwölf neuralgische Orte, für ein angedachtes Höchstmaß an menschlichen Opfern. Was der Film in seiner Rekonstruktion der Ereignisse nicht thematisiert, dass die zehn Angreifer mit ihrem Schlauchboot sehr wohl aufgefallen waren. Doch niemand bekundete seinerzeit ein tiefer gehendes Interesse daran, und erst recht vermutete niemand eine mögliche Gefahr. Erst vier Tage später fand der daraus hervor gegangene Terror ein Ende, mit 174 Toten und über 300 Verletzten. Das letzte Ziel war das Taj Hotel. Eine Prunk-Residenz, hauptsächlich für sehr betuchte westliche Gäste.

Der Australier Anthony Maras wirft mit HOTEL MUMBAI ein Filmdebut auf die Leinwand, das von hoher Schule zeugt. Die Einführung von handlungsrelevanten Figuren ist zügig, aber nicht überhastet, und definiert sofort ihren Charakter. Lange Expositionen werden vermieden, was augenblicklich in die Situation führt. Die Angriffe sind brutal, fast unerträglich, in der Inszenierung verzichtet man aber immer wieder auf mögliche, ausufernde Blutexzesse. Es gibt keine überzogene Heldentaten, was immer entsprechende Personen tun, machen sie in erster Linie um selbst am Leben zu bleiben. Immer wieder werden mit eingestreuten Nahaufnahmen von Körper durchschlagenden Kugeln und den Schreien und Flehen von hilflosen Opfern, die Brutalität der Massaker verdeutlicht. Doch die wirklich tief gehende, kaum vorher vorstellbare Grausamkeit geht von den Attentätern aus. Maras zeigt sie als regungslose Werkzeuge einer missinterpretierten Religion, die kaltblütig, ohne Scheu, und ohne zu zögern auf jeden in Schussweite feuern. Eine Steigerung erfährt der Film, schließlich auch der Zuschauer, wenn die Terroristen beginnen systematisch das Hotel zu durchsuchen und jeden auffindbaren Gast oder Angestellten töten.

Doch HOTEL MUMBAI bleibt einfach ein zweischneidiges Schwert, wenn man das in diesem Zusammenhang so sagen darf. Er wirft den Zuschauer unvermittelt hinein in Angst, Panik, und Hoffnungslosigkeit. Der Terror wird spürbar, die unreflektierte Rationalität der Täter lässt einen verzweifeln. Die Kamera ist dem Schicksal der Opfern immer einen winzigen Schritt voraus. Das macht nicht einfach nur betroffen, sondern hilflos und verzweifelt. Doch auf der anderen Seite muss sich Anthony Maras den Vorwurf gefallen lassen, den Blick sehr voyeuristisch auf die wirklichen Ereignisse zu werfen. Ein Film mit dieser Thematik funktioniert natürlich am besten vor einem realen Hintergrund. Doch die Wirkung geht eindeutig zu Lasten der Opfer, weil Maras den Schrecken zweifelsfrei unkommentiert um des blutigen Effektes willen nutzt. Wirkungsvoll, aber mit der Verpflichtung zur Auseinandersetzung.

Hotel Mumbai b, Copyright UNIVERSUM FILM

Darsteller: Dev Patel, Armie Hammer, Nazanin Boniadi, Jason Isaacs, Anupam Kher, Tilda Cobham-Hervey, Alex Pinder u.a.
Regie: Anthony Maras
Drehbuch: John Collee, Anthony Maras
Kamera: Nick Remy Matthews
Bildschnitt: Peter McNulty, Anthony Maras
Musik: Volker Bertelmann
Produktionsdesign: Steven Jones-Evans
Indien – Australien – USA / 2018
123 Minuten

Bildrechte: UNIVERSUM FILM
Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, Im Kino gesehen abgelegt und mit , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar