BRIGHTBURN – Bundesstart 24.05.2019
Es ist eine kleine Stadt, wo Dinge untereinander bleiben, egal wen es betrifft, egal um was es sich handelt. Hier in Brightburn regelt man Sachen im eigenen kleinen Kosmos. Auch wenn das kinderlose Farmer-Paar Breyer plötzlich mit einem Baby aufwartet, mit dem eigentlich nicht zu rechnen war. Sprichwörtlich vom Himmel ist er gefallen, der kleine Brandon, entwickelt sich prächtig, und ist selbstverständlicher Bestandteil der nun komplettierten Familie. Torie und Kyle lassen keinen Zweifel daran, dass Brandon der gemeinsame Sohn ist, und immer ihr Sohn bleiben wird. Aber das ist nicht das Ehepaar Kent aus Smallville. Und so können sich gewisse Dinge auch etwas anders entwickeln.
Auch wenn der Film selbst es erst später thematisiert, ist für den Zuschauer schon vorher ziemlich eindeutig, woher es das Baby nach Brightburn verschlagen hat. Aber die Gunn-Cousins lassen es dennoch ruhiger angehen, ziehen mit ein paar wenigen Schreckensmomenten vorsichtig die Spannungsschraube an. Regisseur David Yarvesky folgt diesem Weg akribisch. Es ist ganz offensichtlich, dass die Drei dem modernen Horrorfilm nachgehen wollten. Atmosphäre ist dafür ein zielsicherer Garant, und Atmosphäre schaffen sie auch. Auch wenn sich das geneigte Publikum des weiteren Verlaufes schon sicher ist, entblättern die Macher nur nach und nach, das Brandon nicht gekommen ist, um nachhause zu telefonieren.
Wenn man Anfangs noch die Parallelen etwas misstrauisch wahrnimmt, erkennt man schließlich um so schneller, dass diese beabsichtigt sein müssen. Die Gunns verfassten ein Drehbuch, das zwei im Augenblick sehr beliebte Genres miteinander verflechtet. Es ist der Blut durchtränkte Horrorfilm und die Grundlage eines Superhelden-Films, speziell des rot-blau gewandeten Überfliegers. Das hört sich nicht nur gut an, sondern ist tatsächlich eine wunderbare Idee. Zumindest auf dem Papier. Denn wie auch immer die Absicht war, jedes Genre für sich umzusetzen, und beide dann zusammen zu bringen, so richtig will es als einheitliche Geschichte nicht funktionieren.
In weiten Teilen scheitert BRIGHTBURN am Szenario des Horrorfilms. Frei nach dem Motto, vor dem Bösen niemals die Treppe hinauf zu flüchten, also flüchten wir die Treppe nach oben. Das wurde in ähnlich gelagerten Filmen schon zur Zielscheibe von Spott und Häme. Man könnte aber Drehbuch wie Inszenierung auch sehr gut unterstellen, dies mit Absicht so gestaltet zu haben. Dann hätten sie ihre Hausaufgaben aber nicht wirklich gut gemacht. Jedem noch so perfiden Unglücksfall geht eine Verkettung von sehr unwahrscheinlichen Zufällen voran. Die Bedienung, die Tante, und vor allem der Sheriff. Es geht nie darum, originell an das Ziel zu kommen, sondern die Siegerehrung originell abzuhalten. Da kann eine Leuchtstoffröhre fast gemeiner sein, als eine durchschlagene Autoscheibe.
Hier beweist sich der Horrorfilm wieder als das ultimative Genre für kollektives Kinovergnügen. Ob Brandons Kommentare mit verstohlenem Lachen quittiert, oder die misslichen Unfälle mit unterdrücktem Aufschrei wahrgenommen werden. Da funktioniert BRIGHTBURN ohne weiteres, lässt sogar massive Logiklöcher und die eigentlich zweite Erzählebene hinter sich. Doch es ist alles noch da, wenngleich es für einen Moment außer Acht gelassen werden konnte. Dabei hat die Prämisse im Gesamten so vielversprechendes. Umso ärgerlicher sind die offensichtlichen Versäumnisse. Mit diesem Ensemble hätte man grundsätzlich nichts falsch machen können. Besonders die herausragende Elizabeth Banks nimmt mit ihrem ausgeprägten Mutterinstinkt das Publikum für sich ein. Jackson Dunn beeindruckt mit seinen zwei Persönlichkeiten, die er meisterlich individuell verkörpert. Ob Segen oder Fluch, seine Gesichtszüge ähneln stark denen von SAWs Tobin Bell.
Die letzten Szenen des Films offenbaren letztendlich, was ein Erfolg von BRIGHTBURN nach sich ziehen würde. Die Familie Gunn, Bruder und Cousin James war zumindest Produzent, hat einige Ideen kundgetan. Nur eine davon wäre, das Universum von James‘ Film SUPER in einer Weiterführung der Geschichte zu integrieren. Plötzlich wird BRIGHTBURN dann gar nicht mehr so schlecht, denn die Neugierde ist geweckt. Grundsätzlich hat der Film ja auch so seine durchaus unterhaltsamen Momente, die einen bei Laune halten. Und Brandon Breyer hat bei Vor- und Zunamen nicht umsonst die selben Anfangsbuchstaben, wie andere Charaktere aus anderen Geschichten. Wenn sie nur nicht immer die Treppe hinauf flüchten würden, anstatt gleich zur Tür hinaus zu gehen. Auch wenn andere Filme immer wieder damit durchkommen, ist es hier umso ärgerlicher. Denn dieses Team wäre in ihrer geballten Kreativität durchaus in der Lage, wesentlich geschickter mit den Klischees zu spielen.
Darsteller: Elizabeth Banks, Jackson A. Dunn, David Denman, Jennifer Holland, Matt Jones u.a.
Regie: David Yarvesky
Drehbuch: Brian Gunn, Mark Gunn
Kamera: Michael Dallatorre
Bildschnitt: Andrew S. Eisen, Peter Gvozdas
Musik: Tim Williams
Produktionsdesign: Patrick M. Sullivan Jr.
USA / 2019
90 Minuten