BLINDED BY THE LIGHT

Blinded by the Light a, Copyright WARNER BROS.BLINDED BY THE LIGHT
– Bundesstart 22.09.2019

Wegen politischer Umbrüche, mussten Javeds Eltern Pakistan verlassen. Er selbst ist in England geboren, und fühlt sich auch als Engländer. Da aber Vater Malik an den ursprünglichen Traditionen festhält, ist Javed hin- und hergerissen zwischen zwei Welten. Er ist sechzehn, es ist 1987, Thatcher ist noch immer im Amt, die Arbeitslosigkeit greift um sich wie ein Lauffeuer, und der kalte Krieg beginnt zu bröckeln. Wo findet da also ein Teenager aus der Arbeiterklasse seinen Platz, oder überhaupt eine Perspektive. Die Kenianerin Gurinder Chadha zeigt dies, wie sie es auch am besten kann. Sie erzählt leicht und ohne aufdringlichen Fingerzeig, sie erzählt aus Jarveds Sicht. Noch unverdorben, alles auf das Notwendigste herunter gebrochen, jugendliche Naivität. Selbst der eskalierende Rassismus bewegt diese junge Lebensblase nicht, sondern ist ein Zustand mit dem man sich schon immer engagiert hat.


I’ve done my best to live the right way
I get up every morning and go to work each day
But your eyes go blind and your blood runs cold
Sometimes I feel so weak I just want to explode
Explode and tear this whole town apart
Take a knife and cut this pain from my heart
Promised Land – Bruce Springsteen

Wie bei so manchen jungen Menschen, wird Jarveds Leben viel klarer und bestimmter durch Einflüsse von außen. Als er das erste mal einen Song von Bruce Springsteen hört, findet Jarved in dessen Texte jemanden, der ihn wirklich versteht. Der zu ihm zu sprechen scheint. Dieses Erlebnis ist so hinreißend inszeniert, wie der junge Mann durch den tobenden Sturm zu tanzen scheint, die jeweiligen Textzeilen in das Bild integriert, Springsteens Musik dominierend, aber überhaupt nicht aufdringlich. Danach könnte schon Schluss sein, der Abspann laufen. Der Zuschauer hat verstanden, Jarveds Zukunft ist ungewiss, aber er hat sich selbst gefunden und wird seinen Weg gehen. Aber da stehen noch 90 Minuten Film aus, die gesehen werden möchten.

Es werden noch zwei Semi-Musical Nummern folgen, die eher kraftlos inszeniert sind, und Originalität vermissen lassen. Die Absicht ist klar, dass Chadha diese Gesangseinlagen in ihrer etwas ungelenken Art auf das Milieu der Arbeiterklasse ausrichten wollte. Aber es funktioniert nicht und steht letztendlich auch entgegen der Aussage, das der gesellschaftliche Status keinen Einfluss auf das haben muss, was man wirklich erreichen will. Genau in diesen Momenten wird die Musik von Springsteen überstrapaziert, wie bei einem Kind, das in die Ritterburg unbedingt seine Batman-Figur stellen muss.

Blindet by Light b, Copyright WARNER BROS.Jarveds Geschichte ist am Ende eine Geschichte die schon sehr oft erzählt worden ist. Mit all den einhergehenden Klischees von Konfrontation, Missverständnissen, Besinnung und Aussöhnung. Auch hier verweigert sich die Geschichte, von Paul Mayeda Berges und Gurinder Chafha geschrieben, jeder Originalität im Handlungsverlauf. Sarfraz Manzoor, der nach eigenem Vorbild die Figur von Jarved schuf, hat Springsteen über 150 mal Live in Concert erlebt, und ihn auch persönlich getroffen. Das er selbst nicht mehr aus seiner Geschichte heraus holen konnte, als nur Versatzstücke des Feel-Good-Movies, verwundert dabei sehr. Einen sehr großen Einfluss auf Jarveds Lebensweg hat seine Lehrerin Ms. Clay, doch eigenartigerweise wird sie mit keinem Songtext in Zusammenhang gebracht.

Wenngleich die Darsteller allesamt ihre Rollen perfekt ausfüllen, selbstredend Viveik Kalra an erster Stelle, sind ihre Charaktere immer sehr sprunghaft. Die Figuren scheinen sich immer nach der Handlung auszurichten, anstatt die Handlung den Protagonisten folgt. Und so ist es auch mit Springsteens Musik, die nie eine wirkliche Konsequenz hervor ruft, sondern lediglich immer und immer wieder den Ist-Zustand in der Geschichte kommentiert.

Well now, I ain’t no hero, that’s understood
All the redemption I can offer, girl, is beneath this dirty hood
With a chance to make it good somehow
Hey, what else can we do now?
Except roll down the window and let the wind blow back your hair
Well, the night’s busting open, these two lanes will take us anywhere
Thunder Road – Bruce Springsteen

Mit seinem Zeitkolorit bereitet BLINDED BY THE LIGHT wirklich Freude. Die Mode, die Frisuren, aber auch das Kleinbürgertum, ist alles hervorragend getroffen. Einige Gassenhauer außerhalb des Springsteen Einflusses runden die Atmosphäre noch positiv ab. Gurinder Chafha hat einen Film gemacht, der immer dann am besten funktioniert, wenn er sich immer wieder einmal von seiner zwanghaften Grundformel löst.

Blindet by Light c, Copyright WARNER BROS.

Darsteller: Viveik Kalra, Hayley Atwell, Rob Brydon, Kulvinder Ghir, Nell Williams, Meer Ganatra, Dean-Charles Chapman u.a.
Regie: Gurinder Chadha
Drehbuch: Paul Mayeda Berges, Gurinder Chadha, Sarfraz Manzoor, Bruce Springsteen
Kamera: Ben Smithard
Bildschnitt: Justin Krish
Musik: A.R. Rahman
Produktionsdesign: Nick Ellis
Großbritannien – USA / 2019
118 Minuten

Bildrechte: WARNER BROS.
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