A RAINY DAY IN NEW YORK

A Rainy Day 1, Copyright FILMWELT VerleihagenturA RAINY DAY IN NEW YORK
– Bundesstart 05.12.2019

In den vergangenen fünfzig Jahren gab es nur fünf Jahre, in dem kein Film von Woody Allen in die Kinos kam. Selbst wenn er in bestimmten Jahren einen Fernsehfilm, oder ein Segment für eine Anthologie inszenierte, gab es dennoch einen Allen im Kino. Streng genommen müsste 2018 zu den Ausfalljahren zählen. Allerdings war A RAINY DAY IN NEW YORK bereits in seinem Bestimmungszeitraum fertiggestellt und für die Premiere in den Startlöchern. Nur das Amazon Studio als Geldgeber und Verleiher musste einen Rückzieher machen, weil der Film zu dieser Zeit und auch danach nicht vermarktbar war, und die Rechte fielen an Woody Allen zurück. Lediglich in Europa ließen sich kleine Verleiher auf das Wagnis ein. In dem Großraum, aus dem diese Besprechung entspringt, gibt es zehn Kinos mit 48 Leinwänden, wo nur auf zwei davon A RAINY DAY IN NEW YORK läuft. In gerade einmal zusammen drei Vorstellungen.

Es ist noch gar nicht solange her, da war ein Film von Woody Allen die Sonne unter all den Kometenschauern in den Arthouse-Kinos. Aber wie es schon anderen Kollegen im Geschäft ergangen ist, reagiert die Industrie mittlerweile sehr schnell und aggressiv auf Anschuldigungen aus der #MeToo Bewegung. Woody Allen zieht seine bekannten Vorwürfe bereits seit 25 Jahren hinter sich her, was also nur eine Frage der Zeit war, dass man nicht mehr gewillt war, den Künstler vom Menschen zu trennen. Umso erstaunlicher, dass Allen in seinem jüngsten Werk gerade diese Thematik extrem unbekümmert und auffallend unkommentiert einfließen lässt. Das wird dadurch noch verschlimmert, dass von all seinen Komödien in den letzten Jahren A RAINY DAY IN NEW YORK der wirklich unkomischste Film ist.

Ein schwarzer Hintergrund, die weißen Buchstaben vom Schrifttyp Windsor und Jazz-Schlager aus den 30er/40er Jahren. Willkommen in der Welt von Woody Allen. Dieses Jahr ist die Handlung wieder im Heute angesiedelt, und beginnt selbstverständlich mit einem Erzähler. Hier ist es der junge, jetzt schon vom Leben überforderte Gatsby Welles. Als Studienaufgabe will seine Freundin Ashleigh Enright den ausgelaugten Kultregisseur Roland Pollard in New York interviewen, was Gatsby als perfekte Gelegenheit sieht, der Dame seines Herzen sein Manhatten zu zeigen. Nur das sich durch eine Verkettung unglücklicher Umstände ihre Wege trennen, und jeder für sich ganz neue Erfahrungen fürs Leben macht.

A Rainy Day 2, Copyright FILMWELT VerleihagenturNatürlich hat Allen auch hier wieder sein Alter Ego mit auf die Leinwand gebracht. Wie schon des Öfteren, auch in diesem Film gleich zweimal. Der zappelnde, ununterbrochen nervös daher redende, fast cholerische Geist. Einmal in der Figur von Elle Fanning als Ashleigh, welche die selbstbewusste, die Welt umarmende Seite verkörpert, und dann der gebrochene, in Selbstmitleid ergehende Jude Law als Pollards Drehbuchautor Ted Davidoff. Von Woody Allen anfangs immer selbst verkörpert, konnte der Spleen von scheinbar endlosen Wort-Tiraden die besten Pointen und Einzeiler auf die Leinwand werfen. In diesem Film scheitert dieses Markenzeichen am fehlenden Witz und einer ermüdenden Übersättigung.

Die nächsten vier Zeilen, Spoiler voraus: So widersprüchlich sich es anhören mag, ist einer der besten und originellsten Gags gerade eine Szene mit Law und Fanning. Als er mit seiner Frau einen Streit wegen ihres ehelichen Fehltrittes hat, und Fanning immer wieder frohgelaunt versucht dazwischen zu gehen, um ihre Volljährigkeit zu beteuern. Das hat soviel absurdes Potential, dass es fast schon zum richtigen Schenkelklopfer werden könnte. Stünden da nicht gleich Promiskuität und Sex mit Minderjährigen in geballter Ladung zur Debatte. Man sollte tatsächlich nicht alles von der Leinwand auf das persönliche Leben einer Person herunter brechen, doch gerade in diesem Film scheint es so offensichtlich beabsichtigt und fast schon provokant, dass der äußerst bittere Beigeschmack nicht ausbleiben kann.

Auch technisch ist A RAINY DAY IN NEW YORK nicht sehr ausgereift. Einige Schnittfolgen fehlt ein homogener Fluss. Man gewinnt immer wieder einmal den Eindruck, als wären wechselnde Szenen erst im Nachhinein willkürlich miteinander verschränkt worden. Auch Vittorio Storaros Bildregie lässt die Intensität und strukturierte Atmosphäre vermissen, welche er noch in Allens Vorgänger WONDER WHEEL traumhaft überspitzt auf die Leinwand brachte. Wenn dazu die Darsteller allesamt eher bemüht wirken, anstatt glaubhaft in ihren Rollen verwurzelt, muss sich ein Film einfach schwer tun, eine wohlwollende Akzeptanz beim Publikum zu finden. Und das bezieht sich zuerst einmal auf die allgemeine künstlerische Inszenierung und Umsetzung. Selbst Allens Dramen und Krimis hatten teilweise sinnigeren Humor und originellere Untertöne. Aber der über allem hängende schwarze Schatten, wird es dem Filmautoren sehr schwer machen, noch einmal zu gewohnter Form aufzulaufen.

Während Darsteller die Reaktionen auf die vorgebrachten Anschuldigungen kritisierten, andere die Handhabung  mit dem Film als solchen verurteilten, haben die meisten Darsteller ihre kompletten Gagen an besondere gemeinnützige Organisationen gespendet.

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Darsteller: Timothée Chalamet, Elle Fanning, Liev Schreiber, Selena Gomez, Suzanne Smith, Jude Law, Rebecca Hall, Diego Luna u.a.
Drehbuch & Regie: Woody Allen
Kamera: Vittorio Storaro
Bildschnitt: Alisa Lepselter
Produktionsdesign: Santo Loquasto
USA / 2019
92 Minuten

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