ROCK THE KASBAH – Bundesstart 24.03.2016
Barry Levinson war nie der Regisseur, der reine Komödien auf die Leinwand brachte. Es sind immer Dramen, auf einer Art die etwas lustiges haben, oder sich als menschliche Dramen aus anderen Genres heraus generieren. Wie bei dem Science Fiction Thriller SHPERE, oder der Polit-Farce MAN OF THE YEAR. Levinsons Meisterstück war sicherlich RAIN MAN. Aber selbst mit THE BAY konnte er dem ausgelutschten Sub-Genre des Found-Footage-Thrillers neue Aspekte abgewinnen. Er ist ein Regisseur, der mit Erwartungen und Atmosphäre spielen kann, was immer wieder dem Zuschauer entgegen kam. Mit ROCK THE KASBAH verhält es sich nicht anders. Ein Film mit Bill Murray muss einfach komisch sein, und genau dagegen geht Barry Levinson an. Aber trotzdem mit einem schelmischen Grinsen.
Richie Lanze ist Musik-Manager. Er hat Madonna entdeckt, und ist mit jeder bekannten Band auf Tour gewesen. Seine Karriere ist etwas ins straucheln geraden, aber mit seiner Sekretärin wird sich alles ändern. Denn Ronnie hat Stimme, Potential, und das Aussehen. Und eine Tour durch diverse amerikanische Militär-Camps in Afghanistan könnte einen neuen Stern am Himmel befeuern. Aber in dem noch immer ausnahmslos unbefriedeten Land wendet sich alles gegen den unermüdlichen Optimisten Richie Lanz. Und dennoch findet er im größten Chaos seines Lebens, seine Bestimmung, die im Grunde eigentlich keine reale Chance haben dürfte.
ROCK THE KASBAH ist ein Song der Band The Clash, und wurde inspiriert durch das Verbot von westlicher Musik im Iran. Sehr behutsam geht die von Mitch Glazer geschriebene Geschichte mit einem in dieser Richtung ausgelegten Thema um. Auch wenn die Inszenierung den Film zuerst wie ein durch und durch auf Bill Murray zugeschnittenes Vehikel präsentiert. Was man natürlich auch nicht abstreiten kann, KASBAH ist ein Film, der von Murray getragen und dominiert wird. Das wird besonders in der ‚Smoke on the Water‘ Sequenz deutlich, die vollkommen gegen den ansonsten ehrlichen Ton des Films schlägt. Murray ist nicht nur der Star, sonder er ist der Film. Grundsätzlich ist dagegen nichts einzuwenden, doch als Regisseur, oder Drehbuchautor muss man hier die Grenzen zu ziehen wissen. Wie es Jim Jarmusch mit Murray in BROKEN FLOWERS gelungen ist.
Bill Murray hat das außerordentliche Talent, lustigen Szenen eine nachdenkliche Stimmung zu verleihen, und traurigen Sequenzen immer wieder Humor abzugewinnen. Das ist die ganz große Stärke von ROCK THE KASBAH. Hier geht es um die kulturellen Unterschiede zwischen westlicher Mentalität und arabischer Lebenstradition, weiblicher Selbstbestimmung und männlicher Arroganz. Vermittelt die Geschichte immer wieder dieses Gefühl von Feel-Good-Movie, wird man gleichzeitig immer wieder daran erinnert, dass alles möglich sein kann. Daraus ergibt sich ein wunderbarer Spannungsbogen, der sich gerade in der zweiten Hälfte in der Erzählstruktur als äußerst effektiv erweist.
Allerdings ist es zu dieser zweiten Hälfte ein steiniger Weg. Erst hier wird für den Zuschauer klar, worum es den Machern eigentlich geht. Nicht das die ersten 50 Minuten keinen Unterhaltungswert hätten, ganz im Gegenteil, sie drehen sich in erster Linie um Bill Murray, und Hand aufs Herz, wegen ihm sieht man sich einen unabhängig produzierten Film wie diesen erst an. Aber diese erste Hälfte nutzt der Barry Levinson auch, um den Zuschauer mit einem absolut realistischen Szenario an den eigentlichen Grundgedanken der Geschichte heran zu führen. Nichts wird überstürzt, nichts wird übertrieben, und es darf keinesfalls dem ach so günstigen Zufall überlassen werden. Wenn dem Musikproduzenten Richie Lanz seine Zukunft förmlich in den Kofferraum gelegt wird, dann ist das echt, nachvollziehbar und ehrlich. Und diese Zukunft bleibt absolut ungewiss.
ROCK THE KASBAH ist eine Komödie mit zu wenig Witz, und ein Drama mit zu wenig Tragödie. Dennoch ist er durchweg unterhaltsam. Barry Levinson will seinem Film nie mehr angedeihen lassen, als er halten könnte. Zuweilen provoziert er regelrecht die Assoziationen, dass die Geschichte ein böses Ende nehmen muss. Aber das zu Recht, denn bei ROCK THE KASBAH ist alles, zu jeder Zeit möglich.
Darsteller: Bill Murray, Leem Lubany, Bruce Willis, Zooey Deschanel, Arian Moayed, Kate Hudson, Danny McBride, Scott Caan u.a.
Regie: Barry Levinson
Drehbuch: Mitch Glazer
Kamera: Sean Bobbitt
Bildschnitt: Aaron Yates
Musik: Marcele Zarvos
Produktionsdesign: Niels Sejer
USA / 2015
106 Minuten