POINT BREAK – Bundesstart 21.01.2016
Ericson Core ist keine Unbekannter im Action-Genre. Als Verantwortlicher für die Bildgestaltung, hierzulande gerne Kameramann genannt, fiel er besonders mit dem ersten FAST AND FURIOS auf, war bei DAREDEVIL dabei, was den Film allerdings nicht rettete, oder war selbst an der Kamera bei seinem Spielfilm-Regiedebüt UNVERWUNDBAR verantwortlich. Das er sich aber bei seinem erst zweiten Kinofilm an das Remake eines unter Hand als Klassiker gehandelten Filmes wagen würde, zeugt von großem Selbstvertrauen. GEFÄHRLICHE BRANDUNG war ein Film, der sich in erster Linie auf seine damals noch Jungstars Keanu Reeves und Patrick Swayze stützte. Aber Regisseurin Kathryn Bigelow konnte beweisen, dass man einen eigentlich lapidaren Stoff dennoch extrem spannend inszenieren kann. Wenngleich Bigelow filmische Klischees nicht vermeiden konnte, machten das wenige, dafür sehr spektakuläre Action-Sequenzen wieder wett.
Nach einem dramatischen Zwischenfall, zieht sich der Extremsportler Johnny Utah aus seiner Profession zurück. Er holt seinen Schulabschluss nach, und geht zum FBI. Utah kann dort eine Verbindung zwischen diversen, sehr spektakulären Bank- und Raubüberfällen herstellen. Mit einem sehr unguten Gefühl schickt ihn sein Chef ins Feld, weil Utah noch keinen Agentenstatus hat. Aber die Hinweise führen in die Szene der Extremsportler. In Frankreich macht er bei seinen Ermittlungen die Bekanntschaft von Bodhi und seinen vier Freunden. Fasziniert von Bodhis einnehmenden Charisma, vergisst Utah schnell seine eigentliche Aufgabe, und folgt der immer noch misstrauischen Gruppe auf einen spirituellen Pfad. Dieser Pfad fordert acht Aufgaben zu bestehen, die dem Leben wie dem Tod trotzen sollen.
Bevor die Debatten wieder beginnen könnten, rechtfertig sich die Produktion schon selbst. Denn niemand geringeres als Peter Iliff und Rick King haben die Geschichte für die Neuverfilmung entworfen, die Erfinder und Drehbuchschreiber für Kathryn Bigelows Version von 1991. Sie haben ihre Geschichte exzellent in die heutige Zeit übertragen, unterstützt von Kurz Wimmer, der schließlich das Drehbuch verfasste. Das ist durchaus eine Rechtfertigung, weil Ericson Core mit diesem Drehbuch auch einen vollkommen anderen Film inszeniert hat, der sich an einigen Eckpunkten der Vorlage entlang hangelt. Das Surfen, der wesentliche Bestandteil der Handlung von GEFÄHRLICHE BRANDUNG, wird hier zur Klammer, in welcher der Film eingebettet ist. Darin befinden sich aberwitzige Szenen mit Motocross Rädern, Freeclimbing, Basejump Suits, Fallschirmen, und Snowboards. Oder spektakuläre Sprengungen und Schießereien. Eines der Feuergefechte weckt starke Erinnerungen an Michael Manns HEAT, und hätte sich mit dieser messen können, wenn Ericson Core seine Kamera mit mehr Abstand zum Geschehen gehalten hätte.
Zusammengehalten werden die rasanten Action-Sequenzen von einer pseudo-psychedelischen Philosophie, welche die Mächte der Natur ehren sollen. Diese zwingt Utah, sich mit seinen verbrecherischen Freunden auf immer waghalsigere Aufgaben einzulassen, um seine Tarnung nicht auffliegen zu lassen. Selbst wenn einer, der den Pfad der acht Aufgaben folgt, sterben sollte, hat die Aufgabe bestanden. Manchmal überstrapaziert die Inszenierung die Auseinandersetzung mit dieser sehr speziellen Philosophie, doch meistens dann, wenn wieder eine der spektakulären Action-Sequenzen bevorsteht, und dann nimmt man das gerne in Kauf. Keanu Reeves und Patrick Swayze waren damals angesagte Jungdarsteller. Edgar Ramirez und Luke Bracey könnten sich mit diesem Film einen vergleichbaren Status erspielt haben. Sie sind charismatisch, und überzeugen in ihren Rollen. Beide haben das gewisse Etwas, welches nicht viel Schauspieltalent verlangt um dennoch mit dem Zuschauer zu korrespondieren. Allerdings haben sie durchaus das Talent, schauspielerisch zu überzeugen.
POINT BREAK ist bestes Adrenalin-Kino, welches aus seinen Sequenzen heraus holt, was es auszuschöpfen gibt. Fast selbstredend ist die Dynamik, sowie die vermeintliche Gefährlichkeit der Stunts, einem cleveren Schnittkonzept der Cutter Duffy, Greenberg und Noble geschuldet. Aber nicht vorwiegend. Die Produktion hatte die besten Extremsportler in den jeweiligen Sportarten angeheuert, die augenblicklich diese Disziplinen anführten. Ralf Häger hat dabei als Stunt-Koordinator schon einiges geleistet. Die einzelnen Sequenzen sind durchaus auf die Spitze getrieben, aber sie erwecken selten den Eindruck von Computer visualisierten Einflüssen. Und genau an diesen Punkten spielt POINT BREAK seinen größten Trumpf aus. Das ist, wenngleich nachträglich konvertiert, sein 3D. Kaum ein Live-Action-Film kann mit 3D überzeugen, POINT BREAK hingegen macht daraus eine erweiterte, optische Ebene, die den Zuschauer zu der ohnehin atemberaubenden Action, zusätzlich einiges mehr an Nerven abverlangt. Hier funktioniert 3D, wie man es sich grundsätzlich erhoffen dürfte, ohne das dabei nur der erhöhte Eintrittspreis wichtig ist. Somit ist Ericson Core durchaus ein Risiko eingegangen, einen unter der Hand gehandelten Klassiker erneut zu verfilmen. Aber dazu hatte er ein viel zu starkes Team in allen Gewerken hinter sich, als dass er sich hätte Sorgen machen müssen.
Darsteller: Edgar Ramirez, Luke Bracey, Matias Varela, Clemens Schick, Tobias Santelmann, Max Thieriot, Teresa Palmer, mit Ray Winstone und Delroy Lindo
Regie & Kamera: Ericson Core
Drehbuch: Kurt Wimmer, nach dem Drehbuch von Peter Iliff und Rick King
Bildschnitt: John Duffy, Gerald B. Greenberg, Thom Noble
Musik: Junkie XL
Produktionsdesign: Udo Kramer
Deutschland – China – USA / 2015
114 Minuten