Endlich hat es David O. Russell einmal geschafft, die überdrehte Hysterie in einem seiner Filme zu dämpfen. Ein emotional gemeintes Element aus seinen vergangenen Filmen, welches sich schließlich auch ungünstig auf die dritte Zusammenarbeit von Jennifer Lawrence und Bradley Cooper in Susanne Biers SERENA auswirkte. Diese Schauspiel-Kombination wurde zu einer, die mit Vorsicht zu genießen war. Aber frei von überzeichneten Figuren und chaotischen Dialog-Sequenzen ist auch JOY nicht. Was diesen allerdings fehlt, ist eindeutig der Witz und hintersinniger Humor.
Joy Mangano ist alleinerziehende Mutter, wobei der Kindsvater zwecks Wohnungsmangel im Keller einquartiert ist. Ihre eigene Mutter ist süchtig nach Soap-Operas, und verbringt den ganzen Tag im Bett vor dem Fernseher. Zu allem Überfluss wird der Vater von der neuen Freundin zurück gebracht, sie will ihn nicht mehr.
In jungen Jahren hatte Joy ein fluoreszierendes Flohhalsband erfunden, aber nicht zum Patent angemeldet. Diese glorreiche Idee ging ihr also durch die Lappen, und das soll nicht noch einmal passieren. Da sich in ihrem Leben dringend etwas ändern muss, setzt sich Joy hin, und tüftelt an einer neuen Idee. Heraus kommt der Zauber-Mop, ein sich selbst auswringender Wischmop, ohne das sich die Hausfrau die Hände nass machen muss. Aber niemand glaubt an die Idee, am allerwenigsten ihre Familie. Eine Bande von verschrobenen Figuren, die Joy mühsam versucht zusammen zuhalten.
Das der Film gleich vier Cutter benötigte, ist nur allzu offensichtlich. Unbändigt springt die Kamera in den Sequenzen von Figur zu Figur, und unterstreicht noch den chaotischen Charakter der Dialoge. Auch innerhalb des Handlungsverlaufs gibt es immer wieder Rückblenden und Zeitsprünge, die derart schnell abgehandelt werden, dass man wachsam sein muss. David O. Russell hat die Hysterie in seiner Inszenierung gedämpft, er hat sie aber nicht abgelegt. Und das ist Anbetracht des Charakters der Joy Mangano schade. Schließlich ist die Frau, auf der die Figur lose basiert, einer der erfolgreichsten Unternehmerinnen in Amerika. Und etwas mehr Seriosität wäre da vielleicht schon angebracht gewesen. Nicht umsonst spaltet sich der Film in zwei eigenständige Teile.
Ist die erste Hälfte ein eindeutiges Familien-Drama, welches den Zusammenhalt von Familie zelebriert, behandelt der zweite Teil eine typisch amerikanische Erfolgsgeschichte. Dennoch geht es erstaunlich gut zusammen. Fragen werfen Linus Sandgrens Kamerabilder auf, die aus unverständlichen Gründen oftmals mit extremen Weitwinkel gedreht sind. Dadurch stürzen die Linien von Gebäuden, oder verzerren an den Rändern die Gesichter der Protagonisten. Das wirkt durchaus beabsichtigt, eine tiefere Bedeutung lässt sich dahinter allerdings nicht erahnen. Sowie Robert De Niros eigentlich nicht vorhandenes Spiel. Wie in seinem Film HEIST zuvor, zeigt er sich ungewöhnlicher weise auch hier lediglich als Crumpy Cat.
JOY ist ein gewöhnungsbedürftiger Film, der Freunden von SILVER LINING und AMERICAN HUSTLE viel Freude bereiten wird. Zwar als Komödie gehandelt, hat er definitiv zu wenig Humor, was seine viel zu hektisch und durcheinander vorgetragenen Wortgefechte nicht ausgleichen können. Der Film profitiert lediglich von Jennifer Lawrence, allerdings nicht wegen ihrer Leistung, nicht in diesem Film, als vielmehr durch ihren Namen im Allgemeinen.
Darsteller: Jennifer Lawrence, Robert De Niro, Édgar Ramirez, Virginia Madsen, Isabella Rossellini, Bradley Cooper, Diane Ladd u.a.
Regie & Drehbuch: David O. Russell
Kamera: Linus Sandgren
Bildschnitt: Alan Baumgarten, Jay Cassidy, Tom Cross, Christopher Tellefsen
Musik: David Campbell, West Dylan Thordson
Produktionsdesign: Judy Becker
USA / 2015
124 Minuten