THE 5th WAVE – Bundesstart 14.01.2016
Vorsicht Buch. Diese anderweitig verwendete Kampagne sollte allmählich auch im Kino angewendet werden, wenn sich unbedarfte Kinogänger einfach einmal einen angenehmen Filmabend gönnen möchten. Denn einen schlechten Eindruck macht DIE 5. WELLE nicht. Der Trailer verspricht viel, was der Film auch hält. Mit Chloë Grace Moretz an der Spitze wird, wird eine Reihe attraktiver, aber auch talentierter Jungschauspieler präsentiert. Und Regisseur J Blakeson hat mit seinem Erstling DIE ENTFÜHRUNG DER ALICE CREED ordentlich vorgelegt. Spannungskino mit Alien-Invasion, das lässt man sich gerne gefallen. Wenn man es denn auch bekommt. Doch zuerst muss der geneigte Zuschauer eine schwere Hürde meistern. DIE 5. WELLE basiert auf dem ersten Band einer Jugendbuch-Trilogie.
Buch-Verfilmungen sind ja grundsätzlich ein Zankapfel zwischen Lesern und Cineasten, wo keiner gegenüber der anderen Partei Einsehen zeigen will. So ist es, und es wird so bleiben. Doch Jugendbuch-Reihen sind da für den Zuschauer ein ganz anderes Kaliber. Seit der Aufsplittung des dritten PANEM-Buches in zwei Filme, nerven sie. Zeigte sich PANEM 3.2 dennoch als sehr angenehme weil spannende Unterhaltung, wurde bei DIVERGENT und MAZE RUNNER schnell deutlich, dass sie sich totgelaufen hatten, bevor sie in die Zielgerade einbogen. Ein kluger Mensch sagte diesbezüglich einmal, dass der erste Film immer den Vorteil hat, dass er relativ in sich geschlossen sei. Und jetzt steht die 5. WELLE bevor.
In der ersten Welle, nehmen die Aliens, auch „die Anderen“ genannt, der gesamten Menschheit den Strom, und katapultieren sie zurück in die Steinzeit. Die zweite Welle sind an allen Seen und Meeren gewaltige Tsunamis, weil sich global gesehen, der größte Teil der Menschheit in Küstennähe aufhält. Die gesamte Vogelpopulation mit einem Virus infiziert, bedeutet die dritte Welle, die nur ganz wenig immune Menschen überleben lässt. Die vierte Welle ist Invasion, die auch die fünfte Welle mit sich bringen wird. Die Ausrottung der letzten Überlebenden der Menschheit. Die sechzehnjährige Cassie Sullivan erzählt uns die Geschichte, wie alles begann. Und wir erleben Cassie wie sie versucht wenigstens ihren Bruder zu finden und zu retten, nachdem sie schon mit ansehen musste, wie ihre Eltern getötet wurden. Dabei kann sie niemanden vertrauen, denn die „Anderen“ haben die Gestalt normaler Menschen.
Jetzt muss man unumwunden zugeben, dass DIE 5. WELLE in allen technischen, darstellerischen und visuellen Aspekten erstklassiges Kino bietet. Die Effekte sind phantastisch, nicht sehr zahlreich, dafür auf den Punkt, und sehr realistisch. J Blakeson hält das richtige Tempo, erzählt schnell, weiß aber auch in den richtigen Momenten einen Gang herunter zuschalten. Die Darsteller können dabei allesamt überzeugen.
Doch dazu gibt es eine Geschichte. Und diese Geschichte macht an vielen Stellen keinen Sinn. Jetzt sind ja Genre-Freunde und Popcorn-Gänger gerne bereit Abstriche zu machen wenn es um Logiklöcher geht. Das Mainstream-Kino bringt das immer wieder mit sich, schließlich geht es um die pure Unterhaltung. Wenn einmal etwas Hintersinniges dabei ist, umso besser, muss aber nicht sein. Und das hier wieder einmal Außerirdische die Welt erobern möchten, hat man schon zu oft gesehen, als das man sich über diese Prämisse noch ärgern könnte. Was allerdings zum Ärgernis wird, ist eine Handlung, die unendlich viele Fragen aufwirft, die nicht erklärt werden, oder sich auch nicht erklären lassen.
Die „Anderen“ können mit einem derart gewaltigen elektromagnetischen Impuls die Menschheit zurück in die Steinzeit versetzen. Sie können weltweit, zur gleichen Zeit gewaltige Tsunamis entstehen lassen. Sie können alle Vögel dieser Welt mit einem Virus infizieren. Aber sie brauchen Menschen, um den kläglichen Rest der Menschheit zu vernichten? Wenn der elektromagnetische Impuls so lange nachhält, warum funktioniert der Strom in der Airforce-Base? Alien-Technologie, oder Unachtsamkeit? Ein „Anderer“ bewegt sich als einziger „Anderer“ wie Hulk und The Flash gleichzeitig. Das ist für die Sequenz absolut notwendig, aber eine Erklärung wird nicht gegeben. Was ist mit dem Schlafsack, den Cassie jeden Abend hat, der aber tagsüber nie zu sehen ist, aber zu sehen sein müsste? Cassie und Ben treffen das erste mal innerhalb der Kaserne aufeinander, wo sich bekanntlich nur die „Anderen“ aufhalten. Warum nimmt er ohne mit der Wimper zu zucken an, dass sie kein Alien ist, und vertraut ihr umgehend? Und wie konnte sich das Magazin von Cassies Pistole von selbst beladen, obwohl sie es sicht- und hörbar leergeschossen hatte? Hier ist man erst an der Spitze des Eisberges, und das macht es noch viel ärgerlicher.
Aber es tun sich noch weit andere Fragen auf. Denn wie die „Anderen“ tatsächlich aussehen, oder was sie sind, wird nicht gezeigt. Wie kommen die Jugendlichen mit ihrem Militär-Hummer unbemerkt in die hermetisch abgeriegelte Kaserne? Obwohl alles so genau geplant und überwacht ist, kann der Hulk/Flash-Andere unbemerkt die komplette Kaserne mit Sprengkörpern abdecken. Sehr schöne Effekte, die nicht von ungefähr an die Stadion-Sequenz von DARK KNIGHT RISES erinnert. Aber auch hier fehlt jede Art von Erklärung. Und am Ende ist man dort angekommen, wo kein beherzter Kinogänger wirklich hinwollte. Zwei Handvoll Jugendlicher sind am Ende einer nicht aufgelösten Handlung, die letzte Hoffnung der Menschheit. Gegen Aliens die EMIs beherrschen, Tsunamis auslösen können, oder alles Getier mit Viren versehen können.
Wenn einen DIE 5. WELLE aus dem Kino in die frische Abendluft entlässt, dann fragt man sich ernsthaft, was man da gesehen hat. Jetzt stürzen Jugendlich aus Roman-Trilogien nicht nur Regierungen, sondern retten die Welt vor einer Alien-Invasion, welche nur stattfindet, damit sie stattfindet. Dabei versicherte einmal ein glucker Kopf, dass der erste Teil immer den Vorteil hat, in sich am geschlossensten zu sein. Schade, genau das ist ausgerechnet DIE 5. WELLE eben nicht. Genau wie DIVERGENT oder MAZE RUNNER, die ihr Publikum versuchen zu einem erneuten Besuch zu zwingen. Aber irgendwann muss mit dem einmal Schluss sein.
Darsteller: Chloë Grace Moretz, Nick Robinson, Ron Livingston, Maggie Siff, Liev Schreiber, Maria Bello,, Alex Roe, Maika Monroe u.a.
Regie: J Blakeson
Drehbuch: Susannah Grant, Akiva Goldsman, Jeff Pinkner
Kamera: Enrique Chediak
Bildschnitt: Paul Rubell
Musik: Henry Jackman
Produktionsdesign: Jon Billington
USA / 2015
112 Minuten