THE 33 – Bundesstart 11.02.2016
Die Besprechung beruht auf der
amerikanischen DVD-Fassung
In Chile. Der Film beginnt mit einer Feier. Das klassische Symbol, um die Einigkeit und Brüderlichkeit auch über Tage zu demonstrieren. Der nächste Tag ist der 5. August 2010. Die Minenarbeiter werden in Copiapó von einem Bus eingesammelt, dann geht es eine Stunde durch die Atacama-Wüste, zur San José Mine. Vom Mineneingang zum Herzen der diversen Stollen, dauert dann die Fahrt erneut eine Stunde. 700 Meter unter der Erdoberfläche, bei 35 Grad Celsius. Einen Tag später wird die San José Mine das erste Mal in den Medien Erwähnung finden. Eine Nachricht, welche sich bis zum 13. Oktober zu einer emotionalen Mediensensation aufbaute. Die mexikanische Regisseurin Patricia Riggen hat daraus einen spannenden, wenngleich meist sehr gefälligen Film gemacht.
Die zentralen Figuren von 69 TAGE HOFFNUNG sind im Herzen der Goldmine der Vorarbeiter Don Lucho und der charismatische Mario Sepúlveda. Lucho warnt noch davor, dass der Berg in Bewegung ist, doch da ist es schon zu spät. Ein Fels von der zweimaligen Größe des Empire State Buildings bricht durch die Stollen, und versperrt alle Möglichkeiten, nach draußen zu kommen. Das diese Verschüttung von allen 33 unter Tage befindlichen Arbeitern überlebt wird, ist schon einmal das erste Wunder. Doch die Notfallrationen im Schutzbunker sind auf drei Tage für 30 Personen ausgelegt.
Vor der Mine wird María Segovia zur Leitfigur, deren Bruder im Bergwerk verschüttet ist. Die Minengesellschaft möchte die Angehörigen nicht vor Ort haben, doch María hält alle zusammen. Was wie ein kleiner Aufstand beginnt, lässt den chilenischen Präsidenten aufhorchen. Die Regierung hatte im selben Jahr schon so viel Negativschlagzeilen einstecken müssen, dass dieses Unglück nicht auch noch gegen sie verwendet werden soll. Denn die Minengesellschaft verweigert alle Rettungsversuche, weil nach ihren Erfahrungen die Arbeiter längst tot sind. Ein Chance für den Präsidenten und seine Regierung, sich wieder zu rehabilitieren.
Spannend bleibt in Patricia Riggens Inszenierung die emotionale Ebene. Die Verzweiflung bleibt durchweg bestehen, und überträgt sich sehr intensiv auf den Zuschauer. Nur der Handlungsverlauf stolpert an einige Stellen über zeitlich Abläufe. So wird nie wirklich konkret, wie lange die Bohrungen in den Rettungsbunker wirklich dauern. Zuerst reden Figuren von mehreren Tage, später wird in einem Tag gebohrt. Auch das die eigentlich von Hunger vollkommen entkräfteten 33 unvermittelt bestens von Außen versorgt werden, bringt etwas Ungleichgewicht in den sonst harmonischen Ablauf. Auch Juliette Binoches Figur überzeugt nicht wirklich, die sich wie ein ungelenkes Klischee benimmt. Eine etwas differenziertere Charakterisierung hätte Binoche wirklich gut getan.
Jetzt ist Chile nicht gerade für seine große Auswahl an international bekannten Schauspielern berühmt. Es muss wohl ein künstlerischen Aspekt gewesen sein, Franzosen, Mexikaner, Spanier, Kubaner, und Iren als Chilenen zu besetzen. Vielleicht um den Film international besser vermarkten zu können, oder auch um die Geschichte als solche in einen internationalen Kontext zu rücken. Schließlich weist eine Tafel zu Beginn den Zuschauer darauf hin, dass jährlich 12.000 Minenarbeiter bei arbeitsbedingten Unglücken sterben. Die 33 könnten sinnbildlich für den menschlichen Willen und Glauben stehen, der mit den Arbeitern in den Bergwerken einhergeht.
Es mag nicht die inszenatorisch ausgefeilteste Biografie sein, dennoch ruft 69 TAGE HOFFNUNG sehr eindringlich Erinnerungen ins Gedächtnis, wie man seinerzeit selbst die Ereignisse in den Medien aufnahm. Das man dazu jetzt die Situation und wahren Verhältnisse unter Tage erleben kann, zeigt nur, wie wenig die Medien damals wirklich vermitteln konnten. Hier wird der gesamte menschliche und emotionale Umfang der Katastrophe deutlich. Dies ist der letzte Film mit Musik von James Horner, der Film ist dem Komponisten gewidmet.
Darsteller: Antonio Banderas, Rodrigo Santoro, Juliette Binoche, James Brolin, Lou Diamond Phillips, Gabriel Byrne u.a.
Regie: Patricia Riggen
Drehbuch: Mikko Alanne, Craig Borten, Michael Thomas
Kamera: Checco Varese
Bildschnitt: Michael Tronick
Musik: James Horner
Produktionsdesign: Marco Niro
Chile – USA / 2015
127 Minuten