UNBROKEN – Bundesstart 15.01.2015
Dies ist die Geschichte von Louis Zamperini, der sich als kleiner Junge aufmüpfig und unkonventionell gebar. Im Amerika Mitte der Zwanzigerjahre als italienischer Migrantensohn kein angebrachtes Verhalten in einem kleinen Kaff wie Olean, im Staate New York, wo die Zamperini Familie als vermeintliche Ausländer ohnehin unter kritischer Beobachtung standen. Und wenn Louis bei seinen alltäglichen Anfeindungen fürs kämpfen zu schwächlich war, dann konnte laufen helfen. Sein älterer Bruder Pete erkennt sofort Louis‘ Potential, und beginnt ihn zu trainieren. Was Louis Zamperini schließlich 1936 zu den Olympischen Spielen nach Berlin bringt. Dies ist seine wahre Geschichte. Und wie das mit Filmen nach wahren Geschichten so ist, bekommen sie immer Schwierigkeiten. Nichts neues, wenn es während der Oscar-Kampagnen um biografische Filme geht. Da wird gerne mit Dreck geworfen, um auf einen eventuellen Oscar-Kandidaten ein schlechtes Licht zu werfen. Eine Praxis die mittlerweile nur all zu auffällig geworden ist, aber auch UNBROKEN nicht verschont. So werden plötzlich viele Handlungspunkte in Frage gestellt, die das Drehbuch aus diversen Biografien, aber besonders Laura Hillenbrands Buch übernommen hat. Zum Beispiel Zamperinis Überlebenskampf auf See, oder die Verhältnisse im japanischen Gefangenenlager. Kritikpunkte, die man ignorieren könnte. Das Problem ist Angelina Jolies zweite Kino-Inszenierung, die genau diesen Eindruck unterstützt, dass einige Eckpunkte tatsächlich sehr zu Gunsten einer ausschweifenden Dramatik verdreht wurden.
Im Krieg dient Leutnant Zamperini im Pazifik als Bombenschütze, wo entscheidenden Momente der verheerenden Luftgefechte immer wieder mit Rückblenden unterbrochen werden, die Einblicke in Louis‘ Jugend geben. Er war schon immer ein Kämpfer, und als geprügelter Außenseiter wegen seiner italienischen Herkunft, hat ihn das nur bestimmter und ehrgeiziger gemacht. Bei einem Einsatz über japanischem Hoheitsgebiet, wird Zamperinis Kampfbomber abgeschossen. Nur er und zwei Kameraden überleben, nun auf zwei kleine Rettungsboote angewiesen. Hunger, Haiattacken und immer wieder schießende Kampfflugzeuge quälen die Männer für 47 Tage, 26 Tage länger als jemals Männer in einem Rettungsboot überlebt haben. Ihre endliche Bergung hat allerdings einen gewaltigen Nachteil, die Amerikaner werden von Japanern aufgegriffen, und in ein Kriegsgefangenenlager gebracht. Dort herrscht Mutsuhiro Watanabe mit eiserner Hand und sadistischer Brutalität. Es beginnt ein menschenverachtenden Duell zweier unnachgiebiger Charaktere.
Fast schon zwangsläufig zwingt sich immer wieder der Vergleich zur BRÜCKE AM KWAI auf, obwohl die eigentlichen Geschichten dahinter wirklich nicht zu vergleichen sind. War bei KWAIs Colonel Saito Ehre und Stolz für das japanische Kaiserreich die eindringlichste Motivation, ist es bei Mutsuhiro Watanabe die reine Freude an der Erniedrigung seiner wehrlosen Opfer. Takamasa Ishihara spielt Watanabe mit sehr viel Energie für den verabscheuungswürdigen Charakter. Allerdings ist Ishihara schon allein vom Äußerlichen falsch besetzt, dem all zu aufdringlich das dämonische im Gesicht geschrieben steht. Das er dann auch so absehbar und einseitig inszeniert wurde, gibt dem Film in seinem entscheidenden letzten Drittel einen bitteren Anstrich vom abgetragenen Stereotyp des Fünfzigerjahre-Bösewichts. Auch wenn Watanabe nach dem Krieg als Kriegsverbrecher gesucht wurde, hätte eine psychologische Tiefe der Figur, aber vorrangig dem Film sehr gut getan.
Das Regisseurin Jolie mit dieser Geschichte ein Epos im Sinne eines David Lean im Kopf hatte, kann sie nicht verleugnen. Und ihr Kameramann Roger Deakins tut auch alles, um mit großen Bildern und stimmigen Kompositionen den Vorbildern gerecht zu werden. Und das gelingt Deakins, der aber dennoch für UNBROKEN eine ganz eigene Atmosphäre schafft, weil eine solche im Kino sehr rar geworden ist. Bei den elegischen Kameraschwenks und angemessen verweilenden Einstellungen, kann der Zuschauer intensiver die Stimmungen aufnehmen, ohne dass dieser von irrationalen Schnittraten abgelenkt wird. Eine wunderbare Arbeit, mit der Deakins auch NO COUNTRY FOR OLD MEN der Coen-Brüder zu einem optischen Meisterwerk machte. Die letzt genannten haben auch an UNBROKENs Drehbuch mitgewirkt, was durchaus etwas verwirrt, weil der Stoff und seine Umsetzung so überhaupt nicht zu Joel und Ethan Coen passt. Vielleicht es ist aber auch genau das, was der Film vermissen lässt, weil die Brüder sich leicht außerhalb ihres Terrains verdient machen wollten. Etwas zu spröde scheint der Film, und die psychologischen Auslotungen der Figuren sind zu flach. Selbst Zamperinis rebellisches Gebaren in seiner Jugend wird lediglich mit möglichen Ursachen angedeutet, ohne dass sich der Charakter selbst damit auseinandersetzt. Noch dazu, dass der Handlungsverlauf kaum Überraschungen bereithält. Mit Ausnahme der Sequenz vom Wechsel der Gefangenen in ein anderes Lager, und dessen Konsequenz. Mag sein, dass dies den wahren Begebenheit entspricht, aber umgesetzt wirkt es wie ein an den Haaren herbei gezogenes Klischee, welches tatsächlich die Frage nach Authentizität aufwirft.
Angelina Jolie hat keinen schlechten Film gemacht. Ihre Regiearbeit ist sogar sehr präzise, wo die Gewichtung der einzelnen Szenen, ihr Tempo, und der Erzählrhythmus hervorragend ineinander greifen, und einen harmonischen, sich angemessen steigernden Verlauf nehmen. Woran es hakt, ist die Handlung selbst, die sich weniger mit den Charakteren auseinandersetzt, als mit dem Tenor der Geschichte. Hauptsächlich interessiert sich der Film für den eigentlichen Willen eines menschlichen Wesens, indem das Schlechte immer wieder das Gute herausfordert. Das ist natürlich auch spannend, hier aber oft zu plakativ umgesetzt, weil eben die Psychologie der Figuren zu oberflächlich gezeichnet ist. Das macht UNBROKEN noch lange nicht zu einem schlechten Film, aber einen Film, der merklich mehr Potential hatte.
Kurz vor seinem einundachtzigstem Geburtstag war Louis Zamperini 1998 bei der Olympiade. In Japan trug er das olympische Feuer, auf einer Strecke, die knapp am ehemaligen Lager vorbei führte, wo er einst soviel Leid ertragen musste, aber ungebrochen daraus hervor ging.
Darsteller: Jack O’Conneell, Damhnall Gleeson, Garrett Hedlund, Finn Wittrock, John Magaro, Alex Russell, Miyavi u.a.
Regie: Angelina Jolie
Drehbuch: Ethan Coen, Joel Coen, Richard LaGravenese, William Nicholson
Kamera: Roger Deakins
Bildschnitt: William Goldberg, Tim Squyres
Musik: Alexandre Desplat
Produktionsdesign: Jon Hutman
USA / 2014
137 Minuten