THE MARTIAN – Bundesstart 08.10.2015
Ridley Scott wird die niemals die Reputation verlieren, nicht nur die zwei erfolgreichsten, sondern auch einflussreichsten Science Fiction Filme gemacht zu haben. ALIEN vermischte auf geniale Weise Horror mit einer auf Realismus herunter gebrochenen Zukunftsvision. Die Welt von ALIEN war echt. Seine Kulissen, seine Charaktere, sein Hintergrund. Die Atmosphäre funktionierte, weil sich alles realistisch anfühlte. So wie in BLADE RUNNER, wo das ständig verregnete Los Angeles zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt werden konnte. Aber nicht nur die Kulisse überzeugte, sondern die Geschichte die Ridley Scott darin erblühen ließ. Es hätte eine wunderbare Geschichte von Gut gegen Böse sein können. Doch genau am Ende löst sich diese Frage in eine philosophische Auseinandersetzung mit dem Mensch sein auf. Ridley Scott hat damit das Genre erneut neu ausgerichtet. Ein Roman wie Andy Weirs DER MARSIANER konnte in den Händen von Ridley Scott nur bestens aufgehoben sein.
Wegen eines katastrophalen Sturmes muss die Ares III Mission auf dem Mars abgebrochen werden. Fünf Astronauten können sich retten, nur der Botaniker Mark Watney wird verletzt und bleibt vermeintlich tot zurück. Wenn sich seine Kollegen bereits auf dem Rückweg zur Erde befinden, schält sich Watney schwer verletzt aus einer Sanddüne. Der nicht auf den Mund gefallene Wissenschaftler überreißt nüchtern, oftmals auch sarkastisch seine Situation. Eine Rettungsmission würde vier Jahre benötigen, seine Vorräte reichen allerdings gerade drei Monate. Das würde aber auch voraussetzen, dass die NASA überhaupt von Watneys Überleben erfahren müsste. Aber der Sturm hat auch die Kommunikationswege zerstört.
Ohne Zweifel war Ridley Scott der richtige Mann für diesen Film. Das Genre hat er damit nicht wieder neu definiert, aber der Regisseur weiß genau die Akzente richtig zu setzen. So sind die einzelnen Passagen von Mark Watneys Kampf gegen die Widrigkeiten eben nicht auf Spannung und Thrill inszeniert, sondern tatsächlich auf die eigentliche Art wie der Astronaut seine Probleme löst. Interessanterweise entwickelt sich aus der reinen Nüchternheit seines Handels eine ganz eigene Art von Spannung. Kein normal denkender Mensch wird damit rechnen, dass es Mark Watney nicht gelingen wird zu überleben. Umso intensiver gestaltet Scott die Bedingungen unter denen der Überlebende sich gegen den roten Planeten durchsetzen muss. Das ausgerechnet die Rückschläge mit Explosion im Kartoffelacker und frierender Kälte im Shuttle zu den lockersten und witzigsten Momenten gehören, beweist die Genialität des Filmemachers. Das dieser die Spannungsmomente anders legt wie man erst vermuten würde, zeichnet den hohen Unterhaltungswert des MARSIANERS erst aus.
Wenn man offen spricht, muss man gestehen, dass DER MARSIANER mit 141 Minuten vielleicht 30 Minuten zu lang ist. Das Mark Watney gerettet werden wird, steht außer Frage. Ein Dummkopf, wer anders denken würde. Doch das Drehbuch lässt sich genügend Zeit, den steinigen Weg dorthin zu zeigen. Ridley Scott folgt diesem Weg, hätte allerdings die Möglichkeit gehabt, dies dem Zuschauer konzentrierter zu präsentieren. Dennoch bleibt DER MARSIANER ein sehr spannender, unterhaltsamer, auch witziger Film, der seinen Absichten gerecht wird. Wie wird Mark Watney überleben? Der Zuschauer sitzt in der ersten Reihe, und wird sich nicht beschweren können. Ein besonnener Regisseur und ein auf den Punkt spielender Schauspieler können es tatsächlich schaffen, den Zuschauer in ein Zukunftsszenario zu versetzen, welches im Augenblick des Momentes wirklich die Atmosphäre von Realismus und Ehrlichkeit vermitteln kann.
DER MARSIANER ist kein Film ohne Schwächen. Er ist lang, und handlungsbedingt auch vorhersehbar. Aber er ist durchweg unterhaltsam und in seinen technischen, wie künstlerischen Ansprüchen sehr einnehmend. Was man einem Film wie diesem negativ vorwerfen könnte, verliert sich in der ausgefeilten Inszenierung. Dennoch darf man auch Drew Goddards Leistung nicht unterschätzen, der aus Andy Weirs Roman eine optisch anschauliche Geschichte zauberte. Aber gleichzeitig sehr präzise zu vermitteln versteht, wie intensiv und tiefgreifend der Autor für seinen Roman recherchiert hat. DER MARSIANER ist ein sehr einnehmender Film, weil Inszenierung, Darsteller, und Produktionsdesign ihr einhergehendes Handwerk einfach verstehen. DER MARSIANER ist vollkommene Unterhaltung, weil er mit den Erwartungen des Zielpublikums spielt, aber dabei keine unvorhersehbaren Haken schlägt.
Darsteller: Matt Damon, Jessica Chastain, Kristen Wiig, Jeff Daniels, Michael Peña, Sean Bean, Kate Mara, Sebastian Stan, Chiwetel Ejiofor u.a.
Regie: Ridley Scott
Drehbuch: Drew Goddard, nach dem Buch von Andy Weir
Kamera: Dariusz Wolski
Bildschnitt: Pietro Scalia
Musik: Harry Gregson-Williams
Produktionsdesign: Arthur Max
USA / 2015
141 Minuten