PROJECT ALMANAC – Bundesstart 05.03.2015
Found Footage, das leidige Thema. Es mag ein Trend sein, alle möglichen und unmöglichen Situationen im eigenen Leben mit dem Smartphone festzuhalten. Aber beim Aussteigen aus dem Auto, auf dem Weg zu Schule? Wenn jemand zu seinem Tisch in der Cafeteria geht? Wenn man am Dachboden mit dem Bruder nach Schätzen aus der Kindheit stöbert? Es ist so mühselig, und nicht nachvollziehbar. Warum Found Footage, wenn PROJECT ALMANAC als normal gedrehter und aufgelöster Film sogar ein sehr angenehmer Spaß geworden wäre. Es ist nicht wirklich nachvollziehbar, aber sehr ärgerlich. Josh Trank hat mit CHRONICLE als einziger bewiesen, dass man das Format sehr schlau und auch gerechtfertigt einsetzen kann, wenn man die Vernunft und Logik in die Inszenierung mit einbezieht. Dean Israelite ist das bei PROJECT ALMANAC nicht gelungen, und einer vielversprechenden Prämisse, steht eine nicht nachvollziehbare Bildführung im Weg.
David Raskin entdeckt mit seiner Schwester Christina auf dem Dachboden eine alte Videokamera, des vor Jahren verschwundenen Vaters. Christina ist im Übrigen die Person die in den 106 Minuten alles filmt, und wahrscheinlich auch dem Kanarienvogel keine Ruhe beim kacken gönnen würde. Auf der Cassette in der Kamera, sieht man die zehn Jahre zurückliegende Geburtstagsfeier des mittlerweile 17 Jahre alten David. Dumm nur, dass auf der Videocassette auch der David der Jetztzeit zu sehen ist. Mit seinen Kumpels Quinn und Adam, will David das Video analysieren. Natürlich gehört auch Christina zur Gruppe, denn wer sonst würde alles handlungsgerecht filmen. Dabei stoßen die Freunde auf eine geheime Kammer im Keller von Davids verschollenem Vater. Und sie finden nichts anderes, als die Baupläne für eine Zeitmaschine. Schlau wie die Kerle und das filmende Mädchen sind, arbeiten sie mit sich steigerndem Erfolg an der Konstruktion der Maschine. Sind die ersten, nur wenige Tage versetzten Zeitreisen noch ein enormer Spaß, gibt es bald erste Probleme mit den Paradoxen, die Zeitreisen mit sich bringen.
Zeitreisen sind immer ein Thema, welches heftige Reaktionen herauf beschwört. Denn es gibt keine Zeitreisen, und somit bleibt jede Theorie, einfach Theorie. Ist deswegen bei Zeitreisegeschichten alles möglich? Eigentlich ist alles möglich, jede Theorie anwendbar. Solange die Handlung innerhalb der selbst aufgestellten Regeln bleibt. Bei PROJECT ALMANAC stolpert man über einen nicht unerheblichen Faktor, wenn es um Paradoxa geht. Wenn sich zwei Personen aus zwei verschiedenen Zeitebenen bewusst begegnen und sehen, lösen sich aufgrund des Zeitparadoxon auf. Aber warum lösen sie sich nicht auf, wenn sie sich in unmittelbarer Nähe zueinander aufhalten, und nur eine Person die andere nicht sieht. Eine kleine selbstgestellte Falle, die vielleicht mit viel Theorie erklärt werden könnte. Aber ein bisschen Sinn, muss doch hinterfragt werden dürfen. Das Drehbuch allerdings, fordert aus dramaturgischen Gründen leider auch beide Variationen. Der Fairness halber muss man aber auch zugeben, dass die eine Variante die Stimmung durchaus hebt, wenn eine Person aus der Gegenwart sich selbst in der Vergangenheit rächt. Oder auf der anderen Seite mit dem Verschwinden eines Charakters aus beiden Zeitebenen, auch ein spannender Showdown eingeläutet wird. Mag es wenig Sinn ergeben, fordert es letztendlich zur Diskussion heraus. Einer der interessantesten Aspekte von Zeitreise-Filmen.
Grund zur Diskussion könnte auch sein, warum gleich mehrere Polizeieinheiten und Suchhubschrauber eingesetzt werden, obwohl eine Person lediglich vermisst wird. An manchen Stellen hätte PROJECT ALMANAC noch einiges an Politur vertragen. Ein wirklich schlechter Film ist er deswegen auf keinen Fall. Junge, gutaussehende Menschen, ein nicht ganz schlüssiger, aber gut nachvollziehbarer Plot, und reichlich Spannungsmomente. Und hätte man auf das überflüssige Found-Footage-Format verzichtet, hätte sich der Film sogar noch ein paar Pluspunkte dazu verdient. Ein sehenswertes Vergnügen, von dem man jetzt nicht die geistige Herausforderung zum Beispiel eines Christopher Nolan Films erwarten sollte. Aber auch ohne hintersinnigen Tiefgang, kann man einmal gut unterhalten werden. Gerade wenn man Genre affin ist.
Sollte die Produzenten in Betracht gezogen haben, einen Hit zu landen und mit einer Fortsetzung kontern zu können, hätte sich PROJECT ALMANAC selbst einen sehr interessanten Ansatz geschaffen. Denn das Dilemma mit den Zeitreisen entsteht aufgrund Davids Unsicherheit gegenüber seines Schwarms Jessie. Am Ende des Films, einer wiederholten Zeitschleife, wird diese Unsicherheit ausgeräumt, und Jessie und David kommen zusammen bevor die Sache mit den Zeitreisen beginnt. Theoretisch gesehen vielleicht ein Widerspruch. Aber die Zeitlinie wäre von diesem Zeitpunkt an so geändert, um eine Fortsetzung geschickt parallel zum ersten Teil zu erzählen.
Darsteller: Jonny Weston, Sofia Black D’Elia, Sam Lerner, Allen Evangelista, Virgina Gardner, Amy Landecker, Gary Weeks u.a.
Regie: Dean Israelite
Drehbuch: Jason Harry Pagan, Andrew Deutschman
Kamera: Matthew J. Lloyd
Bildschnitt: Julian Clarke, Martin Bernfeld
Produktionsdesign: Maher Ahmad
USA / 2014
106 Minuten