HOT PURSUIT – Bundesstart 11.06.2015
Es ist ein Buddy-Movie, wie aus dem Lehrbuch. Fast könnte man sagen, Schema F. Wenn man dann doch etwas Abstand gewinnt, und ehrlich argumentiert, ist MISS BODYGUARD ein stereotypes Abziehbild an Film, der seine zwei unterschiedlichen Goldfische ins Haifischbecken schmeißt. Sofia Vergara und Reese Witherspoon haben auch Produzenten-Stellen übernommen. Es muss also eine Herzensangelegenheit gewesen sein. Oder wollten sie sich vor Schlimmeren bewahren. Grundsätzlich ist MISS BODYGUARD von UNTERWEGS MIT MUM Regisseurin Anne Fletcher keine schlechte Unterhaltung, und oftmals wirklich überraschend komisch. Nur das er sich dabei von einem stützenden Klischee zum nächsten hangeln muss, steht dem Film selbst im Weg. Die aufdringlichen Versatzstücke sind eben auch zu dominant. Dazu webt die Geschichte noch eine ebenso offensichtliche Heldenreise in die Handlung. Und von da an hangelt sich dann der Zuschauer von einem vielfach gesehenen Punkt zum nächsten.
Officer Cooper wuchs sozusagen auf dem Rücksitz des Polizeiwagens ihres Vaters auf. Keine Frage nach ihrer Zukunft. Doch der überambitionierten Polizisten passiert ein kleines Missgeschick, woraufhin hin sie in den Innendienst versetzt wird, und ihr Name synonym für Spott und Gelächter wird. Bereits nach zehn Minuten hat der Zuschauer drei wichtige Informationen über den weiteren Verlauf der Geschichte. Cooper wird wieder in den Außendienst versetzt. Cooper wird sich als Polizistin bewähren. Und Cooper wird genau mit der Methode, welcher ihr den ganzen Spott entgegenbrachte, über sich und den Respekt ihrer Kollegen hinauswachsen.
Daniella Riva soll als Kronzeugin und für ein späteres Zeugenschutzprogramm nach Dallas eskortiert werden. Die Statuten schreiben vor, dass dabei ein weiblicher Officer anwesend sein muss. Die Wahl fällt schnell auf Witherspoons Cooper. Die Sache hat nur den Haken, dass sie und Vergaras Daniella überhaupt nicht miteinander können. Von diesem Moment an, hat der Zuschauer drei sehr wichtige Informationen für den Rest der Handlung. Um ihren gleich an zwei Fronten jagenden Häschern zu entkommen, stehen sich die Beiden mit ihren Antipathien immer wieder erst einmal selbst im Weg. Beide werden in der Mitte des Films ihre gegenseitige Wertschätzung kennen lernen. Cooper und Daniella werden für den Showdown ein sich ergänzendes Team bilden.
Man sagt immer, dass Klischees weniger aufwiegen, wenn sie originell und gut umgesetzt sind. Und das kann man ohne weiteres über die zweite Hälfte von MISS BODYGUARD sagen. Nur in der ersten Halbzeit bekommt es der Zuschauer mit Sofia Vergaras Darstellung der Daniella Riva, mit einem der unausstehlichsten und nervigsten Charakter der jüngsten, und wahrscheinlich auch älteren Kinogeschichte zu tun. Ist ihre herablassende und beleidigende Art manchmal ganz witzig, ist ihr ständig hysterisches Geschrei und lebensbedrohendes, weil uneinsichtiges Verhalten einfach nur verabscheuungswürdig. Aber auch Witherspoon gibt ihren all zu steifen, von Polizeiehre überwältigten Officer nicht die zu erwartende, sich langsam steigernde Entwicklung. Witherspoon zu zusehen ist immer ein Vergnügen. Aber ihr von Ehrgeiz zerfressener Charakter, der deswegen Anfangs an sich selbst scheitert, hätte wesentlich mehr Tiefe und weniger witzig gemeinte Tollpatschigkeit vertragen.
Aber MISS BODYGUARD muss man einen durchaus professionellen Unterhaltungswert zusprechen. Die nicht auffällige, aber sehr solide Kameraarbeit von Oliver Stepleton, gibt mit Priscilla Nedd-Friendlys sehr ansprechenden Bildschnitt ein sehr intensives Tempo vor. Doch die Übersicht geht dem Zuschauer dabei niemals verloren. Aber Langeweile bleibt in den kurzweiligen 87 Minuten außen vor. Eine Laufzeit, die früher für Komödien genau angemessen war, aber immer weiter ausuferte, was bei Komödie mit fast zwei Stunden schnell zu Ermüdungserscheinungen führt. Kurz und knackig hat Anne Fletcher ihren Film inszeniert, und damit schnell und intensiv erzählt. Ihr Augenmerk hätte eben auch verstärkt auf Sofia Vergaras Charakter liegen müssen. Gute Action-Sequenzen, ein paar blutige Einlagen, und keine abgedroschenen Witze. Man muss an anderen Stellen wirklich Abstriche machen, aber dann kann man durchaus einen sehr unterhaltsamen Abend erleben. Wie aus dem Lehrbuch. Sozusagen.
Darsteller: Reese Witherspoon, Sofia Vergara, Matthew Del Negro, Michael Mosley, Robert Kazinsky, Richard T. Jones u.a.
Regie: Anne Fletcher
Drehbuch: David Feeney, John Quaintance
Kamera: Oliver Stepleton
Bildschnitt: Priscilla Nedd-Friendly
Produktionsdesign: Nelson Coates
USA / 2015
87 Minuten
Bildrechte: Warner Bros.