KINGSMAN: THE SECRET SERVICE – Bundesstart 12.03.2015
Ein geheimer Geheimdienst, und noble Männer, die noble Dinge tun. Niemanden untergeordnet, politisch unbeeinflusst. Einfach nur die Welt retten. Deswegen haben alle Kingsman auch Namen der Ritter aus Camelot. Und als sich Lancelot bei einer spektakulären Weltenrettung für seine Mitstreiter opfert, weil das Wohl vieler über dem Wohl eines einzelnen steht, besteht Handlungsbedarf. Denn die Lücke muss geschlossen werden. Natürlich mit einem noblen Menschen, der noble Dinge tut. Danach sieht jetzt Gary ‚Eggsy‘ Unwin nicht aus, ein Heißsporn der mittleren unteren Mittelklasse, der sich Reibereien mit den Ordnungshütern nicht verkneifen kann. Aber, Garry ‚Eggsy‘ Unwins Vater trug einst den Namen Lancelot. Und da muss man kein Kino-Genie sein, um sich den Rest zusammen zu reimen. Für Galahad ist er der verheißungsvollste Kandidat, einer Auswahl von möglichen Lancelot Nachfolgern. Und während die jungen und gut aussehenden Menschen allerlei Aufgaben mit möglicher Todesfolge bestehen müssen, bereitet der Multi-Millionär Valentine einen undurchsichtigen Plot gegen die Menschheit vor. Die Kingsmen sehen sich vor ihre größte Herausforderung gestellt. Und da tut junges Blut in den eigenen Reihen auch ganz gut.
Würde man zuerst annehmen, dass KINGSMAN ein eher biederer Action-Spaß sein könnte, der mehr mit der Prämisse der eleganten und gepflegten Agenten spielt, wird der Film sicherlich einen Großteil seines Publikums eiskalt an den Genitalien packen. Mit KINGSMAN ist Matthew Vaughn tatsächlich ein außerordentlicher Action-Spaß gelungen. Aber weit entfernt von bieder, oder gediegen. KINGSMAN folgt selbstverständlich einigen Versatzstücken, wie dem rebellischen Jugendlichen, der seine Bestimmung findet, oder dem rücksichtsvollen Ausbilder, der zum väterlichen Freund wird. Doch genau diese Versatzstücke sind sehr elegant umgesetzt, aber mit überraschendem Witz und sehr überraschenden Zutaten angereichert. Allein das Abendessen, bei dem Sam Jackson und Colin Firth sich besprechen, ist schlichtweg genial. Nicht nur was als Speisen gereicht wird, sondern auch wie sie ausgerechnet ältere James-Bond-Filme als Konversation finden, dass verdient sehr viel Respekt. Aber KINGSMAN ist keine gefällige Abenteuer-Romantik oder lockere Zitaten-Abfolge. KINGSMAN ist schließlich ein Film von Matthew Vaughn.
Wer ab und an ins Kino geht, hat vielleicht schon einmal einen Film von Matthew Vaughn gesehen. Beide Teile von KICK-ASS vielleicht. Es gab Zuschauer, die ihre Schwierigkeiten mit KICK-ASS hatten, weil er oft mit graphischer Gewalt unvermittelt über die Stränge schlug. KINGSMAN mag sich elegant und bieder geben, manchmal auch etwas gefällig. Aber das ist auch eine sehr gute Taktik, um den Zuschauer mit unvermittelter Härte zu erwischen. Was man in KINGSMAN zu sehen bekommt, wird nicht unbedingt den Geschmack aller Publikumsschichten treffen. Und optisch ist das weit von bieder und gefällig entfernt. Wenn ein Messer zum Einsatz kommt, dann bleibt das Bild auf dem Messer. Und wenn eine Pistole abgefeuert wird, dann folgt das Bild auch der Kugel, mit aller Konsequenz. Die Sequenz in einer Kirche, welche den dritten Akt einläutet, ist ein sogenannter, aber unumstrittener Instant-Classic. Wie sich eine komplette Kirchengemeinde selbst auslöscht, dass fällt ganz leicht unter die neumodische Bezeichnung „What The Fuck“. Also braucht es eine Steigerung für den Showdown. Und dieser Showdown ist dann schon wieder so herrlich überzogen, dass man den Hut vor Regisseur Vaughn ziehen muss, den Mut aufzubringen, einen Film in diesem Stil zu beenden, der leicht die vorangegangenen 115 Minuten zunichte machen könnte.
Schauspieler, Inszenierung, technische Umsetzung: KINGSMAN ist erstklassiges Unterhaltungskino, welches durch seinen unorthodoxen Stil überzeugt, aber auch überrascht. Es wird nicht gekleckert, sondern geklotzt. Und dies in allen Bereichen. Nur Hanry Jackmans Soundtrack hätte sich etwas mehr Bemühungen gönnen können, der sich zu sehr an X-MEN: FIRST CLASS orientiert, aber zu offensichtlich das Thema von SKYFALL imitiert. Dafür hat KINGSMAN dem Thema James Bond einiges voraus. Wo man in der einen Filmreihe die möglichen Auswirkungen einer Tat nur erzählt bekommt, sieht man bei KINGSMAN eine konkrete Vorstellung von den Absichten der bösen Buben. Ja, genau so macht sich KINGSMAN zu etwas besonderem. Nicht weil der die Versatzstücke zu nutzen versteht, sondern diese Versatzstücke in der richtigen Form für die eigenen Ansprüche variiert. Das bereitet Freude, und so sollte Kino des Öfteren sein, losgelöst und innovativ. Aber Vorsicht, manchmal tut es eben auch weh. Selbst beim zuschauen.
Darsteller: Colin Firth, Samuel L. Jackson, Mark Strong, Taron Egerton, Mark Hamill, Michael Caine u.a.
Regie: Matthew Vaughn
Drehbuch: Matthew Vaughn, Jane Goldman
Kamera: George Richmond
Bildschnitt: Eddie Hamilton, Jon Harris
Musik: Henry Jackman, Matthew Margeson
Produktionsdesign: Paul Kirby
Großbritannien / 2015
125 Minuten