FURY – Bundesstart 01.01.2015
Im Zweiten Weltkrieg wurde die 2. Panzerdivision der amerikanischen Streitkräfte auch ‚Hölle auf Rädern‘ genannt. HERZ AUS STAHL unterstellt im Film seinen Panzer FURY der 2. Panzerdivision. Filmautor und Regisseur David Ayer lässt dabei keine Gelegenheit ungenutzt, zu erklären warum. Nicht umsonst nennt man den Kommandanten von Fury Wardaddy. „Ich fing in diesem Krieg an, Deutsche in Afrika zu töten. Dann in Frankreich. Dann in Belgien. Jetzt töte ich Deutsche in Deutschland. Es wird bald zu Ende sein, doch zuerst müssen noch sehr viel mehr Menschen sterben,“ erklärt Wardaddy dem neuen Schützen. Der Neue ist ein Riskio, der Neue muss eingestimmt werden, auf das, was seine eigentliche Aufgabe ist. Keine Panzereinheit hatte so viel Kriegserfahrung und -einsätze, wie die fünfköpfige Fury-Besatzung. Das schweißt zusammen, da muss sich jeder auf jeden verlassen können. Norman Ellison ist der Neue, gerade acht Wochen im Dienst, und als Schreibordonanz ausgebildet. Keiner wäre unangebrachter am Maschinengewehr in einem klaustrophobisch engen Raum, wie in einem Sherman-Panzer. Regisseur David Ayer war selbst stolzer Soldat, allerdings ohne Kriegseinsatz. Aber aus einer Familie von Veteranen abstammend, sah er sich in der Pflicht, in seinem Film das Soldatentum selbst nicht in Frage zu stellen. Und genau bei diesem Ansatz, verfällt HERZ AUS STAHL in ein Konstrukt aus dramaturgischen Klischees und filmischen Versatzstücken.
Jeder Generation von Kinogängern scheint ein PRIVATE RYAN gegönnt zu sein, wo amerikanische Weltkriegssoldaten dreckigen Nazis und stinkenden Krauts kräftig in den Arsch treten dürfen. Allerdings war in dieser Hinsicht PRIVATE RYAN ehrlicher, glaubwürdiger, und zynischer im Umgang mit Heldentum. Während HERZ AUS STAHL die fast schon familiäre Bindung von Kameraden in einen plakativen Vordergrund stellt, basiert PRIVATE RYAN auf einem steten unterschwelligen Hinterfragen von Moral, Ehre und Sinn. Zu keinem Zeitpunkt zeigt sich HERZ AUS STAHL hintergründig, erhebt aber auch keine moralischen Ansprüche. Das macht den Film doch wieder etwas zu einfach, zu bequem. Ohne Zweifel hat Kameramann Roman Vasyanov ästhetisch sehr anspruchsvolle Bilder geschaffen, durch die eine düstere Atmosphäre von morbider Faszination entstehen. Schon die erste Einstellung, mit einem reitenden Soldaten der den Zuschauer zu einem Schlachtfeld mit ausgebrannten Panzern führt, stimmt im richtigen Maß auf die brutale und rücksichtslose Geschichte ein. Und wie Vasyanov mit dem Produktionsdesign unter der Leitung von Andrew Menzies, mit verhältnismäßig geringen Mitteln, den einzelnen Settings weit aufwändigere Dimensionen abzutrotzen versteht, dass macht HERZ AUS STAHL schon sehr beindruckend.
Woran HERZ AUS STAHL allerdings krankt, ist der Umgang mit seiner sehr einfachen Geschichte, und der Tiefe seiner Figuren. Auch hier muss man wieder PRIVATE RYAN zitieren, dem vielleicht auch unabsichtlich, letzten Endes aber doch nachgeeifert wird. Wer ihn gesehen hat, erinnert sich noch an den Soldat am Strand, der verwirrt seinen eigenen abgerissenen Arm aufsammelt und orientierungslos herum läuft. Oder der Kampf mit dem Messer, wo der Angreifer förmlich verzweifelt darum bettelt, sein Gegner möchte doch bitte aufgeben, sonst würde es doch nur schlimmer. Genau solcher verstörenden, irrational anmutenden Szenen fehlt es in HERZ AUS STAHL. Trotz allem geizt er nicht an grafischer Gewalt. Doch es bedarf etwas mehr als nur platzender Köpfe, abreißender Gliedmaße, oder explodierender Körper, was längst Standard in expliziter Darstellung geworden ist. HERZ AUS STAHL fehlt das absurd Verdrehte, nicht ein übersteigerter Härtegrad an Gewalt, sondern Elemente die wegen ihrer bizarren Form noch schockieren können, um tiefer in die finstere Seele von Krieg blicken zu können. Nichts was den Unterhaltungswert erhöht, sondern Unbehaglichkeit erzeugt. Der Filmemacher Spielberg hat einmal gesagt, dass es keinen Anti-Kriegsfilm gegeben könnte, sondern ein Kriegsfilm eben ein Film über den Krieg bliebe, und nur sein Eindruck auf den Zuschauer von Bedeutung wäre.
Die fünf verschiedenen Charaktere innerhalb von FURY sind im Grunde ein Abbild eines einzigen Soldaten im Krieg. Don ‚Wardaddy‘ Collier, von Brad Pitt trockenknochen verkörpert, ist der besonnene Kämpfer, der alles zusammenhält. Jon Bernthal spielt Grady ‚Coon-Ass‘ Travis als den Wahnsinn, den der Krieg für seine Mitspieler bereithält. Trini ‚Gordo‘ Garcia ist der Mitläufer, mit verunsicherter Konzentration von Michael Peña dargestellt, der Befehle empfängt, ausführt und derart fokusiert erfolgreich am Leben bleibt. Und Shia LaBeouf kann als Boyd ‚Bibel‘ Swan endlich wieder zeigen, warum er einst zu den Schnellaufsteigern im Geschäft zählte. Seine Figur ist das Gewissen im Panzer, einer der immer erst einmal etwas in Frage stellt, bevor er voreilig reagiert. Und dann natürlich der Neue, von Logan Lerman endlich einmal mit Charakteristika jenseits des gute Laune Kinos überzeugend, als Norman Ellison die immer nagende Angst, der immer wieder zwischen dem Wahnsinn und dem Gewissen hin und her pendelt, und somit zur Vorsicht mahnt. Auch er wird am Ende einen Spitznamen haben, aber damit auch seine spezielle Rolle im Team verlieren, was dieses schließlich kollabieren lässt.
David Ayer mag sich einiges dabei gedacht haben, seine Figuren so aufzuteilen und interagieren zu lassen. Doch kann er kaum etwas damit anfangen, was nicht über vorhersehbare Entwicklungen hinaus geht. Er versteht seine unablässig folgenden Action-Sequenzen intensiv und aufwühlend zu inszenieren. Und wenn man von kriegstechnisch strategischen Logikfehlern absieht, bekommt der Genre-Freund einiges an spannenden und aufwühlenden Szenen zu erleben. Zwar formiert sich HERZ AUS STAHL in seinem Verlauf zu einem gut inszenierten Action-Spektakel, doch eine tiefgründigere Abhandlung über das Wesen des Krieges bleibt dann doch aus. Geschweige denn, dass er über seine Figuren das Grauen plausibler machen kann. Somit verwehrt David Ayer einen möglichen neuen Ansatz, um seinen ganz eigenen Blick auf die Bestie zu werfen, die unter besonderen Umständen in einem heranwachsen kann.
Darsteller: Brad Pitt, Logan Lerman, Michael Peña, Jon Bernthal, Jim Parrack, Brad William Henke, Shia LaBeouf, Kevin Vance, Jason Isaacs u.a.
Regie & Drehbuch: David Ayer
Kamera: Roman Vasyanov
Bildschnitt: Jay Cassidy, Dody Dorn
Musik: Steve Price
Produktionsdesign: Andrew Menzies
Großbritannien – China – USA / 2014
134 Minuten