FAST & FURIOUS 7

FURIOUS 7 – Bundesstart 07.04.2015

fast-and-furious-7-1, Copyright Universal International Pictures GermanyWenn ein Kapitel beendet ist, bedeutet dies nicht das Ende des Buches. Aber fällt ein Zylinder aus, läuft der Wagen kaum noch auf Touren. Ein sehr trauriges Kapitel ist Paul Walker und sein plötzliches Ableben. Gerade als das Franchise FAST & FURIOUS auf Hochtouren lief, sehr gut im Rennen lag, und problemlos noch einiges an Strecke machen konnte. Wie es nun so unvermittelt weiter gehen kann, wird erst in Zukunft entschieden werden. Allerdings beißt sich die Schlange schon selbst in den Schwanz. Ausgerechnet die tragischen Umstände um die Produktion beschleunigen den Film auf der finanziellen Zielgeraden ins Schwindelerregende. Welcher Produzent würde da den Motor abwürgen? F&F 8 wird zwangsläufig eine Zerreißprobe, für die Macher genauso, wie für den begierigen Fan. Doch erst einmal zählt der gerade Rekorde brechende siebte Teil seine Runden.

Fast schon absurd, was die Produzenten aus einem nicht wirklich ernst gemeinten ersten Teil geschaffen haben. Wo es sogar gelang, einen vermeintlichen Teil Drei zeitlich nach Nummer Sechs anzusiedeln. Der Terrorist Owen Shaw, besiegter Bösewicht aus dem vorangegangen Film, liegt verkrüppelt im Krankenhaus. Sein Bruder Deckard schwört Rache, selbstredend. Ein ehemaliger Elite-Soldat, der alles kann, und zwar alles etwas besser. Unheilschwanger verkündet jemand, dass Deckard Shaw zwanzig Mann einer Spezialeinheit mühelos bezwang. Das ist es, was Filme wie dieser machen, sie machen die Gefährlichkeit ihrer bösen Buben mit solchen Vergleichen verständlich. Dominic  Toretto und Brian O’Connor, natürlich hinter ihnen stehend die ganze Gang von Motorfanatikern und Renn-Rowdies, nehmen die Bedrohung durchaus ernst, aber gelassen. Unterstützung erhalten sie vom undurchsichtigen Mr. Nobody, Vorsitzender einer geheimen Geheimorganistation innerhalb der Regierung. Die Gang müsse nur einen Job für ihn erledigen, und schon würden sie Unterstützung finden, Deckard Shaw ausfindig und unschädlich zu machen, bevor dieser ihnen in seinem Rachefeldzug zuvor kommt. Was Dom, Brian und der Rest der Gang für Mr. Nobody beschaffen müssen, ist nämlich gleichzeitig das Werkzeug, Shaw zu finden. Mr. Nobody wird gleichzeitig zum neuen Bestandteil der Serie. Kurt Russell spielt ihn mit losgelöster Gelassenheit, immer lächelnd, aber stets suspekt. Er ist der Charakter dem man alles zutrauen würde, weil seine joviale Anbiederung immer viel Misstrauen ausstrahlt. Wenn jemand Dom und den anderen in den Rücken fallen könnte, dann Mr. Nobody. Aber dieser Charakter ist ein perfides Spiel mit der Erwartungshaltung des Publikums, welches glaubt zu verstehen, was es zu sehen bekommt. Das dafür die Wahl auf Kurt Russell fiel, ist ein umso genialer Schachzug.

Kontinuierlich hat die Serie von Teil zu Teil angezogen. Es wurde überdrehter, es wurde wilder, immer mehr über den Rand der Wirklichkeit hinaus. Man erinnere sich an den vorangegangenen Teil, wo das Flugzeug im Showdown fünfzehn Minuten lang auf der Startbahn zum Abheben beschleunigte. Was die Macher aktuell ihrer Fan-Gemeinde vorsetzen, geht weit über jede Logik hinaus. Teil Eins war ein bodenständiger Action-Film, der mit atemberaubenden Auto-Stunts überzeugte, der ohne jede Computer-Unterstützung auskam. Noch immer besticht FURIOUS 7 mit handgemachter Stunt-Arbeit, die einem den Atem stocken lässt. Aber auch hier unterwirft sich die jetzige Fortsetzung dem aktuellen Kino, wo sich der erste Teil noch verweigerte. Viel zu schnelle Schnitte verwässern das optische Vergnügen, diese Stunts in ihrer genialen Choreografie optisch auskosten zu können.

Und dann ist da natürlich der schrittweise Einzug von computerunterstützten Bildern. Die Abu-Dhabi-Sequenz, in der bewiesen wird, das Autos doch fliegen können, ist schon derart überzogen, dass man sie als Comic-Element einfach akzeptieren muss. Und wird der Computer nicht benötigt, ignoriert man jede Art von physikalischen Gesetzen. Die Kaukasus-Sequenz ist dafür ein haarsträubendes Beispiel. Da landet man punktgenau mit dem Fallschirm, wo der Fallschirm überhaupt nicht zu steuern ist, oder fallen Fahrzeuge über hunderte von Metern über einen Abgrund, ohne Personenschaden. Halt, es gibt doch ein ächzendes Stöhnen, und einen extrem coolen Spruch. Und die Fahrbahnmarkierungen sehen verdächtig nach Amerika aus, und haben mit den Markierungen im Kaukasus nichts gemein. Aber warum ist das alles gar nicht so störend? Weil die Macher selbst diese Szenarien mit einer derart leichten und unbeschwerten Hand darbieten, dass man als Zuschauer den unrealistischsten Effekt als beste Unterhaltung aufnimmt, und nicht die Hände über den Kopf zusammen schlägt.

„Ich habe keine Freunde, ich habe Familie,“ könnte ein zu alberner Spruch aus einem Glückskeks sein. Wenn ihn allerdings Vin Diesel mit seiner sonoren Stimme raunzt, dann hat schon Qualitäten, die weit über den Verstand gehen. Tatsächlich ist das, was man anderswo als lächerlich oder unfreiwillig komisch abtun würde, in der FAST & FURIOUS Reihe ein bindendes Stilmittel innerhalb der Serie geworden. Was die Figuren an bedeutungsschwangeren Halbsätzen ablassen, scheint direkt aus Kalenderblättern abgeschrieben, und doch ließ man sich in den vierzehn Jahren davon einlullen und einnehmen. FURIOUS 7 hat in dieser Beziehung die höchste Drehzahl erreicht. Doch letztendlich macht es auch nichts, weil man sich eingestehen muss, genau aus diesem Grund im Kino zu sein. Die Realität hinter sich zu lassen, sehr weit hinter sich, und Spaß aus dem Unmöglichen zu ziehen. Dazu gehört auch Dwayne Johnson, der den freien Fall aus dem zehnten Stockwerk auf ein Autodach, mit einem Armbruch quittiert bekommt.

FURIOUS 7 ist weit überspannte Unterhaltung, die Spaß am eigenen Unterfangen demonstriert, und damit auch den Zuschauer für sich einnimmt. Die geneigten Fans ohnehin. Solide Stunt-Arbeit, eine abwechslungsreiche Handlung, aberwitzige Action-Sequenzen, und Darsteller die lediglich mit Charisma überzeugen. Manchmal kann gelungene Unterhaltung so einfach sein. Aber die Kombination macht es aus, was schon wieder zu einem kleinen Kunststück wird. Aber FURIOUS 7 hat ohnehin die cinematische Gemeinschaft auf seiner Seite. Der Abgesang auf Paul Walker ist schon jetzt ein Klassiker des modernen Kinos. Beendet mit der Hilfe der Brüder Caleb und Cody Walker, war der Film ohnehin ein Wagnis in seinem Bestreben, die Geschichte doch noch auf die Leinwand zu bringen. Und in Anbetracht dessen, im Fokus der gesamten Kinowelt zu stehen, kann einfach niemand von den letzten Bildern des Filmes unberührt bleiben. Wer immer mit den vorangegangenen 130 Minuten dramaturgische Probleme gehabt haben sollte, bekommt in den letzten Szenen eine Lektion, zu was Kino alles möglich ist. Für Paul.

fast-and-furious-7-2, Copyright Universal International Pictures Germany

Darsteller: Vin Diesel, Paul Walker, Michelle Rodriguez, Jordana Brewster, Dwayne Johnson, Ludacris, Tyrese Gibson, Jason Statham und Kurt Russell u.a.
Regie: James Wan
Drehbuch: Chris Morgan
Kamera: Marc Spicer, Stephen F. Windon
Bildschnitt: Leigh Folsom Boyd, Dylan Highsmith, Kirk Morri, Christian Wagner
Musik: Brian Tyler
Produktionsdesign: Bill Brzeski
Japan – USA / 2015
137 Minuten

Bildrechte: Universal International Pictures Germany
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