THE GUEST – ab 24. April auf DVD / BluRay
Adam Wingard ist genau der richtige Mann, um ein Publikum, wie das beim Fantasy Filmfest, in Verzückung zu versetzen. Zusammen mit Autoren-Kumpel Simon Barrett zaubert er immer wieder sehr abseitige Horror-Szenarien, die es in sich haben. Daher haben seine Filme es wirklich schwer ihr Publikum zu finden. Und ein großer Erfolg war auch THE GUEST nicht beschienen. Aber bei gerade einmal 58 Spielstätten und 40 Laufzeit kann der große Geldregen natürlich nicht einsetzen. Was Simon Barrett schreibt und Adam Wingard inszeniert, sind die Werke, die im Heimkino ihre Erfolge feiern. Ob das bei THE GUEST ebenso zutreffen wird, könnte vielleicht in Frage gestellt werden. Denn macht Adam Wingard sehr spezielle Filme, ist THE GUEST noch spezieller. Ist der Titelvorspann mit dem Schrifttyp Albertus erstellt, dann haben die Macher meist etwas vor. Der Schrifttyp, den John Carpenter all seinen Filmen voranstellte. Und spätestens bei Steve Moores Elektronik-Soundtrack ist der Wink mit dem Zaunpfahl angekommen. Obwohl Moore schon eine sehr eigenständige Untermalung komponiert hat, kann man Reminiszenzen an Carpenters Kompositionen erkennen.
Die Familie Peterson hat einen Sohn im Krieg verloren, was Mutter Laura noch immer nicht verkraften kann. Doch dann steht eines Tages David unvermittelt vor der Tür, der behauptet, mit dem Verstorbenen gedient zu haben, und dass sie beste Freunde waren. Ein Foto an der Erinnerungswand kann das bestätigen. Eigentlich wollte er nur persönlich mitteilen, wie sehr der Sohn seine Eltern geliebt hatte. Doch Laura und Vater Spencer bieten David voller Freude ein Dach über dem Kopf, der seine Zukunft noch gar nicht richtig geplant hat. Nur Tochter Anna misstraut dem neuen Freund der Familie, denn plötzlich geschehen merkwürdige Dinge. Und Menschen sterben. Ein Anruf bei den Behörden bestätigt Annas Verdacht, David ist ebenfalls im Krieg gefallen. Doch der Mann auf dem Foto und der Mann in ihrem Wohnzimmer ist eindeutig die selbe Person.
Die ersten 45 Minuten baut der Film immer weiter Spannung auf, nicht das Genre neu definierend, aber doch um den Zuschauer immer im Griff zu halten. Als es dann darum geht, wer David ist, und was er tatsächlich vorhat, wandelt sich der zuerst effektive Thriller in einen komplett anderen Film. Und dieser Film hat in seiner Struktur gar nichts mehr mit der vorangegangenen Hälfte zu tun. Ab hier fällt er mehr in den Bereich, den man Wingard eher zuordnen würde. Obwohl immer noch deftig und effektvoll, überrascht die zweite Hälfte durchaus, aber bleibt weit hinter dem zurück, was der Regisseur sonst an bizarrem Splatter aus dem Hut zaubert. Es ist eher ein Zugeständnis für ein breiteres Publikum. Diese Aufteilung ist äußerst gewagt, aber hat durchaus einen gewissen Reiz. Langeweile haben Barrett und Wingard jedenfalls aus diesem Menü gestrichen, was durch ein exzellentes Ensemble noch einmal kräftig unterstützt wird, allen voran Dan Stevens und Maika Monroe. Irritierend ist bei Stevens und Monroe lediglich die Ähnlichkeit mit Paul Walker und Brittany Murphy.
Was stört, ist der ständige Wechsel von Soundtrack zu gefälligen Popsongs in jeder Szene. Diese Wechsel kommen meist abrupt, ohne Aus- oder Einblendung, sondern sind hart geschnitten. Das lenkt viel mehr ab, als das es als Stilmittel dienlich sein könnte. Musik sollte eigentlich Stimmungen unterstützen und Überleitungen schaffen. Lediglich „Anthonio“ von Annie sorgt im Showdown für eine ungewöhnliche, aber stimmungsvolle Atmosphäre, und beschließt einen Film, der sich eine besondere Überraschung für das Ende bereit gehalten hat. Wingard und Barrett haben schließlich ihre Hausaufgaben gemacht. Was bleibt, ist ein Film, den man eher als mittelmäßig einstufen könnte. Durchaus unterhaltsam, auch überraschend. Aber doch hat man alles schon einmal in anderen Gewändern gesehen. Also eine gelungene Variation, aber leider ohne Innovation.
Darsteller: Dan Stevens, Maika Monroe, Brendan Meyer, Sheila Kelley, Leland Orser und Lance Reddick u.a.
Regie: Adam Wingard
Drehbuch: Simon Barrett
Kamera: Robby Baumgartner
Bildschnitt: Nicole Daniels, Arlie Day, Courtney Sheinin
Musik: Steve Moore
Produktionsdesign: Thomas S. Hammock
USA / 2014
99 Minuten