AUTÓMATA – ab 28. April auf DVD / BluRay
Bereits 1942 hat Isaac Asimov die drei Robotergesetze verfasst. Ein Roboter darf keinem Menschen Schaden zufügen, oder ihn zu Schaden kommen lassen. Ein Roboter muss dem Menschen gehorchen, es sei denn es widerspricht Regel Eins. Und schließlich muss der Roboter sich selber schützen, es sei denn es widerspricht der ersten und zweiten Regel. Diese Regeln sind nicht einfach nur Asimovs Überlegungen für seine Romane. Die Robotergesetze haben Einzug in alle Bereiche der Science Fiction gefunden, bis in den heutigen Tag. Manchmal werden sie auch ignoriert, ab und an vielleicht variiert. Aber Asimov hat damit einen entscheidenden Einfluss auf das Genre gehabt. Und wer weiß, wie diese Gesetze in der wirklichen Robotik eingegangen sind. Gabe Ibáñez jedenfalls hat in seinem Film diese Vorgabe etwas abgekürzt und vereinfacht. Ein Roboter muss unter allen Umständen Menschen vor Schaden bewahren. Und ein Roboter darf sich niemals selbst reparieren oder modifizieren.
2044 ist die Erde durch Sonnenstürme ein verbrannter Planet. 99,7% der Menschen sind ausgelöscht. Der Rest hat sich in Städten zusammengetan. Früher hat man Roboter gebaut, die Pilgrims, und sie sollten helfen, die alles einnehmende Wüste von den Städten fernzuhalten. Aber selbst die Pilgrims scheiterten an der Unerbittlichkeit eines sterbenden Planeten. Und die erst als Helden gefeierten Roboter, wurden nach und nach zu Feindbildern. Bei Menschen würde man von Rassendiskriminierung reden. Jacq Vaucan ist Versicherungsinspektor für ROC, die Firma, welche die Pilgrims baut. Und mit Hilfe des Polizisten Wallace, muss Vaucan feststellen, dass es in der Stadt scheinbar Roboter gibt, die sich selbst reparieren. Und je tiefer der Spezialist gräbt, desto beunruhigender wird sein Verdacht. Scheinbar gibt es Pilgrims, die modifiziert sind, was technisch eigentlich unmöglich ist. Denn sollte das zweite Protokoll überschrieben werden, würde sich das Betriebssystem zerstören. Eine bisher sichere Sicherheitsmaßnahme. Aber Jacq Vaucan muss feststellen, dass nichts mehr so ist, wie es sein sollte. Was ihm persönlich zuwider läuft, haben doch manche Pilgrims plötzlich etwas menschliches.
Pinocchio war eine traurige Figur, die als Marionette geschnitzt, so gerne ein wirklicher Junge werden wollte. Ein Thema, welches sich allzu leicht auf Roboter übertragen ließ. Asimovs ICH, DER ROBOTER behandelte schon dieses Thema. In den unterschiedlichsten Variationen wurde der vermenschlichte Roboter filmisch umgesetzt. Mal benahm er sich nur wie ein Mensch, manchmal entwickelte er ein eigenes Bewusstsein. AUTÓMATA lässt die Frage schwammig unbeantwortet. Die Pilgrims scheinen eben dieses eigene Bewusstsein erlangt zu haben. Oder ist es doch nur ein Fehler im System, der durch den Ausfall des zweiten Protokolls, den Eindruck erweckt? Gabe Ibáñez gelingt es in der Inszenierung jedenfalls hervorragend, den Pilgrims mit wenigen Gesten und ohne Worte menschliches Verhalten einzuverleiben. Eine aus scheinbarer Angst erhobene Hand, oder ein aus vermeintlicher Scham abgewendeter Blick. Ibáñez schafft es ganz ausgezeichnet und ganz leicht, eine emotionale Bindung zwischen Zuschauer und Pilgrim zu schaffen. Im Übrigen animatronische Roboter, und keine Computer generierten Bilder.
Was Gabe Ibáñez allerdings in seinem Film nicht gelingt, sind die offensichtlichen Vorbilder zu verschleiern, oder als Hommage akzeptabel zu machen. Natürlich steht an erster Stelle ICH, DER ROBOTER. Doch das Endzeit-Szenario hat viel zu viel von BLADE RUNNERs Atmosphäre. Hier ist es die Sonne, und nicht der Regen, dafür eine Stadt mit einer unbestimmbaren Mischung an Nationalitäten. Und selbstverständlich die Stadt umfassenden Reklame-Hologramme. Auf den ersten Blick ist AUTÓMATA ein gelungenes und sehr gut anzusehendes Zukunftsszenario. Entlarvt sich aber dann doch als Setzkasten, für den man sich von hier und dort etwas genommen hat, um ihn zu füllen.
Das Beste in dem Film ist unumwunden Banderas‘ Spiel mit dem Charakter von Jacq Vaucan, dessen anfängliche Skepsis sich gegenüber den Pilgrims, ganz langsam in Vertrauen aber auch Umdenken wandelt. Er muss feststellen, dass nicht die Evolution eines Roboters der größte Feind des Menschen ist, sondern die Angst des Menschen vor dieser Entwicklung. Es ist ein sehr schöner Gedankengang, dem Ibáñez nicht so stringent folgt, wie es die Geschichte eigentlich erfordert. Stattdessen sind die Widersacher von Vaucan und den ihn beschützenden Roboter zu sehr Abziehbilder des Bösen, als interessante Variation von menschlichem Versagen. AUTÓMATA ist durchaus sehenswert, und auch spannend, aber er hätte dafür das Klischee von Gut und Böse weit mehr aufweichen müssen. Der Handlungsverlauf hätte durchaus weniger Aufmerksamkeit vertragen, dafür wäre mehr Tiefe in der Komplexität von menschlichen Beweggründen wichtiger gewesen. Vermeintliche Gangster, welche den Tod der Familie des Helden in Kauf nehmen, bleiben dramaturgisch einfach Gangster. Da bleibt kein Spielraum für die existenziellen Interpretationen. Dabei wäre doch so interessant gewesen, wann einem Roboter das Recht auf Selbstbestimmung zusteht. AUTÓMATA nähert sich dieser Frage an, stellt sie aber leider nicht direkt.
Darsteller: Antonio Banderas, Dylan McDermott, Melanie Griffith, Birgitte Jort Sørensen, Robert Forster, Tim McInnerny, Andy Nyman u.a.
Regie: Gabe Ibáñez
Drehbuch: Gabe Ibáñez, Igor Legarreta, Javier Sànchez Donate
Kamera: Alejandro Martinez
Bildschnitt: Sergio Rozas
Musik: Zacarías M. de la Riva
Produktionsdesign: Patrick Salvador
Bulgarien – Spanien – Kanada – USA / 2014
109 Minuten