HYENA – Vorerst nur als U.K.-Import über Amazon lieferbar
Es gibt viele gute Filme, welche die Methoden der Polizei mit den Gepflogenheiten der Mafia gleichsetzen. HYENA hätte einer dieser Filme sein können. Aber immer wieder verweigert sich der Film der letzten Konsequenz. Gerard Johnsons zweiter Spielfilm bleibt dennoch ein sehr düsterer Blick in den Abgrund der Londoner Polizei, aber auch auf die Unterwelt, gegen die sie eigentlich vorgehen sollte. Michael und seine drei Kollegen gehen dabei mit einschüchternder Kaltschnäuzigkeit vor. Ohne Worte, ohne zu zögern. Polizeiwesten an, und ab in den Club. Erst einmal los prügeln, die Grenzen klar machen, und dann in die eigene Tasche abkassieren.
Für einen Thriller dieser Art, hätte Johnson, der selbst das Drehbuch verfasste, doch immer wieder einmal die Grenze überschreiten können. Eine Szene, wo ein fetter, schmieriger Kerl mit erigiertem Penis sich über die betäubte Ariana her macht, hat eben diesen ganz bitteren Beigeschmack, der es dem Zuschauer wirklich unangenehm macht. Ansonsten geht Johnson in seinem Film eher in Richtung Guy Richties erste Filme, ohne allerdings des pechschwarzen Humors. HYENA braucht keinen Humor. Humor lenkt ab von der eigentlichen Thematik. So geht es bei Ritchie auch immer um den Effekt, und nicht zwangsläufig der Realität. Bei Johnson geht es um die Realität. Und die ist kalt, unbarmherzig, und ist nur mit Drogen zu ertragen. Das ist der Widerspruch im Film. Zum einen trifft er den Nerv, ist ehrlich und bei ihm kann alles passieren. Aber das können andere Filme auch, aber HYENA hätte die Chance gehabt, sich von diesen anderen abzuheben.
Bei Michael rührt sich erst etwas menschliches, als er von Ariana erfährt. Die Albaner haben sie nach London gebracht und drogenabhängig gemacht. Sie soll als billiges Fleisch in einem heruntergekommen Haus abgehalfterten und unansehnlichen Typen für wenig Geld zur Verfügung liegen. Denn billig summiert sich mit der Zeit auch auf viel Geld. Während seine Jungs ungerührt weiter Mafiastrukturen mit Polizeiarbeit gleichsetzen, will Michael dieses ihm zugeführte Zeichen nutzen. Er wird kein besserer Mensch, seine Tretmühle wird sich nicht ändern, aber wenn er Ariana hilft, ihrem nicht gewollten Schicksal zu entkommen, dann wäre das schon ein Beweis, dass Änderungen möglich wären. Peter Ferdinando verkörpert seinen Michael mit glaubwürdiger Kompetenz. Er lässt nicht erkennen, was ihn so verzweifelt macht. Ist es der Kampf gegen die Natur seines Umfeldes, oder das er die sehr fragwürdigen Ideale seiner Freunde versucht zu verraten.
Gerard Johnson hat seinen Film mit Darsteller besetzt, die nicht besser gewählt sein könnten. Jeder von ihnen ist schon allein vom Äußeren her die Person, welcher er verkörpert. Ihr gleichgültig, abgebrühte wirkendes Spiel intensiviert den Eindruck noch. Besonders Tony Pitts mit aufdringlichem Haargel, auffallender Hornbrille, versucht versteckten Tattoos, und dem Gesicht eines Grundschullehrers, will kein Mensch im richtigen Leben begegnen. So hat Johnson seinen Film umgesetzt, mit echten Figuren und realen Situation. Auch wenn HYENA mehr sein könnte, als er letztendlich liefert, ist er noch immer eine bittere, sehr düstere Erfahrung. Sein Ende wird sehr kontrovers diskutiert. Aber Johnson hätte am Ende nur zwei Möglichkeiten gehabt. Eine Heldensage kreieren, die der Film niemals sein dürfte, oder einen pessimistischen Abgesang auf das Gute. Und genau darum geht es im Film eigentlich. Alles ist möglich, und hier soll sich der Zuschauer mit sich selbst auseinandersetzen. Wie würde sein persönliches Ende der Geschichte aussehen, wie würde er es sich wünschen, und wo liegen seine Hoffnungen.
Darsteller: Peter Ferdinando, Stephen Graham, Neil Maskell, Elisa Lasowski, MyAnna Buring, Richard Dormer, Tony Pitts u.a.
Drehbuch & Regie: Gerard Johnson
Kamera: Benjamin Kracun
Bildschnitt: Ian Davies
Musik: Matt Johnson
Produktionsdesign: Marie Lanna
Großbritannien / 2014
112 Minuten