COP CAR – Ab 19. Oktober über amazon.uk
Die trostlosen Weideländer erstrecken sich schier endlos bis weit hinter den Horizont. Travis und Harrison entgehen dieser Ödnis, indem sie tun, was zehnjährige Jungs eben tun. Sie phantasieren sich ihre eigene Welt, verkehren die Not in Tugenden. Und auf einmal, da wird dieses ersponnene Abenteuer von einer noch befremdlicheren Wirklichkeit unterbrochen. Mitten auf der grünen Wiese steht ein Polizeiwagen, offensichtlich verlassen. Was weiß ein vorpubertärer Junge schon von Recht und Ordnung, wenn er weiß, dass ein verlassener Polizeiwagen eigentlich nicht sein dürfte. Erst wird beobachtet, dann schmeißt man Steinchen, schließlich ist die Mutprobe, zu laufen und den Wagen nur zu berühren. Regisseur und Drehbuchschreiber Jon Watts hat sehr genau darauf geachtet, wie man realistisch vertreten kann, dass die kleinen Hosenscheißer plötzliche mit einem Polizeiwagen über die Felder rasen. Er lässt den Zuschauer die Entwicklung von ersten holprigen Versuchen, bis hin zum Asphaltrennen verfolgen. Vorwürfe, die sich COP CAR anhören musste, war die Glaubwürdigkeit von der Prämisse, dass Kinder diese ein Auto überhaupt fahren könnten. Diese Haarspalterei hat der Film in seiner Inszenierung selbst widerlegt.
Kaum trauen sich Kinder mit ihrem, für sie nun annektierten Cop Car, auf die Straße, springt der Film zurück. Weit über den Anfang hinaus. Wir sehen wie der Polizeiwagen an die Stelle gelenkt wird, wo er später von den Kindern entdeckt wird. Sheriff Kretzer, in Form eines überdrehten Kevin Bacon, steigt für eine besondere Mission aus. Im Kofferraum liegen zwei Körper, die es zu verscharren gilt. Doch ist der erste Körper unter der Erde, ist der Polizeiwagen verschwunden, als es um das zweite Opfer geht. Ist es schon peinlich genug, dass ein Sheriff seinen Wagen verliert, wird es um ein vielfaches komplizierter, wenn damit unrechtmäßige Dingen geschehen sind. Und so hasstet Kevin Bacon wie ein entfesselter Derwisch durch die schier endlosen Weiten des Countys, und versucht irgendwas in irgend einer Art zu retten.
Lässt sich Jon Watts in der Inszenierung der ersten 15 Minuten noch richtig Zeit, was sein Publikum durchaus herausfordert, nimmt der Film schließlich richtig Fahrt auf. Und die Anleihen liegen dabei eindeutig bei den obskuren Werken der Coen-Brüder. Während man die beiden Kinder Travis und Harrison als bodenständige Charaktere bezeichnen könnte, wird es bei den Erwachsenen schon viel skurriler. Bacon als Sheriff springt durch die Szenerie wie ein abgeleinter Terrier. Was auch auf Shea Wighams Figur zutrifft, der versucht jede mögliche Situation für einen Rachefeldzug abzuwägen, und in absurd inszenierten Sequenzen durch das Bild springt. Und dann kommt noch Camryn Manheim als erster bodenständiger Charakter in die Geschichte. Und ihr Ausstieg aus dem Handlungsverlauf ist schließlich der Moment, wo der Film seine Verbeugung vor den Coens nicht mehr leugnen kann.
Ist COP CAR ein schonungsloser Abklatsch des Coen-Brüder-Konzeptes von dem, was schief gehen kann, wird schief gehen? Nicht im Geringsten. COP CAR ist ein herrlicher Spaß, der sich durchaus als originell bezeichnen kann. Trotz der Parallelen. Selten gab es einen Kevin Bacon, der unvorhergesehener die Leinwand beherrschte. Sein Scheitern, als der eigentliche Böse in der Geschichte, offenbart dann doch etwas dramatisches. COP CAR ist ein Film, bei dem man nicht vorhersehen kann, wie er sich entwickeln wird. Seine ersten Minuten mögen langatmig erscheinen, führen aber genau auf den Weg, denn Jon Watts als Regisseur gehen wollte. Alles ist möglich, und genau so wird es geschehen. Brillant.
Darsteller: Kevin Bacon, James Freedson-Jackson, Hays Wellford, Camryn Manheim, Shea Whighma u.a.
Regie: Jon Watts
Drehbuch: Jon Watts, Christopher D. Ford
Kamera: Matthew J. Lloyd, Larkin Seiple
Bildschnitt: Megan Brooks, Andrew Hasse
Musik: Phil Mossman
Produktionsdesign: Michael Powsner
USA / 2015
87 Minuten