FANTASTIC FOUR – Bundesstart 13.08.2015
Als die Fantastischen Vier 2005 auf die Leinwand losgelassen wurden, die orientierte man sich schon stark am Erfolg von X-MEN. Eine saubere, aufgeräumte Handlung, alles eine Spur zu glatt, vielleicht auch etwas brav. Der Unterhaltungswert war bei X-MEN aber durchweg gegeben. Und so ging es dann auch bei den FANTASTISCHEN VIER, allerdings etwas sauberer, auch etwas braver. Gut gemacht, unterhaltsam, kurzweilig. Aber nicht wirklich der durchschlagende Erfolg. Erst drei Jahre später würde die Filmwelt erfahren, wie eine erfolgreiche, auf ein breites Publikum ausgelegte Comic-Verfilmung auszusehen hat. Doch da war das Thema schon durch, weil RISE OF THE SILVER SURFER als zweiter Teil, bei vielen Zuschauer und Kritiker sehr viel Schaden angerichtet hatte. Jetzt, da die Rechte der Vier bald ausgelaufen wären, hat sich 20th Century Fox gedacht, doch noch einmal einen Vorstoß zu wagen. Irgendwann muss die Marvel-Nuss doch geknackt werden können. Also alles zurück auf Anfang.
War der erste Film von 2005 schon die Origin-Story, geht das Reboot noch einen ganzen Schritt weiter zurück. Schon als vorpubertierender Junge ist Reed Richards ein schlaues Bürschchen, und arbeitet an einem Teleporter. Aber erst im Teenager-Alter gelingt ihm, mit seinem besten Freund Ben Grimm an der Seite, der Durchbruch. Sie können Dinge verschwinden lassen, aber was zurückkommt ist nur Sand. Dennoch wird Dr. Franklin Storm auf Reed aufmerksam, und bietet ihm für sein Institut ein Stipendium an, wo er seine Forschungen beenden kann. Reed lernt dabei Storms Adoptivtochter Sue kennen. Um Schulden abzuarbeiten, verdonnert Dr. Storm gleich noch seinen Sohn Johnny dazu, im Team zu helfen. Letztendlich wird die Arbeit am Teleporter erfolgreich beendet, als der ehemalige Schützling von Franklin, Victor Von Doom, entscheidende Ideen einbringt. Bevor die Nasa sich die Apparatur unter den Nagel reißen kann, wagen die fünf jungen Leute einen Selbstversuch. Doch sie landen nicht an einem anderen Platz, sondern in einer anderen Dimension. Victor Von Doom kommt dabei vermeintlich ums Leben, und die anderen kommen merklich verändert zurück.
Reed kann Körper und Gliedmaße ja nach Bedarf verformen. Sue kann sich unsichtbar machen und Kraftfelder erzeugen. Johnny ist eine lebende Fackel, der seinen Körper nach eigenen Willen entzünden und auch fliegen kann. Und Ben ist zu einem lebendigen Steinhaufen mutiert, der unbezwingbare Kräfte zu haben scheint. Das ist natürlich fürs Militär eine willkommene Abwechslung. Und mit ein bisschen Überzeugungskraft, können die verschiedenen Kräfte der Fantastischen Vier auch in diversen Krisengebieten genutzt werden.
Eigentlich hat Josh Trank einen ordentlichen Film inszeniert. Hier passen die Spannungsbögen, das Erzähltempo, der sparsam eingesetzte Humor. Der Film ist inszeniert, wie man es erwarten würde. Sues anfängliche Ablehnung gegenüber Reed, schließlich die Annäherung. Der rebellische Sohn, der einsichtig wird. Die bösen Wissenschaftler, welche die Erfindung missbrauchen wollen. Menschen die gegeneinander ausgespielt werden, um dann festzustellen, dass sie nur gemeinsam stark sind. So offenbart jede Exposition auch gleich ihre Auflösung. Das alles ist Hollywood pur, die Essenz von Klischees und Erzählstruktur. Nur keine Spur originell. Selbst Matthew Jensens Bildführung ist gefällig, aber uninspiriert. Und darüber kann auch das Ensemble äußerst ansprechender Darsteller nicht hinweg täuschen, die Charaktere verkörpern müssen, aus denen sie längst heraus gewachsen sind.
Das größte Problem von FANTASTIC FOUR ist allerdings sein Handlungsverlauf. Die ersten 45 Minuten erzählen nur Reeds Geschichte bis hin zum Bau des Teleporters. Das ist für einen Superheldenfilm einfach viel zu lang, zudem FANTASTIC FOUR nur erstaunlich kurze 100 Minuten Laufzeit hat. Dann vergehen erneut 15 Minuten, bis die Helden verändert aus der anderen Dimension kommen. Anschließend werden sie erst einmal gründlich vom Militär untersucht, und für Kampfeinsätze missbraucht, von denen man nur etwas über fingierte Nachrichtensendungen sieht. Erst die letzten zwanzig Minuten widmen sich dann dem eigentlichen Superheldentenor, wenn die Fantastischen gegen den wieder erschienen Doom antreten müssen. Natürlich will Doom die Welt vernichten, die Erklärung dafür ist allerdings das stimmigste Element im Film. Zudem reden die jungen Wissenschaftler stets von einer anderen Dimension. Was der Zuschauer aber zu sehen bekommt, sieht einfach aus wie ein anderer Planet, inklusive Wolken und Blitzgewitter.
Vielleicht spielt FANTASTIC FOUR genügend ein, um eine Fortsetzung zu rechtfertigen, der Film selbst tut es nämlich nicht. Er überzeugt nicht, weil er mit aller Gewalt und sehr viel Selbstüberschätzung erst der Anfang einer langen Reihe sein möchte, dafür an Superheldentaten aber viel zu wenig zeigt. Und da mag man den offen ausgetragenen Disput zwischen Autor und Regisseur Trank mit 20th Century Fox schon sehr kritisch gegenüberstehen. Denn ob Trank tatsächlich eine bessere Fassung im Kopf hatte, die ihm das Studio letztendlich verwehrte, kann man sich bei dem Material kaum vorstellen. Trank hat mit CHRONICLE ein wunderbares Debut geliefert. Aber das er gleich bei seinem zweiten Spielfilm die kreative Kontrolle inklusive Final Cut bei einem Prestigeobjekt wie diesem bekommen würde, ist ein absurder Gedanke. So sehr man spekulieren kann und will, letztendlich gibt es nur diese Version von FANTASTIC FOUR. Und die ist unterhaltsam, nicht unbedingt Zeitverschwendung, aber kein Grund um nervös zu werden, sollte man ihn verpassen.
Darsteller: Miles Teller, Kate Mara, Michael B. Jordan, Jamie Bell, Toby Kebell, Tim Blake Nelson, Reg E. Cathey u.a.
Regie: Josh Trank
Drehbuch: Josh Trank, Simon Kinberg, Jeremy Slater
Kamera: Matthew Jensen
Bildschnitt: Elliot Greenberg, Stephen E. Rivkin
Musik: Marco Beltrami, Philip Glass
Produktionsdesign: Chris Seagers, Molly Hughes
USA – Großbritannien / 2015
100 Minuten