TRAINWRECK – Bundesstart 13.08.2015
Die Besprechung basiert auf der britischen DVD-Fassung
Amy Schumer ist die augenblicklich die erfolgreichste, weibliche Stand-Up Comedienne in Amerika. Laut, vulgär, ehrlich. Was sie für ihr weibliches Publikum tut, könnte man am ehesten damit vergleichen, was Eddie Murphy in seiner Bühnenzeit für die Schwarzen bot. Immer schön deftig, und sich damit selbst den Spiegel vorhalten. Das Drehbuch für DATING QUEEN entstand schon zwei Jahre vor Filmstart, das Schumer selbst verfasste, und immer Judd Apatow als Regisseur im Kopf hatte. Nur das Apatow bis jetzt immer die Drehbücher zu seinen Regiearbeiten selbst geschrieben hat. Aber er wurde neugierig, weil die Komödiantin tatsächlich seinen Nerv getroffen hatte. So feilte man noch einige Monate zusammen an der Geschichte, und herausgekommen ist der perfekte Gegenentwurf zu dem, für was Frauenrechtler besoners in Hollywood eintreten.
Amy ist Journalistin bei einem anrüchigen Magazin, und sie ist gut in ihrem Job. Noch viel besser ist sie mit Männern, dazu noch ein bisschen Drogen, oder jede Menge Alkohol. Amy holt sich mehr vom Leben, als es eigentlich gut sein kann. Für einen Artikel über Sportärzte, trifft sie die Koryphäe Dr. Aaron Conners. Den Auftrag für den Artikel hat sie nur bekommen, weil sie Sport für dumm, und Sportbegeisterte für minderwertige Personen hält. Und dennoch hat Aaron Conners etwas unbestimmtes. Er nimmt Amy wie sie ist, und ignoriert ihren ungesunden Lebenswandel. Nach einem ersten gemeinsamen Abendessen, ist Amy allerdings schon schockiert, das Aaron sie um ein erneutes Wiedersehen bittet. Aber die angehende Beziehung steht unter keinem guten Stern. Sie zu offensiv, er zu verschlossen, kommt es bald zu ersten Schwierigkeiten.
Judd Apatow hat die Komödie, vorsichtig ausgedrückt, neu erfunden und die Raunchy-Comedy salonfähig gemacht. Alles was nach JUNGFRAU (40), MÄNNLICH, SUCHT Erfolge feiern konnte, musste man unumwunden Apatow geschuldet sehen. Und auch DATING QUEEN bezeugt die Kunst des Regisseurs, zur richtigen Zeit den perfekten Ton zu treffen. Amy Schumer mag durchaus ein ansprechendes Drehbuch geschrieben haben, aber Judd Apatow hat daraus seinen ureigenen Film gemacht. Jetzt ist Schumer nicht die idealisierte Hollywood-Schönheit, doch der Regisseur hat sie so inszeniert, dass sie als Objekt der Begierde durchaus plausibel bleibt.
Das Timing in der Inszenierung ist irrwitzig. Jeder Schlagabtausch sitzt, da ist kein Wort zu viel, oder zu wenig. Das Tempo heischt nicht nach dem wohlwollenden Abnicken des Publikums, sondern treibt den Film voran. Wer etwas verpasst, hat es einfach verpasst. Und viele Dialoge enden mit teilweise schmerzlichen Fettnäpfchen, die aber auch nicht nach dem Witz geschrieben sind, sondern durchaus nachvollziehbaren Charakter haben. Und Amys Vorstellung, was nach dem Sex passieren soll, dass ist teilweise absurd, aber auch sehr ehrlich. Fast schon selbstverständlich kommt auch DATING QUEEN um popkulturelle Anspielungen nicht herum. Aber auch hier beweist sich das Drehbuch als sehr durchdachtes, nicht den seichten Witz suchendes Werk. Da ist die offensichtliche Anlehnung an DER STADTNEUROTIKER, allerdings mit einer Auflösung, die Woody Allen nicht so gut heißen wird. Oder der Streit in einem Kino, der in eine Diskussion von Vergleichen mit Mark Wahlberg führt, hat echt Klasse.
Aber auch in seinen Charakterbeschreibungen ist DATING QUEEN anderen Komödie weit voraus. Denn in Amys Welt sind gerade die verrücktesten Charaktere die, welche sich am Ende als die Vernünftigsten herausstellen. Wie das Muskelpaket Steven, mit dem Amy zuerst ausgeht, dem man einfach eine geistige Reife absprechen möchte, und dann eines besseren belehrt wird. Natürlich setzt das alles voraus, das man als Zuschauer auch eine gewisse Freude an dieser Art von Komödie haben muss. Ansonsten wäre man entsetzt, was einem das aktuelle Kino so zumutet. Und bei dieser Art von Komödien liegt DATING QUEEN ganz weit vorne. Wird es aber einem nachfolgenden Amy-Schumer-Film auch sehr schwer machen, weil dieser schon grandios gelungen ist. Und die abschließende Sequenz mit den Cheerleadern ist einfach wunderbar durchdacht und umgesetzt. Trotz all der wirklich umwerfenden Tänzerinnen, schafft es Apatow den Fokus des Zuschauers auf Amy zu halten, die in der Choreografie herrliche Fehler macht, ohne das es allerdings übertrieben peinlich wird. So ein Ende, dass komisch ist, und dennoch so viel Romantik mit bringt, kann nur von Menschen kommen, die sehr, sehr viel Freude an ihrem Job haben, und in erster Linie an den Zuschauer denken.
Darsteller: Amy Schumer, Bill Hader, Brie Larson, John Cena, Tilda Swinton, LeBron James, Ezra Miller, Colin Quinn, Vanessa Bayer u.a.
Regie: Judd Apatow
Drehbuch: Amy Schumer
Kamera: Jody Lee Lipes
Bildschnitt: Paul Zucker, Peck Prior, William Kerr
Musik: Jon Brion
Produktionsdesign: Kevin Thompson
USA / 2014
125 Minuten