Im Zusammenhang mit DER GROßE TRIP – WILD
TRACKS – Bundesstart 10.04.2014 – DVD/BluRay 28.10.14
1977 machte sich Robyn Davidson mit ihrem Hund Diggity und vier Kamelen auf eine 1700 Meilen lange Wanderung vom australischen Alice Springs an die Westküste. Warum Davidson die strapaziöse Reise durch das Outback wagte, wird im Film selbst nie wirklich schlüssig. Oftmals antwortet der Charakter mit einem „warum nicht?“. Irgendwann meint sie in ihren inneren Monologen, dass wahrscheinlich ihr Vater Inspiration dafür gewesen sei, der früher viel durch Afrika gereist war. Aber auch hier scheint sich Davidson im Film nicht wirklich sicher zu sein. Jeder rät ihr von dem Vorhaben ab. Zu lang, zu gefährlich, als Frau allein unverantwortlich. Etwas, dass Robyn Davidson erst recht anzutreiben scheint. Um sich die Reise finanzieren zu können, verkauft sie ihre Geschichte im Voraus an das National Geographic Magazine. Das sie allerdings an verschiedenen Punkten entlang der Strecke, immer wieder von einem Fotograf abgelichtet werden wird, passt überhaupt nicht in Robyns Vorstellung. Nur widerwillig lässt sie sich darauf ein. Und gegen jede Vernunft, beginnt sie ihre neun Monate dauernde Wanderung.
Was SPUREN so spannend macht, ist der Verzicht, die Figur und ihre Absichten zu erklären. Mia Wasikowska spielt diese ablehnende, in sich zurück gezogene Robyn verblüffend nuanciert. Sie ist keine misanthropische Einzelgängerin, immer bemüht niemanden weh zu tun, auch wenn sie es ab und an unbeabsichtigt macht. Wasikowska überzeugt mit kleinen Gesten und wenig Mimik, macht sich und ihren Charakter verständlicher, allerdings ohne wirklich ihr Innerstes nach außen zu kehren. Der Zuschauer bleibt dadurch kritischer Beobachter, er möchte mit dieser Frau fühlen, sondern sie verstehen. In Wechselwirkung wird dieser Zuschauer die prachtvollen Landschaften auch nicht romantisieren, selbst wenn Mandy Walkers gewaltige Bilder immer wieder dazu verführen. Robyn Davidson hat gewusst, auf was sie sich einließ, und der Zuschauer wird langsam an eben dieses Bewusstsein heran geführt. Das australische Outback ist keine lebensfreundliche Welt. Am Anfang sind Walkers Aufnahmen noch kraftvoll und strahlend, sie überwältigt mit ausschweifenden Landschaftspanoramen. Erst nach und nach nähert sich die Kamera der Hauptfigur an. Später werden die sich steigernden Strapazen mit extremen Nahaufnahmen des ausgezehrten Gesichts, von unsicheren Kamelschritten, oder sonnenverbrannter Haut intensiviert. An einem dramatischen Wendepunkt, haben die Bilder kaum noch Farbe, die Sonne ist nur noch blendendes, grelles Weiß. Die Aufnahmen reflektieren Robyns Gefühlswelt.
John Curran lässt sich sehr viel Zeit beim erzählen. Das macht den Film allerdings nicht langsam. Sondern Curran vertraut auf die Sogwirkung der Atmosphäre. Was durchaus gelingt, allerdings für einen nicht unerheblichen Anteil der Zuschauer aber auch überaus fordernd sein kann. Denn was Curran wohlweislich nicht getan hat, ist eine künstliche Spannung aufzubauen, welche nur gegen den Ton des Films gearbeitet hätte. Nicht die Reise von Robyn Davidson ist die Geschichte, sondern Robyn selbst. Und was auch immer ihre wahre Motivation gewesen sein mag, der Zuschauer spürt am Ende, dass sie auch ihr inneres Ziel erreicht hat. Auf einmal ist man ganz nah bei dieser Frau, und erkennt, dass man sie nicht kennen muss, um sie zu verstehen. Und dass dieses Gefühl eigentlich schon den ganzen Film über da war.
Darsteller: Mia Wasikowska, Adam Driver, Rainer Bock, Rolley Mintuma, John Flaus, Robert Coleby, Emma Both, Melanie Zanetti, Jessica Tovey u.a.
Regie: John Curran
Drehbuch: Marion Nelson, Robyn Davidson
Kamera: Mandy Walker
Bildschnitt: Alexandre de Franceschi
Musik: Garth Stevenson
Produktionsdesign: Melinda Doring
Australien / 2013
zirka 112 Minuten