THE RAID 2: BERANDAL – Bundesstart 24.07.2014
Grundlage der Besprechung ist die Blu-Ray in Indonesisch mit amerikanischen Untertiteln
Eigentlich ist mit THE RAID 2: BERANDAL nun der erste Teil einer Trilogie in die Kinos gekommen. Gareth Evans hatte aus der Not eine Tugend gemacht als er BERANDAL nicht vollständig finanziert bekam und dafür das minimalistische Action-Feuerwerk REDEMPTION inszeniert. Und wer nun den real ersten Teil gesehen hat, der kann sich vorstellen wie schnell die Finanzierung des wesentlich aufwendigeren BERANDAL von statten gegangen sein muss. Knapp zwei Stunden nachdem sich Polizist Rama mit seinen Kollegen erfolgreich durch fünfzehn Stockwerke geschossen und geprügelt hat, beginnt das neue Kapitel. Die Erstürmung des Hochhauses und die Eliminierung des Drogenbosses hat hohe Wellen geschlagen, auch in der Politik. Rama wird zum Schutz seiner eigenen Familie nahegelegt unterzutauchen, dies aber gleich zu nutzen, das größte Drogen-Syndikat zu infiltrieren, um Drahtzieher und politische Unterstützer aufzuspüren. Tatsächlich kommt Rama im Gefängnis mit dem gerade einsitzenden Uco zusammen, Sohn des großen Bosses Bangun. Und mit Ramas Geschick, kann dieser sich sehr schnell das Vertrauen der Obersten erschleichen. Aber dafür muss viel eingesteckt werden, splittern extrem viele Knochen, und tun sich unzählige andere hässliche Wunden auf.
Zu Recht kann man REDEMPTION als einen der beeindruckendsten Martial-Arts- und Action-Filme bezeichnen, und es war nicht zu erwarten, dass Gareth Evans dies in dieser Form wiederholen könnte. Doch der walisische Regisseur mit Wohnsitz in Jakarta hat sich selbst mit einem Trick geholfen, in dem er die erste Fassung von BERANDAL und der dazu gehörigen Choreografien einfach in Ruhe ließ, und für den schließlich zuerst gedrehten REDEMPTION ganz eigene Kampfszenen mit Hauptdarsteller Iko Uwais und Yayan Ruhian ersann. Der letztendlich zweite Teil behielt also seine frischeren Ideen. Und dennoch sollte man beide Teile nicht unbedingt miteinander vergleichen. Kam REDEMPTION tatsächlich ohne Handlung aus, ist BERANDAL ein weit längerer, aber auch komplexerer Film, der über eine nicht ganz neue, aber dem Zweck angemessene Handlung verfügt. Dabei inszeniert Evans diese Handlungsabläufe mit fast schon hypnotischer Ruhe, mit langen Einstellungen und gemächlichen Dialogen. Um dann bei einer Action-Sequenz die Kamera von der Leine zu lassen. Nicht nur die Choreografie ist atemberaubend, sondern auch die Kameraarbeit, die den Zuschauer förmlich ins Geschehen wirft. Viele Schnitte gibt es dabei nicht, Gareth als Regisseur und mit Andi Novianto als Cutter, zeigen die Mühen und einfallsreichen Abläufe der Stunt-Leute und Kampf-Koordinatoren in ebenfalls längeren Einstellungen, allerdings übernimmt hier die Kamera von Matt Flannery und Dimas Imam Subhono die Dynamik.
Pencak Silat heißt die indonesische Kampfsportart, die es Gareth so angetan hat, und mit der er sich seine Darsteller vorwiegend gegenseitig malträtieren lässt. Es ist nicht nur so, dass seine Charaktere leiden, jeder Tritt, jeder Schlag, jede Wunde tut auch dem Zuschauer weh. Und es wird eine Unmenge gelitten. Die Intensität dieser Sequenzen ist unbeschreiblich. Selbst der Freund deftigster Action muss einiges wegstecken können. Ein empfindliches Publikum kann der Film nicht gebrauchen, denn BERANDAL ist alles andere als zimperlich. Es geht soweit, dass nicht nur Freunde der Kampfkunst begeistert sein dürften, sondern auch die Splatter-Begeisterten im Publikum zu ihrem blutigen Spaß kommen. BERANDAL ist brutal und ehrlich. Hier gibt es keine der Ästhetik unterworfenen Zweikämpfe, oder nur eine Ahnung von möglichen Verletzungen. Der Film geht bis zur letzten Konsequenz, und so bleibt manchem der Mund offen. Selbst die Hand vor den Augen ist des Öfteren versprochen.
Immer wieder muss man sich während des Films die Frage stellen, wie Darsteller sich diesen Strapazen aussetzen können. Denn diese physischen Momente sind spürbar, und es wird nicht getan als ob. Letztendlich macht das auch den verdienten Erfolg und das schmerzhafte Vergnügen am Film aus. Weil es Regisseur Evans und seinen herausragenden Darstellern gelingt, durchweg eine schmutzige Realität zu vermitteln. Dies dürfte mit einer der gelungensten Fortsetzungen sein, die das Kino seit langem erfahren durfte. Aber immer im Auge behalten, dass dies kein weichgespültes Prügelabenteuer ist, sondern ungeschönt und ohne Rücksicht inszenierte Gewalt-Action. Und das muss man mögen.
Filme aus dem asiatischen Raum haben immer ein Problem mit deutschen oder amerikanischen Synchronisationen, weil zum Beispiel eine westeuropäische Sprache nie mit dem indonesischen Sprachduktus und seiner daraus resultierenden Mimik einhergehen wird. So wirken die Schauspieler immer überzogen, oder gar künstlich. Wer dies vermeiden möchte, dem sei bei THE RAID 2 die bereits in Amerika erhältliche, oder in England Mitte August erscheinende Blu-Ray empfohlen.
Darsteller: Iko Uwais, Arifin Putra, Tio Pakusadewo, Alex Abbad, Cecep Arif Rahman, Julie Estelle, Very Tri Yulisman u.a.
Regie & Drehbuch: Gareth Evans
Kamera: Matt Flannery, Dimas Imam Subhono
Bildschnitt: Gareth Evans, Andi Novianto
Musik: Joseph Trapanese, Aria Prayogi, Fajar Yuskemal
Produktionsdesign: Tomy Dwi Setyanto
Indonesien-USA / 2013
149 Minuten