DAWN OF THE PLANET OF THE APES – Bundesstart 07.08.2014
Eines muss man den Produzenten lassen, die genau gewusst haben, was sie tun, sie können dem Jahrzehnte alten Stoff tatsächlich neue Aspekte abgewinnen. Das sie sich dabei noch weiter von Pierre Boulles Original-Roman entfernen, als bereits der Reboot-Titel PLANET DER AFFEN: PREVOLUTION, tut dem neu erstarkten Franchise nur allzu gut. Denn trotz der drastischen Abweichungen, bleibt der Kern in aller Konsequenz erhalten. Das Präparat ALZ-113 sollte Menschen mit Alzheimer heilen. Was es wirklich tat, war die Versuchsprimaten erheblich intelligenter zu machen. Für den Menschen hingegen zeigte sich ALZ-113 als tödlicher Virus. Das ausgerechnet Patient Null ein Pilot für Passagierflüge war, machte die Sache für die Menschheit extrem unangenehm. Nur wenige immune Menschen haben überlebt, und sich in den langsam verfallenden Großstädte zusammen gerottet. Damit hat der erste Teil des Reboot einen unersetzlichen Grundstein für eine glaubvolle und nachvollziehbare Fortsetzung gesetzt. Egal ob es eine Fortsetzung geben würde, diese Grundlage allein reichte schon aus, um den Zuschauer ein Bild der Zukunft zu zeichnen. Die Dämmerung einer überlegenen Herrschaft.
Im Mount Tamalpais State Park hat der Schimpanse Caesar als Anführer aller Affenvölker, das Refugium für seine Stämme gefunden. Seit zehn Jahren leben sie von den Menschen unbescholten in den riesigen Wäldern, bauen sich Unterkünfte, und lernen die menschliche Schrift. In einem langen Vorspiel lässt Matt Reeves den Zuschauer an dieser Welt teilhaben, in der nichts aufsehenerregendes passiert, aber anschaulich und spannend vermittelt, wie von Menschen geprägte, weit über ihre eigentliche Intelligenz erhabene Menschaffen leben würden. Gebärdensprache bildet dabei den Grundstock, der die Affen weit über das Niveau normal wildlebender Primaten hebt. Caesar ist ein besonnener, durchaus von Menschen beeinflusster Anführer, der nie vergessen hat, das der Großteil der Menschen auch vernünftig und entgegenkommend sein kann. Während es „Stimmen“ in seinem Lager gibt, die einen sofortigen Kampf gegen die Menschen fordern, um deren Gewaltbereitschaft und Machtansprüche zuvor zu kommen. Zudem hat der Mensch lange nicht vergessen, dass ALZ-113 im Sprachgebrauch auch Affenvirus genannt wurde. Eine menschliche Erfindung also, deren Auswirkungen und Schuld auf eine andere Spezies geschoben wurde.
Zehn Jahre sind vergangen. Die Welt ist in ihren Strukturen auf das einfache Überleben zusammen geschrumpft. Und hier kommt der interessanteste Aspekt der Geschichte zum tragen. Die Menschheit wurde auf ein Minimum reduziert, und einzig deshalb haben sie die Konfrontation mit den Affen gemieden. Denn niemand mag die Macht, oder Übermacht der in den Wäldern lebenden Affen einzuschätzen. Hier beginnt etwas, das man nicht unbedingt Zivilisationskritik nennen sollte, aber doch einen scharfen Blick auf die Gemütsfassung von Völkergruppen wirft, die grundsätzlich ihre eigenen Interessen in den Vordergrund stellen. Egal wie irrational sie einem Außenstehenden vorkommen mögen. An dieser Stelle funktioniert Science Fiction am besten, wenn die Handlung einen Bezug zu aktuellen Ereignissen herstellen kann, ohne diese zwanghaft als Metapher aufdrücken zu wollen. Und wirft man nach REVOLUTION einen Blick in die Tageszeitungen, reflektiert der Film sehr viel, aber auch sehr unaufdringlich von unserem wirklichen Weltgeschehen. Auch hier zeigt sich der Film als Novum, gerade im Science-Fiction-Genre. Wurde im ersten Teil noch der Mensch eindeutig, und zu Recht, als das schwarze Schaf in der Herde präsentiert, beginnt mit REVOLUTION eine sachte Wendung. Denn der Affe hat tatsächlich zuviel vom Vorbild Mensch gelernt, und das bedeutet Misstrauen. So wäre eine logische Konsequenz, dem Rest an überlebenden Menschen zuvor zu kommen, bevor diese wiederrum einer angehenden Gefahr von Seiten der Affen vorbeugen wollen.
Caesar glaubt an die Menschen. Er ist ein vernünftiger Anführer, einer, der nicht nur Affe ist, sondern auch Menschen versteht. Diese ständige Auseinandersetzung, die er mit sich selbst führt, ist Dreh- und Angelpunkt der übergreifenden Handlung. Während man die zu ehrenden Absichten von Affen Caesar und dem vermittelnden Menschen Malcolm glaubhaft macht, wirken im Hintergrund in beider Lager destruktive Kräfte die jeden gegen den andern aufbringen. Ein altes Los in der Menschheits- und nun auch Affengeschichte. Ein Los, das Rick Jaffa und Amanda Silver durchaus durchschaut haben und zu nutzen verstanden. Jaffa und Silver sind nicht einfach nur die Produzenten dieses erfolgreichen Reboots, sondern auch die Drehbuchschreiber von Teil eins PREVOLUTION, und mit Unterstützung von Mark Bombach, die Autoren von REVOLUTION. Dies lässt vermuten, dass der als ohne zusätzliche Namensgimmick angekündigte PLANET DER AFFEN ein von langer Hand vorbereitetes Kino-Epos werden wird, welches ohne fadenscheinige Erklärungen und an den Haaren herbeigezogene Handlungselemente, eine ernst zu nehmende, glaubwürdige Weiterführungen zeigen könnte.
Technisch gesehen ist PLANET DER AFFEN – REVOLUTION Vorzeige-Kino der besten Güte. Optisch fällt sofort auf, das in 3D gedreht wurde, und eine Konvertierung dem Zuschauer erspart blieb. Allerdings hat Kameramann Michael Seresin nicht sehr viel mit dem Medium anfangen können. Der Unterschied zwischen real gedrehten und konvertiertem 3D ist enorm, was viele Studios noch immer nicht zu begreifen scheinen. Es gibt in REVOLUTION Szenen, bei denen der Effekt der räumlichen Stereoskopie durchaus ihren Reiz entfaltet. Wenn zum Beispiel Affen von der zerstörten Golden Gate Bridge auf das verlassene San Francisco blicken. Doch im weiteren Verlauf der Handlung, wird 3D zum simplen Versatzstück, welches nur dem reinen Geldgewinn unterworfen scheint. Als geneigter Zuschauer muss man jederzeit, und zwangsläufig hinterfragen, warum das Medium 3D derart populär im Marketing vertreten wird. Letztendlich gibt es nur sehr wenig Filme, die in ihrer Umsetzung den Einsatz von 3D rechtfertigen. REVOLUTION kann es am Ende dann auch nicht, obwohl er stetig seine Bemühungen präsentiert.
Was aber REVOLUTIONS hervorragend demonstriert, ist die perfekte Integration von photorealistischer 3D-Computer-Graphik mit Live-Action-Material. In keiner Sekunde des Films erlauben sich die Effekte, sich als solche zu erkennen zu geben. Obwohl man weiß welche Figuren und Sequenzen den Einsatz des Computers bemüht haben mussten, ist ihre Umsetzung so überzeugend, das jeder Gedanke an Tricks und Effekte sofort schwindet. Zudem ist auch die Geschichte einnehmend genug, um das Publikum an das eigentliche Geschehen zu binden, und es nicht im Gedanken abschweifen zu lassen. Da es allerdings keinen perfekten Film gibt, haben sich auch bei REVOLUTION diese kleinen Macken eingeschlichen, die nicht wirklich rund laufen. So wäre es ohne weitere möglich gewesen, die Sätze der Affen noch weiter zu kürzen und dennoch verständlich zu halten. Zudem laufen viele der Affen definitiv zu viel aufrecht, gerade wenn sie sich schneller fortbewegen müssen. Die den Showdown auslösende Sequenz mit Gary Oldmans Charakter wirkt etwas zu aufgesetzt, zu wenig inspiriert.
Atmosphärisch ist der Ton gegenüber dem Vorgänger weit düsterer. REVOLUTION folgt also keinem Rezept, um einen Erfolg zu kopieren und wiederholen. Und das ist sehr angenehm, weil man sich als Zuschauer nicht betrogen fühlt. Rick Jaffa und Amanda Silver könnte es gelingen, mit Abschluss des nächsten Filmes, wieder einmal eine nahezu perfekte Trilogie geschaffen zu haben, die den Glauben an das Kino erneut stärken würde. Jeder Film kann für sich allein stehen, bilden aber zusammen eine sich ergänzende Einheit. Das könnte ihnen gelingen. Das Schicksal von Affe und Mensch hängt am sogenannten seidenen Faden. Und das auch Teil Drei erst einige Jahre später in der Geschichte einsteigen könnte, macht die Sache noch viel spannender. War man in der Erwartungshaltung gegenüber REVOLUTION noch sehr unsicher, überzeugt er dann doch in allen künstlerischen und technischen Belangen, um die nächste Installation gerade zu herbei zu beschwören.
Darsteller: Andy Sirkis, Jason Clarke, Gary Oldman, Keri Russell, Toby Kebell, Kodi Smit-McPhee, Kirk Acevedo, Nick Thurston u.a.
Regie: Matt Reeves
Drehbuch: Mark Bomback, Rick Jaffa, Amanda Silver
Kamera: Michael Seresin
Bildschnitt: William Hoy, Stan Salfas
Musik: Michael Giacchino
Produktionsdesign: James Chinlund
USA / 2014
130 Minuten