MINDSCAPE – Bundesstart 03.07.2014
Obwohl MINDSCAPE von StudioCanal vertrieben wird, stellt StudioCanal kein Werbematerial auf seinem Presseserver zur Verfügung. Aus unerfindlichen Gründen gibt es kaum Kinos, die MINDSCAPE im Programm haben. Über Amazon ist der Film längst als Import lediglich in englischer und spanischer Sprachfassung erhältlich.
Erinnerungsdetektive haben den Lügendetektor noch nicht abgelöst, finden aber immer mehr Beachtung. Menschen mit dieser Begabung, wie John Washington, können durch Berührung an den Erinnerungen ihres Gegenübers teilhaben, diese dann unvorbelastet analysieren und auswerten. Nach einem Trauma, und zwei Jahren Pause, soll John Washington erst einmal mit einem einfachen Fall wie der jungen Anna beginnen. Ist Anna wirklich eine Soziopathin, und wollte drei Mitschülerinnen umbringen, oder ist sie selbst Opfer eines Kindheitstraumas. „Ich bin keine Soziopathin,“ sagt Anna bei ihrer ersten Begegnung, „aber ich habe die Fähigkeit wie eine zu denken.“
Das Paar Martha und Guy Holmes hat einen sehr cleveren Thriller geschrieben, den Jorge Dorado mit eher leisen Tönen inszeniert hat. Dorado hat sich hauptsächlich als Regie-Assistent oder Regisseur des Zweiten Stabes im spanischen Kino herum getrieben. Sein Stil bei diesem Spielfilm-Debüt atmet sofort die Atmosphäre, für welche die Spanier gerade beim Genre-Publikum so beliebt sind. Immer sehr nahe am Mainstream, und doch sehr eigenwillig in Bildsprachen, Lichttechnik, oder Charakterzeichnung.
Das raffinierte in MINDSCAPEs Erzählstruktur, ist die vollkommene Verweigerung von Auflösung für den Hauptprotagonisten, sowie den Zuschauer. Der Film könnte sich jederzeit in jedwede Richtung entwickeln. Ob Drama, oder Thriller, ob Horror, oder Krimi, in der ersten Stunde bleibt jede Erklärung außen vor. Das ist unheimlich spannend, weil jede neue Spur, der Washington im Fall von Anna nachgeht, wieder etwas vollkommen anderes bedeuten könnte. Erst in den letzten 30 Minuten glaubt man, es würde sich in eine bestimmte Richtung verdichten. Doch dann macht der Film noch einmal eine Wendung, welche sehr überrascht, aber im nachhinein betrachtet, wiederrum so kommen musste.
Was das Drehbuch etwas vernachlässigt, sind die Nebenfiguren, welche mit Brian Cox, Indira Varma, Saskia Reeves und Richard Dillane sehr stark besetzt sind. Dafür sind die Charaktere von Taissa Farmiga und Mark Strong besonders intensiv umgesetzt. Erfreulich vor allem für Mark Strong, der endlich einmal als Guter alleine einen Film tragen darf, und das mit einnehmender Präsenz. Allerdings steht Taissa Farmiga als undurchsichtige Anna nicht viel weiter hinten an. Die Paarung ist wohl der gelungenste Punkt, in Produktion und Inszenierung von MINDSCAPE. Ein Film der sich einer wirklichen Kategorisierung entzieht, und gerade damit sein volles Potential entfaltet. Sicherlich gibt es weit ausgeklügeltere Drehbücher, und aufwendiger produzierte Filme, die Ideen um Gedanken-Manipulation und Psychoanalyse ausspielten. Aber MINDSCAPE ist deswegen noch lange kein Film, der sich wegen irgendetwas verstecken müsste. Intensives Spannungskino, das mit ruhigeren Momenten überzeugen kann. Und einer fantastischen Protagonisten-Paarung.
Darsteller: Mark Strong, Taissa Farmiga, Saskia Reeves, Brian Cox, Indira Varma, Richard Dillane, Noah Taylor u.a.
Regie: Jorge Dorado
Drehbuch: Martha Holmes, Guy Holmes
Kamera: Óscar Faura
Bildschnitt: Jaime Valdueza
Musik: Lucas Vidal
Produktionsdesign Alain Bainée
Frankreich-Spanien-USA / 2013
99 Minuten