LONE SURVIVOR – Bundesstart 20.03.2014
Man fragt sich bei Action-Filmen immer, wie es der Held nur schafft, Abhänge hinab zu stürzen, auf Fels zu prallen, und gegen Bäume zu schlagen. LONE SURVIVOR zeigt, dass er es nicht schafft. Was Regisseur Peter Berg hier vollbringt, ist nicht einfach nur eine Geschichte zu zeigen, sondern die Erlebnisse im wahrsten Sinne des Wortes spüren zu lassen. LONE SURVIVOR ist, mit PRIVATE RYAN und HURT LOCKER, einer der eindringlichsten Kriegsfilme die man bisher zu sehen bekam. Brutal, schockierend und in gewisser Weise rücksichtslos. Sich selbst bewirbt der Film mit der Schlagzeile ’nach wahren Taten aus Tapferkeit‘, und die wahren Begebenheiten seien ihm nicht genommen. Regisseur und Autor Berg hat kaum etwas an der Geschichte von Marcus Luttrell geändert, minimale Abweichungen, die ohne Belang sind. Doch anstelle von Tapferkeit, bietet sich dem Zuschauer ein Szenario des blanken Überlebenswille. Und Angst, sehr viel Angst. Berg hat mit THE KINGDOM schon einmal einen eindringlichen Kriegsfilm gedreht, aber hier geht er massive Schritte weiter. Nicht sehen, sondern fühlen.
2005 soll in Afghanistan ein Team der Navy Seals, in der Operation Red Wings, den Taliban-Anführer Ahmad Shah ausschalten. Das vier Mann starke Team bereitet die Operation professionell vor, und sieht sich so von einem Bergrücken aus auch sehr schnell dem unwissenden Shah gegenüber. Zwei Scharfschützen, ein Funker und ein Teamleiter. Eine fast perfekte Operation, wenn nicht eine Herde Ziegen mit ihren drei Hirten den Weg der Seals kreuzen würden. Die Einsatzregeln sehen vor, die Hirte laufen zu lassen und die Operation als gefährdet abzubrechen. Doch einer der drei Afghanen ist schneller im beobachteten Dorf, als es sich die Amerikanern vorstellen können. Und nur eine Stunde später sind die vier Navy Seals, im unwegsamen Gelände, mit einer Vielzahl von Taliban-Kämpfern konfrontiert. An diesem Punkt ist der Film bei der 45-Minuten-Marke, und erst eine Stunde später wird das Gemetzel vorbei sein.
Doch die wirklich große Kunst in Bergs Regie, ist der Weg zu seinem 60-minütigen Showdown. Marcus Luttrell, Michael Murphy, Danny Dietz und Matt Axelson wirken anfänglich wie alte College-Kumpel. Diese Vertrautheit untereinander, ihr flapsiger Umgang, aber auch ein merklicher Respekt zueinander, der bringt den Zuschauer auf eine reale Ebene mit den Figuren. Und nur diese menschliche Seite, hebt diesen Film von ähnlich gelagerten Helden-Epen weit ab. Auch wenn sie die berüchtigten Navy Seals sind, bleiben sie dennoch reale, weil greifbare Männer. Erst nach und nach wird die Spannungsschraube immer fester gezogen. Dann kommen langsam die Merkmale der harten Kerle an die Oberfläche. Der Auftrag, die Vorbereitungen, die Mission. Langsam verkehrt sich die Kumpelei in dienstbeflissenes Armee-Gehorsam. Doch Peter Berg macht aus ihnen niemals die übereifrigen Hurra-Patrioten. Es bleiben Kerle, die ihren Job gelernt haben, und diesen auch in aller Professionalität ausführen. Ein verstörender Titelvorspann zeigt mit Archivmaterial, wie brutal die Ausbildung zu einem Seal tatsächlich ist. Und der einstündige Kampf selbst, lässt keinen Zweifel, dass Krieg etwas Grausames, und dabei kein Platz für Helden ist.
Dieser Film wird nicht umher kommen, sich ungerechtfertigter Kritik aussetzen zu müssen. Besonders in Deutschland sind sogenannte Kritiker ja bekannt dafür, Filme als hanebüchene Propaganda zu deklarieren, sobald heldenhafte US-Soldaten die Hauptrolle spielen. Das ist unbedacht und fragwürdig. Jeder Kritiker, der ausgerechnet diesem Film unverhohlenem Patriotismus vorwirft, hat seinen Job verfehlt, oder den Film nicht gesehen. Aber es schreit sich immer ganz leicht, weil Amerikaner sich leichter tun, ihre Geschichten zu erzählen, und den Kämpfern damit auch Tribut zollen. In Europa und besonders Deutschland, umgeht man aus unerfindlichen Gründen diese Möglichkeiten. Und man kann sicher sein, dass die Geschichten da draußen sind. Nicht die Heldentaten, sondern die unschöne, unverblümte Realität.
Darsteller: Mark Wahlberg, Taylor Kitsch, Emile Hirsch, Ben Foster, Yousuf Azami, Ali Suliman, Eric Bana, Alexander Ludwig, Rich Ting Dan Bilzerian u.a.
Regie: Peter Berg
Drehbuch: Peter Berg, nach Marcus Luttrell & Patrick Robinson
Kamera: Tobias A. Schliessler
Bildschnitt: Colby Parker Jr.
Musik: Expolsions in the Sky, Steve Jablonsky
Produktionsdesign: Tom Duffield
USA / 2013
zirka 121 Minuten