ENDLESS LOVE – Bundesstart 27.03.2014
Chick Flicks sind diese ganz gefährlich Art von Filmen, die Männer wirklich das Fürchten lehren. Nicht grundsätzlich, sondern weil man nie weiß, was einem am Ende wirklich erwartet. Filme, die auf ein weibliches Publikum zugeschnitten sind, sich meist um Liebe und Romantik drehen, dass sind meistens die Zugeständnisse, um als Mann beim nächsten Kinobesuch wieder guten Gewissens eine Marvel-Produktion auszuwählen. Populärste Beispiele, dass Chick Flicks auch Geschlechter übergreifend ansprechen, dürften PRETTY WOMAN oder SCHLAFLOS IN SEATTLE sein. Aber ENDLESS LOVE tentiert ganz eindeutig in eine ganz andere Richtung.
Die gut situierte, aber sehr scheue Jade und der unterprivilegierte, aber draufgängerische David lernen sich nach ihrem gemeinsamen High-School-Abschluss kennen. Es ist Liebe auf den ersten Blick. Unter Davids Einfluss blüht das introvertierte Mädchen richtig auf, und gewinnt ihren ersten richtigen Freundeskreis unter Davids Bekannten. Jades Bruder Keith unterstützt begeistert diese Beziehung, lediglich Vater Hugh Butterfield blickt argwöhnisch auf David herab. Auf die Einhaltung sozialer Standesunterschiede legt er als angesehener Kardiologe viel wert. Das David nach den Ferien nicht auf die Universität will, trotz hervorragender Noten, sondern lieber in der Autowerkstatt seines Vaters arbeiten möchte, bestärkt Hugh Butterfield nur in seinem Ansinnen, dass David gar nicht der Richtige für seine Tochter sein kann. Während dessen genießen die Liebenden ihre Ferienzeit. Doch wie junge, übermütige Menschen so sind, bringen sie sich schnell in eine unangenehme Situation. Das ist die Chance für Jades Vater, die beiden per Einstweiliger Verfügung endgültig voneinander fern zu halten.
Hört man den Titel, dann denken nicht einmal die älteren Kinogänger an diesen einen Film, wo Brooke Shields einmal mitspielte. Geschweige denn, es würde ihnen der Name Franco Zeffirelli dazu einfallen. Was von früher geblieben ist, sind die einschmeichelnden Töne von Diana Ross und Lionel Richie des gleichnamigen, mit einem Oscar nominierten Liedes. Zwei Generationen an Kinogängern sind seitdem verstrichen. Selbst nach so langer Zeit, bleibt die Frage offen, warum ausgerechnet dieser Film für ein neues Publikum neu interpretiert werden musste. Regisseurin und Autorin Shana Feste hat in einem Interview beteuert, dass ihr Film kein Remake von Franco Zeffirellis Kitsch-Parade sei, sondern eine neue Aufarbeitung der Buchvorlage von Scott Spencer. Ist schon die Filmfassung von 1981 in entscheidenden Punkten von der Vorlage abgewichen, hat Shana Festes nur noch sehr dünne Eckpfeiler aus dem Buch übernommen. Schlimmer noch, sie hat den eigentlichen Kern der Geschichte heraus genommen, und unbeachtet verworfen.
Technisch kann sich der Film nichts vorwerfen. Die Kameraarbeit ist unverspielt, aber solide. Andrew Dunn ist einfach der klassischen Auflösung gefolgt. Maryann Brandon tut es im Schnitt gleich. Keine Eigenwilligkeiten, das Feld soll einfach auf die Geschichte und den Figuren konzentriert bleiben. Auch Shana Feste hält sich in ihrem Erzählrhythmus an die typische Drei-Akt-Struktur, mit nach dem Buch gesetzten Plot-Points, inklusive Minuten genauen Set-Up, Konfrontation und Auflösung. Das mag alles in Ordnung sein, den Zweck erfüllen, und sogar für eine griffige Bindung des Zuschauers sorgen, solange die Geschichte stimmen würde. Und hier hat Feste und ihr Film ein gewaltiges Problem, weil die Geschichte überhaupt nicht stimmt. Junge gewinnt Mädchen, junge verliert Mädchen, Junge gewinnt Mädchen zurück. So einfach kann es durchaus sein. Doch das Drehbuch gibt überhaupt nichts her, woran man sich als Zuschauer emotional führen lassen könnte. Schmachtende Blicke reichen wahrlich nicht aus, eine unzerstörbare Liebe auf die Leinwand zu bringen. Es fehlen Substanz, und die ehrlichen Konflikte. Die Konflikte in der Handlung, zumindest wie Faste sie inszeniert, sind merklich um der Dramaturgie willen eingebaut, und entbehren jeder Glaubwürdigkeit. Die Sache mit der Reparatur des Wagen von Jades toten Bruder, oder der gegenseitige Heldenakt von David und Vater Hugh im Showdown, sind nur zwei Beispiele, wie ungelenk Konflikte vorhersehbar angedeutet, vorbereitet und umgesetzt wurden. Wie schon zu Anfang der Szenen-Aufbau mit dem Maserati-Fahrer, der David und seinen Kumpel beim Parkservice so offensichtlich schlecht behandelt, dass die Konsequenz für den Wagen so nahe liegend ist, dass es jeder Beschreibung spottet.
Schließlich gibt es eine prekäre Szene, die Ausgangspunkt für einen greifbaren Konflikt sein könnte. David wird unfreiwillig Zeuge, wie Jades Vater etwas wirklich Dummes tut. Doch diese Situation wird weder weiter verfolgt, noch irgendwie aufgelöst. Im Grunde fehlen in Festes Umsetzung genau diese dunklen Momente, mit denen Scott Spencer seine Auffassung von endloser Liebe untermauert hat. Eine eigentlich selbstzerstörerische Liebe. Davids Vergangenheit, sein späterer Aufenthalt in einer Nervenheilanstalt, wie Jade einen anderen heiratet, oder David den Rest seines Lebens mit unbedeutenden Affären verbringt, sind die Merkmale ver Buchvorlage. In dieser Adaption wird die Bedeutung einer endlosen Liebe, die gleichbedeutend mit einer pathologischen Obsession sein könnte, auf eine weichgespülte Unvernunft zweier Jugendlicher herunter gebrochen. Und das dazu in sehr inkonsequenter Umsetzung. So ist es ausgerechnet Jade, die am Ende des Films den Zuschauer in pathetischen Worten aufklärt, dass diese eine Liebe, die Liebe ist, für die man wirklich kämpfen sollte. Aber gerade Jade ist es, die im vorangegangenen Verlauf überhaupt nichts für diese Liebe tut. Schlimmer noch, sie tröstet sich ungerührt mit einem neuen Freund.
Fehlt es der Inszenierung an Tiefe, Handlung und Dramaturgie, fehlen dem Film im Gesamten bindende Darsteller. Durchaus mögen Gabriella Wilde und Alex Pettyfer ansehnliche Menschen sein, die optisch einem gewissen Ideal entsprechen. Aber beiden fehlt nicht nur die Präsenz, als Charaktere den Zuschauer zu überzeugen, sondern auch die Chemie, um als Gefangene ihrer gegenseitigen Gefühle zu überzeugen. Lediglich Bruce Greenwood kann sich als wahnhaft beschützender Hugh Butterfield behaupten, aber natürlich fehlt auch ihm eine solidere Basis in Handlung und Dramaturgie, um als glaubwürdige Figur zu bestehen. Joely Richardson und Robert Patrick hingegen, werden als schmückendes Beiwerk vertan, die weit unter ihren Möglichkeiten abgehandelt werden. Rhys Wakefield als Jades Bruder erweckt immer wieder den Eindruck, als würde da noch wesentlich mehr in ihm schlummern, dass eigentlich darstellerisch freigelassen werden möchte. Aber so ist das mit Chick-Flicks, wo man nie wirklich weiß, was man am Ende bekommt. Eine Geschichte kann noch so banal sein, letztendlich machen es die Zutaten und die Umsetzung. Genügend vorbildliche Beispiele gibt es, aber ENDLESS LOVE schießt weit an diesen Vorbildern vorbei. Dieser Film ist so schmerzlich auf eine einfache Formel reduziert, dass er selbst seinem jugendlichen Zielpublikum nicht gerecht werden kann.
Darsteller: Alex Pettyfer, Gabriella Wilde, Bruce Grennwood, Joely Richardson, Robert Patrick, Rhys Wakefield, Dayo Okeniyi, Emma Rigby, Anna Enger u.v.a.
Regie: Shana Feste
Drehbuch: Shana Feste, Joshua Safran, nach dem Buch von Scott Spencer
Kamera: Andrew Dunn
Bildschnitt: Maryann Brandon
Musik: Christophe Beck
Produktionsdesign: Clay A. Griffith
USA / 2014
zirka 104 Minuten