In unregelmäßigen Abständen werden hier Filme für das Wochenende vorgestellt, die vielleicht die ein oder andere Erinnerung wecken, oder als Inspiration für einen gemütlichen Abend dienen können. Wie der Titel der Reihe schon andeutet, werden hier selten kulturhistorische Filme besprochen, sondern Werke, die ihre Berechtigung dort fanden, wo das Autokino seiner Bestimmung nachging.
MEGAFORCE – Deutschlandstart 29.07.1982
Von einem Film, wo die Figuren Namen wie Ace, Dallas, Sixkiller, oder Duke tragen, da kann man nur das Beste erwarten. Als die erste Vorschau von Megaforce in den Kinos gezeigt wurde, da konnte man nur das Beste vom Besten im Action-Kino erhoffen. Umgebaute Strandbuggys, modifizierte Motorräder, und echt abgebrühte Helden. Panzer waren zu sehen, und jede Menge Explosionen. Nach dem AUSGEKOCHTEN SCHLITZOHR und dem Cannonball-Rennen auf dem HIGHWAY, war Stuntman und Regisseur Hal Needham Garant für nicht zimperliche Auto-Verschrottung. MEGAFORCE versprach da viel weiter zu gehen. Es ist 1982, und was an optisch aufsehenerregenden Filmen den Markt beherrscht ist STAR WARS oder INDIANA JONES. Und dann kommt eine militärische Spezialeinheit, mit dem modernsten Arsenal verfügbar, nur darauf ausgelegt, es filmisch wirklich krachen zu lassen. Das U.S.-Militär wollte Needham bei seinem Film nicht unterstützen, war allerdings nach der Kinoauswertung sehr an den Konstruktionszeichnungen der im Film gezeigten Waffen interessiert. Was MEGAFORCE erreicht hat, dass wenigstens das Militär an dem Film Gefallen fand. Die zahlenden Zuschauer bestimmt nicht.
Megaforce ist eine geheime Elite-Einheit der vereinten Staaten der freien Welt. Schon allein die Bezeichnung der „freien Welt“ ist beschmunzelnswert. Megaforce kämpft also gegen das Böse in der nicht freien Welt. Die offiziellen Armee-Einheiten haben ihre Grenzen, und können demnach widerrechtlichen Despoten nicht Einhalt gebieten. Dafür gibt es Megaforce. Die machen was sie wollen, weil sie geheim und von der freien Welt zusammengestellt sind. Das macht Sinn. Und demnach spielt MEGAFORCE nicht in einer besiedelten Welt, sondern in irgendwelchen sandigen Staaten, die weder Gebäude, noch die Infrastruktur für eine plausible Auseinandersetzung bieten. MEGAFORCE ist ein inszenatorischer Witz, weil er weder sein Konzept, noch den Zuschauer ernst nimmt.
MEGAFORCE hat keinen coolen Burt Reynolds mit Schnauzbart und Cowboyhut. MEGAFORCE hat Michael Beck mit Cowboyhut und Sprüchen, die bei Burt Reynolds schon überholt waren. MEGAFORCE hat keine Farrah Fawcett-Majors, die im engsten Kostüm über den Highway rauscht. MEGAFORCE hat Barry Bostwick, der im engsten Polyester-Overall Sprüche reißt, die wahrscheinlich aus dem Highway-Drehbuch geflogen sind. Alles in MEGAFORCE schreit nach den Achtzigern. Eine nahe Zukunft sieht also so aus, als hätten sich die beschämenden Moden nicht vertreiben lassen. MEGAFORCE hat überhaupt keine Momente, die eine Zukunft vermuten lassen. Weder in Sprache, noch in Ausstattung, noch in Mode. Diese Mode. Muss es den wirklich ein Stirnband für den Hauptdarsteller sein? Und geht es in der Zukunft wirklich darum, Frauen wieder zurück ins Heim zu drängen. Oder wie ist zu erklären, dass sich ein weiblicher Major, tatsächlich Major, nur für Megaforce qualifizieren kann, wenn sie einen Fallschirmsprung absolviert.
Wenn man alles etwas zurück fährt, und sich auf die Kernkompetenz im Leben von Hal Needham beschränkt, dann müsste ein Film bleiben, der durch überzogene Schauwerte überzeugt. Warum Needham ausgerechnet bei MEGAFORCE nicht die Stunt-Arbeit übernahm, ist unverständlich. Auf alle Fälle hätte es dem Film nicht mehr geschadet, als das, was Bobby Bass als Stunt-Coordinator auf die Leinwand bringt. Das spektakulärste ist ein Motorrad, das über zwei Fahrzeuge springt und der Fahrer dabei eine Handgranate nach unten wirft. Ansonsten wiederholen sich viele Male Motorräder, die nur auf dem Hinterrad fahren, oder Buggys, die über nicht sichtbare Barrikaden springen. Keine der sogenannten Action-Sequenzen zeigt eine Linie, oder scheint irgendwie koordiniert. Wahllos werden Explosionen eingestreut, fahren Kampfmaschinen hin und her, rattern irgendwelche Waffen. Dazu jodelt ein Soundtrack von Jerrold Immel, der wie eine Persiflage auf Fernseh-Titelmelodien aus den Siebzigern klingt.
Und dann gibt es noch Spezialeffekte mit dem frischen Introvision-Verfahren, welches Effekte erstmals bereits bei den Dreharbeiten zusammenführt, und die Resultate schon vor Ort sichtbar machen, ohne die sonst Tage dauernden Nachbearbeitungen abwarten zu müssen. Doch was MEGAFORCE an sogenannten Spezialeffekten zeigt, ist für das Auge blanker Wahnsinn. Eine Katastrophe, wie sie kein anderer Film in dieser Form zustande brachte. Wer zum Vergleich den zwei Jahre vorher entstandenen OUTLAND mit Introvision-Verfahren ansieht, der sieht sofort, wie dilettantisch die Leute bei MEGAFORCE an ihren Möglichkeiten vorbei gearbeitet haben.
Doch das wirklich ärgerliche an MEGAFORCE ist nicht die Inkompetenz in den einzelnen Fachgebieten, sondern das er in allen seinen Fachgebieten versagt, und nichts, aber auch wirklich nichts zusammen passt. Den Höhepunkt erreicht MEGAFORCE, wenn sich im Showdown zwei dreißig Zentimeter lange Flügel aus dem Motorrad klappen, und dieses in den Himmel aufsteigt. Hier gibt uns der Film den ersten ernsthaften Blick in die Zukunft. Und in dieser Zukunft ist alles möglich. Leider auch weitere Filme dieser Art.
Darsteller: Barry Bostwick, Michael Beck, Persis Khambatta, Edward Mulhare, George Furth, Henry Silva, Evan C. Kim, Ralph Wilcox, Mike Kulcsar u.a.
Regie: Hal Needham
Drehbuch: James Whittaker, Albert Ruddy, Hal Needham, Andre Morgan
Kamera: Michael C. Butler
Bildschnitt: Patrick Roark, Skip Schoolnik
Musik: Jerrold Immel
Produktionsdesign: Joel Schiller
USA / 1982
99 Minuten