DOLPHIN TALE 2 – Bundesstart 09.10.2014
Immerhin hat MEIN FREUND, DER DELFIN in Amerika über 72 Millionen Dollar eingespielt. Solide inszeniert, gut gespielt, und einer der wirklich besseren Familienfilme. Eine Fortsetzung war da nicht unbedingt zu erwarten, schließlich war die Geschichte um Delfindame Winter erzählt, die mit einer Flossenprothese zu überleben lernte. Doch Schauspieler, Drehbuchautor und Regisseur Charles Martin Smith scheint das Thema nicht losgelassen zu haben, und er verfasste eine weitere Geschichte um Winter. Und wie man den authentischen Abspannbildern später entnehmen kann, beruhen zumindest einige der im Film gezeigten Sequenzen auf Tatsachen. Gab es vor zwei Jahren noch einen Aufschrei sämtlicher Tierschutzorganisationen, ein Film wie dieser, würde die Akzeptanz gegenüber gefangenen und zur Schau gestellten Delfinen nur fördern, geht Charles Martin Smith in diesem Teil energischer gegen diese Vorwürfe an. In einer zentralen Szene, die erneut über Winters Schicksal entscheidet, geht es explizit darum, dass das Clearwater Marine Aquarium Tiere rettet, sie pflegt, und schließlich wieder frei lässt. Diese Sequenz, die durch einen Konflikt zwischen dem Leiter Dr. Clay Haskett und seiner Tochter Hazel auslöst wird, ist allerdings eine der weniger überzeugenden Szenen. Hier verrennt sich der Filmautor zu sehr in unschlüssige Charakterzeichnung, um dem Grundanliegen dienlich zu sein.
Sawyer Nelson, Finder und Retter von Delfin Winter, ist mittlerweile fester Mitarbeiter im Clearwater Marine Aquarium. Seine Mutter und der Bruder unterstützen ihn, wie sie können, doch seinen wahren Weg hat Sawyer eigentlich noch nicht gefunden. Das Angebot einer großen Universität mit einem Stipendium für Meeresbiologie ist nicht nur eine ebenso große Ehre, sondern auch ein sehr verlockendes Angebot. Aber Sawyer müsste dann Winter alleine lassen. Was das Meeressäugetier vielleicht leichter verkraften könnte, doch Sawyer ist eben noch ein Teenager. Und Teenager finden für alles eine Ausrede, finden den Weg des geringsten Widerstandes am bequemsten. Doch dann stirbt Delfin Panama an Altersschwäche. Panama war sozusagen Winters Ziehmutter, und Winter wäre somit alleine im Aquarium, was gegen die Haltungsbestimmungen verstoßen würde. Der gerade gefundene und in Behandlung befindliche Delfin Mandy, soll nach Genesung wieder in Freiheit entlassen werden, und hier setzt der Konflikt an, der die Glaubwürdigkeit des gesamten Szenarios etwas auseinander reißt. Winter braucht mindestens einen Partner, weil sie sonst in ein anderes Delfinarium mit weiteren Delfinen verlegt werden müsste, wie es die Bestimmungen verheißen. Die gerade einmal fünfzehnjährige Hazel, die ständig so selbstständig und erfahren inszeniert wird, zeigt sich dahingehend sehr uneinsichtig, dass die verletzte Mandy wieder entlassen werden soll. Natürlich geht es darum, dass Winter mindestens eine Partnerin braucht, aber Hazel sollte nach ihrem Charakter eigentlich genau wissen, worum es geht, und nicht emotional reagieren.
Und Emotionen sind das, was den ersten Film so interessant machte. Denn auch Rationalität hat mit Emotionen zu tun. Gerade das war so spannend an Teil Eins, der rational die Verhaltensmuster von wilden Tieren umsetzte. Der Delfin wurde einfach nicht vermenschlicht, und durfte ein animalisches Individuum bleiben. Einer der stärksten Argumente für MEIN FREUND, DER DELFIN. Bei Teil Zwei schwingt immer so leicht das Gefühl mit, als wollte Charles Martin Smith diese strikte Trennung gerne aufheben. War Nummer Eins ein ernst zu nehmender weil realistischer Familienfilm, glaubt man immer wieder im zweiten Teil diese Gefälligkeit zu erkennen, die Verhältnisse zwischen Mensch und Tier der Verniedlichung anpassen zu wollen.
Darstellerisch muss man eigentlich auch ein wenig ins Gericht gehen. Denn ein hervorragender Harry Connick Jr., wirkt hier wie ein aufgestellter Pappkamerad. Sein Spiel ist entgegen seiner Möglichkeiten sehr hölzern und extrem unterfordert. Teilweise glaubt man einen reinen Stichwortgeber inszeniert zu sehen. Und dann Cozi Zuehlsdorff, die im ersten Teil noch niedlich war, und sich zwei Jahre später so präsentiert, als hätte sie kein Talent. Gerade ihr Charakter ist das verbindende Glied zwischen anderen Figuren und dem Handlungsverlauf. Und Charles Martin Smith hat es nicht geschafft, Zuehlsdorff glaubwürdig zu inszenieren.
Als unsicherer Teenager ist Nathan Gamble als Sawyer Nelson hervorragend besetzt. Doch DOLPHIN TALE 2 hakt dafür an einigen anderen Fronten. Morgan Freeman scheint nur anwesend, um nur anwesend zu sein. Natürlich gibt er dem Hauptcharakter entscheidende Lösungen in Lebensfragen, wirkt dabei allerdings ein wenig zu aufgesetzt, nach dem Motto, hier spricht Morgan Freeman. Ashley Judd lächelt ein paar mal kokett, und ist damit auch für die Dramaturgie des Films durch. Charles Martin Smith mag ein interessantes Anliegen mit seinen Filmen um den Delfin Winter haben, doch hat er dies in diesem zweiten Teil zugunsten der emotionalen Anbiederung verloren. Die Ehrlichkeit scheint irgendwo dahin zu sein.
Wenn jemand Filme über Delfine in Gefangenschaft macht, dann muss er ein Anliegen haben. Charles Martin Smith ist ein ebenso überzeugender Darsteller, wie passionierter Regisseur. DOLPHIN TALE 2 ist ihm dabei allerdings etwas entglitten. Das liegt ganz offensichtlich daran, dass dieser Film weit Familie orientierter sein möchte, als sein Vorgänger. Aber genau das war sein Fehler. DOLPHIN TALE war ein Erfolg, weil er sich eben nicht um Konventionen und Klischees kümmerte. DOLPHIN TALE 2 hingegen, ist ein Paradebeispiel, wie man gefällige Familienfilme inszeniert, ohne dabei das Besondere bemühen zu müssen.
Darsteller: Nathan Gamble, Cozi Zuehlsdorff, Morgan Freeman, Ashley Judd, Harry Connick Jr., Kris Kristofferson, Bethany Hamilton u.a.
Regie & Drehbuch: Charles Martin Smith
Kamera: Daryn Okada
Bildschnitt: Harvey Rosenstock
Musik: Rachel Portman
Produktionsdesign: David J. Bomba
USA / 2014
107 Minuten