DEN HIMMEL GIBTS ECHT

HEAVEN IS FOR REAL – 06.11.2014

Heaven-is-real-1, Copyright Sony Pictures ReleasingNach einer heftigen Lebensmittelvergiftung, befällt den vierjährigen Colton Burpo eine Blinddarmentzündung. Eine Entzündung, die so drastische Ausmaße annimmt, dass die Ärzte am Operationstisch schon alle Hoffnung auf Coltons Überleben aufgeben. Doch wider Erwarten verläuft die Operation bestens, und nach nur wenigen Tagen kann Colton genesen in den Schoß seiner Familie zurück kehren. Das Leben scheint weiter zu gehen. Die Burpos kämpfen mit großen finanziellen Problemen, sind aber dennoch eine zufriedene Familie. Sie haben sich, und sie haben Gott an ihrer Seite. Vater Todd ist der Prediger in der örtlichen Kirche, ein sehr Beliebter dazu, was kann da schon schief gehen. Vielleicht kann es passieren, dass man von Grund auf, seinen Glauben neu ordnen muss. Der Aufbau von Randall Wallace‘ Film, nach dem Bestseller der wahren Geschichte von Colton Burpo, lässt sich sehr viel Zeit. Und was man DEN HIMMEL GIBTS ECHT als Makel von Zeitschinderei und Langatmigkeit vorwerfen könnte, nutzt er eigentlich sehr geschickt, um selbst diejenigen Zuschauer sorgsam an die Hand zu nehmen, die Religion und Glauben kritisch gegenüber stehen. Die Finanzen, die gesamtwirtschaftliche Situation im Mittleren Westen, der heimische Kirchenchor, das sonntägliche Amateur-Baseballspiel, ein Wadenbeinbruch, und nicht zu vergessen die Nierensteine. Wallace zeigt tief im realen Leben verwurzelte Menschen, und der Zuschauer verinnerlicht die Burpos als angenehme, sehr freundliche Menschen, die man sich durchaus nicht nur als Nachbarn, sondern auch als Freunde vorstellen kann.

Einige Zeit nach Coltons Klinikaufenthalt, beginnt er davon zu erzählen, dass er während der Operation im Himmel war. So ungezwungen, fast schon nebenbei, das es Vater Todd wirklich stutzig macht. Gemeindemitglieder und sogar eine Psychologin beginnen Todd zu beruhigen, dass ein Kind, welches in einem religiösen Umfeld aufwächst, zwangsläufig aus verschiedenen Versatzstücken eine eigene Version des Himmels entwickelt. Das lässt Todd dennoch keine Ruhe, und er beginnt das Erlebnis von Colton in seinen Predigten zu verarbeiten. Sehr zum Missfallen des Gemeindevorstand. Denn was ist das von einem Mitglied als reines Konzept abgetanes Konstrukt von Himmel und Hölle? Ein Konstrukt um Angst zu bereiten, wovon ein großer Teil der Kirchen von heute abgerückt ist. Was als nicht mehr zeitgemäß betrachtet wird, würde nach Coltons Erfahrungen ein erneutes Umdenken erfordern. Eine paradiesische Form des Himmels, muss zwangsläufig ein qualvolles Äquivalent der Höhle haben. Aber hier machen es sich die Kirchen zu einfach, und somit auch die Kirche in Colton Burpos Leben. An Gott zu glauben ist gut, ebenfalls Jesus als den Erlöser zu akzeptieren, und die Bibel frei zu interpretieren sowieso. Doch dann kommt ein Junge, der aus einem Konstrukt plötzlich eine nicht greifbare Realität machen würde.

Während Mutter Sonja Burpo verzweifelt versucht die Finanzen in den Griff zu bekommen, verzweifelt Vater Todd zwischen seinem eingeschliffenen Glauben, und der Glaubwürdigkeit seines Sohnes. So erzählt Colton fast beiläufig immer mehr Fakten, welche die Richtigkeit seines Erlebnisses nur bekräftigen. Colton redet über Ereignisse, die er nicht ersponnen oder sich zusammen gereimt haben könnte. Währenddessen wächst die Wut in Sonja an ihrem Mann, dem sie Flucht vor der Realität vorwirft. Doch dann macht die Mutter eine ganz persönliche Erfahrung mit Colton, die sie wie ein Faustschlag trifft. Aber weit gefehlt, wer denkt das der Film seine Geschichte mit missionarischem Eifer erzählt, oder sich als Plädoyer für christlichen Glauben versteht. Nicht im Geringsten, an manchen Punkten stellt er auch den Kirchen kritische Fragen, und gerade das macht DEN HIMMEL GIBTS ECHT so einnehmend. Zuerst konzentriert sich der Film auf die Geschichte an sich. Aber seinen Hintergrund verliert er nie aus den Augen, ohne diesen allerdings zu propagieren. Im Herzen geht es darum, dass ein Mensch hin und wieder die Perspektive wechseln muss, um das große Ganze wieder in den Fokus zu rücken. Und das betrifft nicht nur den Glaube an Gott, sondern auch den Zustand und Zusammenhalt einer Familie. Coltons Erfahrung erschüttert erst einmal das Familiengefüge der Burpos, um sie dann noch fester zusammen zu schweißen.

DEN HIMMEL GIBTS ECHT ist ein sehr eleganter Film, der sich offener Ablehnung zu erwehren versteht, die als eine Art Modeerscheinung gerne gegen Kirchen und Gott an sich erhoben wird. Randall Wallace als Regisseur, der hauptsächlich durch die Drehbücher für BRAVEHEART, PEARL HARBOUR oder WIR WAREN HELDEN Aufmerksamkeit erregte, hat genau die Dualität des Stoffes begriffen, und entsprechend künstlerisch verarbeitet. Dadurch wird DEN HIMMEL GIBTS ECHT zu einem diskussionswürdigen Stoff, der sich ganz leicht dem eventuell aufkommenden Vorwurf von missionarischem Eifer zu entziehen versteht. Mit erstklassigen Darstellern, und einem sehr ausgewogenem Drehbuch, präsentiert sich der auf tatsächlichen Ereignissen beruhende Film als sehr willkommene Herausforderung, für ein offenes Publikum, dass sich den christlichen Werten nicht abgeneigt, oder zumindest für spirituelle Gedankengänge Freiraum zeigt. Aber vielleicht sollte man doch auch Platz für die simple Wahrheit lassen, dass sich die westliche Welt in einem religiösem Konstrukt entwickelt hat, welche unsere Gesellschaftsform nicht einfach nur prägte, sondern auch weiter entwickeln ließ. Als Christ kann man sich der Prämisse von DEN HIMMEL GIBTS ECHT nicht verschließen. Doch letztendlich ist der Film von Randall Wallace auch so aufgebaut, dass er nicht gläubigen Menschen die Chance offeriert, über die Kernaussagen zu reflektieren.

Heaven-is-real-2, Copyright Sony Pictures Releasing

Darsteller: Greg Kinnear, Connor Corum, Kelly Reilly, Thomas Haden Church, Lane Styles, Margo Martindale, Jacob Vargas, Thanya Romero u.a.
Regie: Randall Wallace
Drehbuch: Randall Wallace, Chris Parker, nach Todd Burops Buch
Kamera: Dean Semler
Bildschnitt: John Wright
Musik: Nick Glennie-Smith
Produktionsdesign: Arvinder Grewal
USA / 2014
99 Minuten

Bildrechte: Sony Pictures Releasing
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