IDENTITY THIEF – Bundesstart 28.03.2013
Sandy Patterson ist erfolgreicher Geschäftsmann. So erfolgreich, das ihn seine ehemaligen Kollegen bei einer Firmenneugründung sofort abwerben. Und weil er so ein erfolgreicher, folgendermaßen auch schlauer Geschäftsmann ist, gibt er einer Frau am Telefon all seine persönlichen Daten, als diese vorgibt seine Bankverbindungen sicherer machen zu wollen. Dies ist eine Prämisse für einen Film ganz nach dem Geschmack von Seth Gordon. Seth Gordon ist eigentlich mehr im Fernsehen für Regiearbeiten zuständig, aber 2011 hat er mit HORRIBLE BOSSES – KILL THE BOSS gezeigt, dass er auch richtig derben Spaß für die große Leinwand inszenieren kann, der auch dem geneigten Publikum viel Spaß bereitet. Und bei Seth Gordon durfte Jennifer Aniston einmal nicht einfach nur süß und knuddelig aussehen, sondern richtig geil und unanständig sein. Jennifer Aniston ist bei VOLL ABGEZOCKT nicht dabei, dafür hat Gordon wieder Jason Bateman in der Hauptrolle besetzt.
Die stark übergewichtige aber lebensfrohe Diana hat nun Kontrolle über Sandys Bankverbindungen und Kreditkarten, und sie nutzt diese verschwenderisch. Da sich die Polizei machtlos zeigt, muss Sandy selbst von Denver nach Miami reisen, um die IDENTITÄTS-DIEBIN zu überführen. Und was dabei herausgekommen ist, dürfte eine der unangenehmsten und verfehltesten Komödien sein, die aus dem Rahmen von Raunchy-Comedys gestiegen sind, die in diesem Umfang auch noch als Kassenknüller beworben wurden. VOLL ABGEZOCKT versagt auf den drei Gebieten die neben dem Humor die Stützen einer gelungenen Komödie darstellen. Das ist die Geschichte, dann der Hauptdarsteller und schließlich die Hauptdarstellerin.
Melissa McCarthy ist zweifellos eine umwerfende Powerfrau in zum Beispiel BRAUTALARM gewesen. Und diese verrückte, unbedarfte Art nimmt sie auch mit zu VOLL ABGEZOCKT. Doch hier ist ihre Diana ein rücksichtsloser und uneinsichtiger Charakter, für den sich das Herz des Zuschauers erwärmen soll. Selbst als Sandy sie auf Knien anfleht, ihr katastrophales Treiben zu beenden, glaubt sie sich tatsächlich auch noch im Recht das tun zu dürfen, was Sandys Leben zerstören könnte. Diese Diana ist in ihrem Charakter widerlich und verabscheuungswürdig, aber der Zuschauer darf sie nicht widerlich und verabscheuungswürdig finden, weil die Geschichte es so vorgibt. Selbst in Raunchy-Comedys soll es ja ein Happy-End geben. Aber da ging die Absicht der Autoren vollkommen daneben.
Aber dann ist da ja noch Sandy Patterson, der von Jason Bateman gespielt wird. Auf der einen Seite ist seine Figur durchaus als unselbstständiger Trottel angelegt, aber was das Drehbuch Sandy alles machen lässt, oder eben nicht machen lässt, spottet jeder ernst zu nehmenden Komödie. Nur einmal spitzt so etwas durch die Inszenierung, was eine dieser derben Klamotten tatsächlich ausmacht, und zwar als Sandy bei Handgreiflichkeiten Diana eine Gitarre ins Gesicht schlägt. Das sind die was-zum-Teufel-Momente, die solche Filme ausmachen. Aber in dieser Art hat VOLL ABGEZOCKT nichts weiter zu bieten. Und das Sandy ein Gimpel ohne Sympathie beim Publikum und Diana ein Kotzbrocken ohne überhaupt irgendwelche Sympathien ist, liegt ganz weit weg von den Erfolgsformeln roher Komödien.
Aber da ist noch die Handlung selbst, die nicht auffälliger konstruiert sein könnte. Das fängt schon damit an, dass die Polizei in Denver nachweislich über das Treiben von Diana Bescheid weiß. Diesen Straftaten können sie allerdings nicht nachgehen, weil es nicht in ihre Zuständigkeit fällt. Die Polizei in Denver kann auch nicht die Polizei in Miami darüber informieren. Sie dürfen gar nichts. Die Existenz von Sandy und seiner Familie ist bedroht, aber das spielt keine Rolle. Schließlich muss der Familienvater ja mit der gestörten Straftäterin selbst zusammenkommen, um einen lustigen Film zu machen. Und dann streut das Buch immer wieder Szenen ein, in denen sich andere Leute über Diana hinter ihrem Rücken lustig machen, sie verspotten, und sie das auch noch spüren lassen. Das tut man nicht mit der eigenen Hauptfigur. Andere Drehbuchschreiber sind da origineller, gewitzter, und auch ehrlicher. Der Running-Gag mit Sandys Namen und seiner Erklärung, dass dies eben kein Mädchen-, sondern ein Unisexname wäre, ist das einzig unterhaltsame an diesem unangenehmen Film. Denn es ist eben nicht witzig wenn eine Person wie Diana selbst zum Ende hin noch wissentlich die Existenz einer ehrlichen Familie aufs Spiel setzt, nur um sich Jet-Ski zu kaufen, den sie nie benutzen wird.
Darsteller: Jason Bateman, Melissa McCarthy Jon Favreau, Amanda Peet, T.I., Genesis Rodriguez, Robert Patrick u.a.
Regie: Seth Gordon
Drehbuch: Craig Mazin, nach Jerry Eeten und Craig Mazin
Kamera: Javier Aquirresarobe
Bildschnitt: Peter Teschner
Musik: Christopher Lennertz
Produktionsdesign: Sheperd Frankel
USA / 2013
zirka 111 Minuten