RIDDICK a.k.a. THE CHRONICLES OF RIDDICK: DEAD MAN STALKING – Bundesstart 19.09.2013
Ein Mann und sein Hund. Es ist die amerikanischste aller Geschichten. Don Johnson ist schon einmal mit seinem Hund nach der Atom-Apokalypse durch eine strahlenverseuchte Welt gewandert. Mister Riddick tut dies auf einem anderen Planeten, einer allerdings nicht strahlenverseuchten Welt, sondern einem unwirtlichen Planeten, der nicht viel übrig hat, für menschlichen Komfort. Er ist Mörder, aber auch König, und zugleich Ausgestoßener. Er ist die Verkörperung des Heldenideals, und der reinen Männlichkeit. Er ist Riddick, die purste Form von Vin Diesel. Regisseur und Autor David Twohy hat nicht aufgegeben, er hat an diesen Charakter geglaubt, der mit PITCH BLACK im Jahr 2000 einen überraschend einfallsreichen Einstand feierte. Vin Diesel, der seine eigenen Fähigkeiten scheinbar sehr gut selbst einschätzen kann, wusste sehr gut den Charakter von Riddick, und seine Anziehungskraft zu deuten. Mit dem Angebot, einen kostenfreien Gastauftritt bei dem wesentlich rentableren vierten FAST & FURIOUS Aufguss zu absolvieren, erschlich er sich die Rechte an den in den Keller gesunkenen Riddick-Aktien, die mit Teil Zwei unverständlicherweise in den Keller sanken.
PITCH BLACK war ein innovativer Science-Fiction-Knaller mit wunderbaren Horror-Einlagen. Genre-Freunde waren nicht nur begeistert, sie waren angefixt. Mit der Fortsetzung CHRONICLES OF RIDDICK ging David Twohy in eine vollkommen andere Richtung von Science-Fiction, und setzte den obercoolen Kämpfer in das Szenario eines ausschweifenden Epos, ähnlich eines griechischen Heldengesangs. Das wollte das Publikum nicht sehen, weil es anderes erwartet hatte. Noch einmal muss die Innovation von PITCH BLACK hervorgehoben werden, die dem Genre etwas überraschendes hinzugefügt hatte. Teil Zwei wollte nicht die überfrachtete Zweitauflage eines beliebten Originals sein, sondern dem Publikum neue Perspektiven offerieren. Es ging ordentlich daneben. Nicht, weil CHRONICLES OF RIDDICK ein schlechter Film war, sondern weil das Publikum diesen zu einer Enttäuschung herabstufen wollte. Dabei hatte Twohy mit Inspiration und Geschick alles richtig gemacht. Weg von der Erwartungshaltung, hin zum eigenständigen Überraschungsmoment. Ein Schuss, der zu Unrecht nach hinten los ging. CHRONICLES OF RIDDICK war ein überzeugendes Science-Fiction-Epos, das nur durch die Inakzeptanz eines unwilligen Publikums zu einem Flop degradiert wurde.
Vielleicht hat sich David Twohy die ungerechtfertigte Kritik zu Herzen genommen, oder er hat seinen eigenen Weg nicht aus den Augen verloren. Auf alle Fälle schlägt RIDDICK wieder eine ganz andere Richtung ein, die sich näher an der Atmosphäre von PITCH BLACK bewegt, aber sich dennoch erlaubt, etwas vollkommen Eigenständiges zu erschaffen. Das sonore Tief in Diesels Stimme scheint einige Stufen nach unten gerutscht zu sein, die Verklärung puren Heroismus weit nach oben. „Gebt mir ein Schiff, oder ihr werdet sterben“. Seine Einstellung ist auf den Punkt, seine Anmerkungen noch viel direkter. Er ist eben Richard Riddick, der Charakter, den man erwartet. Doch dem Film selbst gelingt es immer wieder, über die eigentliche Erwartungshaltung hinaus zu überraschen. David Twohy wusste wirklich, was er tat. In einer fast halbstündigen Sequenz zeigt er den Helden in seiner, ihn fremden neuen Umgebung, und wie er darin überlebt. Bizarre Kreaturen und unwirtliche Landschaften. Allesamt mörderisch für humanoide Lebensformen. Diese Sequenz gleichzusetzen mit Tom Hanks und dem Szenario in CAST AWAY – VERSCHOLLEN, wäre tatsächlich stark übertrieben, aber es kommt der Absicht sehr nahe und funktioniert ausgezeichnet. Die spärlichen Off-Kommentare zerstören die spannende Atmosphäre nicht, weil sie nicht das eigentliche Geschehen beschreiben, sondern einen zusätzliche rahmen bilden. Wie Riddick sich in der für ihn fremden Welt beginnt zurecht zu finden und zu behaupten, gehört zu den eindrucksvollsten, weil wirklich exzellent inszenierten Szenarien.
Später gerät RIDDICK in geläufigere Fahrwasser des Testosteron-Kinos, verliert aber nichts an seinem gehobenen Unterhaltungswert. Noch immer bekommt der Zuschauer, was er auch erwartet. Ein stoischer Held gegen eine Übermacht von selbstüberschätzten Söldnern. Vereint, gegen eine unberechenbare Gefahr von außerweltlichen Monstrositäten. Zu keinem Zeitpunkt versucht David Twohy mit RIDDICK das Rad neu zu erfinden, oder schlauer zu sein, wie zahllos gleichgeartete Genre-Vorgänger. Er bedient sich einer erprobten Grundprämisse, und nutzt diese im Sinne eines akzeptierten Charakters, der hiermit gefestigt wird. Natürlich setzt man einer mehr als männlichen Figur wie Richard Riddick, ein mehr als weibliches Pendant gegenüber, und mit Katee Sackhoff hat man genau die richtige Darstellerin gefunden. Immer wieder beweist der Film seinem Publikum, das es nicht nur bekommt, was es erwartet, sondern dass im Rahmen der zu erwartenden Konventionen noch immer überzeugende Variationen möglich sind.
RIDDICK ist keine Neuerfindung bekannter Genre-Konfessionen, aber ein Stück, das aus diesen Konfessionen das Beste zu machen versteht. Weil David Twohy als geistige Kraft hinter allen Filmen steht, und er Eins und Zwei zusammenzählen konnte. Eins war exzellent, Zwei lief entgegen der allgemeinen Meinung. Macht aus Drei einen fabelhaften Kompromiss, sozusagen ein exquisiter Kompromiss zwischen Erwartungshaltung und künstlerischer Freiheit. Es gibt bessere Filme in diesem Bereich des Genres, aber viel mehr Beispiele von Versagen am eigenen Anspruch. RIDDICK macht Spaß, weil er genau dies in Aussicht hatte, gepaart mit ein paar markigen Sprüchen einer unverhohlenen chauvinistischen Figur. „Gebt mehr was ich will, und ich werde verschwinden“. Das ist mit Vin Diesel in der Hauptrolle, gar nicht mehr so leicht überzeugend umzusetzen. Denn er wird bekommen, was er will, und wir als Zuschauer wissen das bereits.
Darsteller: Vin Diesel, Katee Sackhoff, Karl Urban, Jordi Mollà, Matt Nable, Dave Bautista, Bokeem Woodbine, Conrad Pla, Raoul Trujillo, Nolan Funk, Keri Hilson u.a.
Regie & Drehbuch: David Twohy, nach Charakteren von Jim & Ken Wheat
Kamera: David Eggby
Bildschnitt: Tracy Adams
Musik: Graeme Revell
Produktionsdesign: Joseph C. Nemec III
USA – Großbritannien / 2013
zirka 119 Minuten