PROMISED LAND – Bundesstart 20.06.2013
Gus Van Sant: Provokateur, Ausnahmeregisseur, Realist. Mit Ben Affleck und Matt Damon hat er deren Drehbuch GOOD WILL HUNTING inszeniert. Wegen des großen Erfolgs, kam Bens Bruder Casey auf den Plan, mit Damon und Van Sant GERRY zu schreiben. Gus Van Sant führte bei dem spirituellen Trip natürlich auch gleich Regie. Matt Damon hat sich nun mit einem anderen Freund hingesetzt, dem Schauspieler John Krasinski, und wieder ein Drehbuch geschrieben. Dies hätte allerdings Matt Damons Regie-Debut werden sollen. Doch Terminprobleme vereitelten Damons Absicht, und glücklicherweise hatte Gus Van Sant gerade Zeit. Glücklicherweise? Sollte man meinen.
Steve Butler und Sue Thomason kommen im Auftrag eines Energiekonzerns in ein verschlafenes Nest, dessen Ökonomie stark leidet. Sie möchten Land kaufen, der Region helfen, den Bürgern zur Seite stehen. Das Zauberwort heißt Fracking. Jenes umstrittene Förderverfahren, das schwierig zugängliche Gasvorkommen aus dem Erdgestein presst, mit Zusätzen, die höchst fragwürdig erscheinen. Steve und Sue haben Erfolg, die Einwohner zeigen sich erleichtert, dass ihre Existenzen mit dem investierten Kapital gesichert werden. Dann erscheint allerdings der Umweltaktivist Dustin Noble, und klärt die Bevölkerung über die Auswirkungen des Frackings auf. Die Situation für Steve und Sue wird heikel, aber gleichzeitig beginnt Steve seinen Auftrag auch zu überdenken.
PROMISED LAND ist eine den Standards entsprechende Produktion, die technisch vollkommen überzeugt. Aber es ist auch ein Film von Gus Van Sant, der einer Geschichte eigentlich immer die ungewöhnlichen Perspektiven abgewinnt. Und dies ist das wirklich überraschende an PROMISED LAND, der Film ist weder ungewöhnlich, noch überraschend. Die Geschichte wartet mit zwei gut überlegten Wendungen auf, die das Filmvergnügen deutlich steigern. Aber das wiegt kaum die Erwartungen auf, die man an einen Film stellt, der von Matt Damon geschrieben und von Gus Van Sant inszeniert wurde. Schlimmer noch, die Geschichte ist in Wirklichkeit extrem bieder und herkömmlich umgesetzt. Ein Fremder kommt in die Kleinstadt. Der Fremde verliebt sich in die einzige Singlefrau. Der altersstarrsinnige Kauz entpuppt sich als prophetische Vernunftperson. Und so geht es weiter und weiter. Kein Klischee ist zu dumm, um es nicht auch in PROMISED LAND zu verwenden.
Jetzt könnte man meinen, dass dies genau die Absicht der Macher gewesen sein könnte. Warum auch nicht mit diesen Klischees spielen, wenn man thematisch sowieso in dieser Liga spielt. Aber dem ist nicht so. Nicht, was einem das Gefühl vermittelt. Alles was den Film von ähnlichen Produktionen unterscheidet, sind seine exzellenten Darsteller, die jede Szene veredeln, und dies im wahrsten Sinne des Wortes. Was übrig bleibt, ist ein unterhaltsamer Film, der seinem eigentlichen Anliegen nicht im Geringsten gerecht wird. Fracking heißt das Zauberwort. PROMISED LAND ist der erste Mainstream-Film, und dies ist er trotz Gus Van Sant, der sich dieser politischen und ökologischen Herausforderung stellt. Doch das Drehbuch, welches Krasinski und Damon ersonnen haben, verwehrt sich einer konkreten Stellungnahme. In diesem Sinne hätte es ein bedeutender, ein wegweisender Film werden können. Kontrovers, ist das Wort, das mit Gus Van Sant einhergehen würde. Für welche Partei sich die Geschichte entschieden hätte, wäre vollkommen irrelevant gewesen, aber sehr mutig.
Jetzt ist PROMISED LAND ein guter und unterhaltsamer Film geworden, der sich auf seine Stärken jenseits der Geschichte verlässt. Viel tiefer geht er leider nicht, aber sehr viel mehr Tiefe wäre durchaus möglich gewesen. Man muss ein politisch und ökologisch aktuelles Thema nicht mit dem Holzhammer vermitteln, aber warum nicht mit dem gebührenden Respekt demselben gegenüber? Mit diesem Ensemble, diesem Regisseur, und vor allem dem Thema, hätte man das simpelste Mainstream-Publikum intellektuell beanspruchen können. So aber, wird ein anspruchsvolles Publikum mit einem simplen Mainstream-Produkt konfrontiert. So viel mehr wäre möglich gewesen. So viel weniger bekommt man tatsächlich. Wenn nur nicht die überzeugenden Darsteller wären.
Darsteller: Matt Damon, John Krasinski, Frances McDormand, Rosemarie DeWitt, Scoot McNairy, Titus Welliver, Terry Kinney und Hal Holbrook u.a.
Regie: Gus van Sant
Drehbuch: Matt Damon, John Krasinski
Kamera: Linus Sandgren
Bildschnitt: Billy Rich
Musik: Danny Elfman
Produktionsdesign: Daniel B. Clancy
USA / 2012
zirka 106 Minuten