IRON MAN THREE – Bundesstart 01.05.2013
Der geheime Liebling des bisher verfilmten Marvel-Universums ist zurück. Es ist der rücksichtslose Charmeur, der egozentrische Weltverbesserer, das Enfant terrible in der Frauenwelt, und der überheblicher Multimillionär. Und er ist ein Genie. Ein Genie, mit ganz besonderen Problemen. Das eine Problem ist sein Charakter, der anfängt, sein unbedarftes Tun selbst in Frage zu stellen. Das ist der filmische Hintergrund. Das andere Problem, ist der Schatten des bestimmt gewaltigsten Superhelden-Filmes der Gegenwart in Form der AVENGERS, der über alle diesem nachfolgen Marvel-Filme fällt. Das ist dass künstlerische Problem. Allerdings ist letzteres Problem eines, welches keinen Einfluss haben darf, und im Fall eines zwangsläufig auftretenden Vergleiches unbedingt ausgeblendet werden müsste. Grundsätzlich sind Filme, die einen Vergleich herauszufordern scheinen, in der Argumentationskette immer im Nachteil. Natürlich sind sechs Superhelden in einem Film wesentlich cooler, als nur ein Einzelner. Aber IRON MAN will nicht cooler, größer, oder besser wie andere Filme sein. Er will einfach nur ein Film mit größtmöglichem Unterhaltungswert sein.
Der Film beginnt mit einer Rückblende. So zeigt man den mittlerweile gezähmten Hengst noch einmal in alter Manier, wie er die Stuten hinter sich her trappen lässt. Doch nach seiner Nahtod-Erfahrung bei „dem Vorfall in New York“, ist das Erfindergenie nur noch nach außen hin der selbstüberzeugte, unverbesserliche Held. Selbst seine Herzdame Pepper Potts weiß nicht, was der manische Bastler in seinen Werkstätten so alles anstellt. Sie, und der Zuschauer, wird es am Ende erfahren. Doch bis ‚Programm Tabula rasa’ auf den Plan rückt, steht dem Großindustriellen und seiner Freundin noch ein steiniger Weg bevor. Der Mandarin terrorisiert Amerika mit unerbittlichen Anschlägen. Der vermeintlich muslimische Gotteskrieger will mit spektakulären, brutalen Aktionen dem Präsidenten Lektionen lehren. Und wie sollte es anders sein, glaubt Tony Stark als Iron Man mehr erreichen zu können, als die Heimatschutzbehörde. Doch weit gefehlt, denn das Ende des Superhelden ist ein perfider Teil der Terroranschläge.
Zuerst ist IRON MAN 3 ein herausragend gelungener Popcorn-Streifen. Hier stimmt die Action, das Timing, der Schnitt, und Brian Tylers bombastische Musik. Aber das Drehbuch von Regisseur Shane Black und Drew Pearce erlaubt sich auch sehr tiefsinnige Momente. So wird der eiserne Anzug immer weniger Starks Werkzeug, als mehr und mehr zu einem konterkarierendem Spiegelbild von ihm. Einige Szenen sind so gestaltet, dass man glauben könnte, Tony Stark würde seine eigene Identität verlieren. In einem extrem kurzen, dafür dem witzigsten Moment, agiert der ferngesteuerte Anzug sogar gegen seinen eigentlichen Träger. Und im Verlauf des Films gibt es plötzlich zwei Hauptdarsteller. Eine geschwächte, kaum zu gebrauchende Figur, und eine aus seinen Schwächen über sich hinauswachsende Persönlichkeit. Das haben Black und Pearce sehr schön, nicht subtil, aber sehr unaufdringlich geschrieben und inszeniert. Die Kamera von John Toll hat dazu auch die perfekten Bilder geschaffen. Wenn zum Beispiel Anzug und Träger nebeneinander auf einem Sofa sitzen, dann hat das in erster Linie humoristische Züge. Die tiefere Botschaft hingegen ist verblüffend. Und die durchzieht den Film von Anfang an. Das sorgt ab und an für verschmerzbare Längen, die allerdings ihre absolute Berechtigung haben.
Wenn Regie mit dem Buch und den herausragenden Darstellern Hand in Hand gehen, dann leistet John Tolls Kamera keinen unwesentlichen Beitrag zu dem, was großes Kino ausmacht. Die Bildgestaltung wirkt mit ihrer absoluten Schärfe und dem geradezu perfekten Kontrastumfang für den Zuschauer wie eine blauleuchtende Moskitofalle. Es gibt genug Dinge, die man diesem Film als negativen Punkt anlasten könnte, wie einen kleinen Jungen, der ganz in amerikanischer Manier keine unwesentliche Rolle spielen wird. Doch weit gefehlt, wer glaubt, das sich Shane Black, oder in diesem Fall Tony Stark, von Film-Plattitüden überrennen lässt. Unvermittelt tritt das alte überheblich egozentrische Wesen des Weltenretters wieder zu Tage, und räumt mit althergebrachten Klischees auf. Auch die mit Vernunft durchzogene Off-Erzählung des Helden, wirkt immer etwas gegen den eigentlichen Charakters des charmanten Ekels. Aber wer gedacht hat, dass die am begehrtesten erwartete Fortsetzung im Marvel- und Kino-Universum makellos sein würde, hat noch immer nicht die Gesetze des für die Einspielergebnisse wichtigen Weg des geringsten Wiederstandes verstanden.
Gerade das zeichnet die dritte Installation von IRON MAN aus, das er sowohl Klischees aufgreift, diese bricht, und dann aber auch vollkommen eigenständig inszeniert. Es hat etwas ergreifendes, wenn Tony Stark das Böse plötzlich ohne die zu erwartende Hilfe bekämpfen muss. Es hat aber auch sehr viel erhabenes. Denn es wirft die Frage auf, ob Tony Stark tatsächlich Iron Man ist, und wer aber am Ende tatsächlich Iron Man ist. Weniger verwirrend, als man denkt. Denn IRON MAN 3 ist ein explizit durchdachtes Spektakel, in welchem dem Tiefgang mehr Platz eingeräumt wird, als man zuerst vermuten könnte. Und wer glaubt schon alles gesehen zu haben, der wird mit einigen, sehr überraschenden Wendung konfrontiert. Ja, es gibt Sequenzen, die einen wirklich auf das angenehmste überraschende Wendungen präsentieren.
Nein, er ist nicht besser wie AVENGERS. Wie dumm ist es auch, danach zu fragen. Es ist ein ganz anderer Film, und doch die perfekte Weiterführung eines perfekten Filmes, der qualitativ kaum zu überbieten wäre. Dieser IRON MAN ist, jetzt kommt die Spoilerfalle, der letzte einer Trilogie. Hier ist alles möglich, und die Macher haben auch alles möglich gemacht. Perfekte Kinounterhaltung, weitab von jeder Versuchung, sich irgendwelchen Vergleichen stellen zu müssen.
Darsteller: Robert Downey Jr., Gwyneth Paltrow, Don Cheadle, Guy Pearce, Rebecca Hall, Jon Favreau, Ben Kingsley, James Badge Dale, William Sadler u.a.
Regie: Shane Black
Drehbuch: Drew Pearce, Shane Black
Kamera: John Toll
Bildschnitt: Peter S. Elliot
Musik: Brian Tyler
Produktionsdesign: Bill Brzeski
USA / 2013
zirka 130 Minuten