DON JON – Bundesstart 14.11.2013
Mit DON JON hat sich Joseph Gordon-Levitt einen sehr ambitionierten Film auf den Leib geschrieben, um seinen Regie-Einstand zu feiern. Die Geschichte um einen sehr gut aussehenden Mann, der trotz zahlreicher Partnerinnen von Internet-Pornos nicht loskommt, hätte eine sehr weichgespülte Kuschelromanze werden können, aber auch überdramatisierter Arthouse-Stoff. Gordon-Levitt hat genau die Mitte getroffen, und einen Film geschrieben und umgesetzt, der durchweg amüsant ist, Ecken und Kanten nicht umgeht, aber auch die wahre Liebe herauf beschwört, bleibt dabei aber explizit genug, um die Sucht seiner Figur glaubhaft zu machen.
Es dauert nicht lange und Jon, wegen seiner Verführungskunst von seinen Freunden Don Jon genannt, trifft auf seine Traumfrau Barbara. Die nimmt sich allerdings reichlich Zeit, bis sie Jon einmal ran lässt. Ein exquisiter Grund noch häufiger mit dem Internet die Kleenex-Box zu beanspruchen. Zu seinem eigenen Entsetzen muss er sich auch nach der ersten Nacht mit Barbara aus dem Bett stehlen, um sich schnell noch einmal den wahren Kick verschaffen. Natürlich erwischt sie ihn dabei, und nur unter dem heiligen Versprechen, das nie wieder zu tun, lässt sich Barbara beruhigen. Doch Jon findet andere Wege, seinem Laster zu frönen. Ausgerechnet in einer Kommilitonin der Abendschule findet er eine verständnisvolle Seele.
Nach seinem fulminanten Start auf dem Sundance Filmfestival, hatte Joseph Gordon-Levitt ein bisschen nachbessern und diverse Hardcore-Schnipsel kürzen, beziehungsweise verfremden müssen. Aber die entsprechenden Sequenzen sind soweit intakt geblieben, dass unmissverständlich klar wird, worum es geht. Zum besonderen Gag wird dabei der Mac-Anmeldeton, wenn es für Jon wieder um die „wahre“ Sache geht. Es ist erstaunlich einfühlsam in Gordon-Levitts Inszenierung, dass seine Figuren niemals der Lächerlichkeit preis gegeben werden. Denn tatsächlich läuft der Film mit dieser Thematik immer auf einem schmalen Grat, der auf der einen Seite ins unfreiwillig komische rutschen könnte, und auf der anderen Seite nur peinlich wirken würde. Nichts davon trifft auf DON JON zu. Seine Figuren sind echt, was natürlich auch auf den Regisseur Gordon-Levitt zurückzuführen ist, aber ins besonderne auf die erstklassige Besetzung. Natürlich hat der Regisseur zuerst einmal sich selbst im Fokus, was bei einem Regie-Debüt fast schon Standard zu sein scheint, bei einer Figur wie Jon vielleicht sogar auch notwendig ist. Allerdings vernachlässigt er seine Mitspieler auch nicht. Und aus dem hervorragenden Ensemble hebt sich besonders Tony Danza hervor, dessen Spiel zweifellos die größte Freude bereitet.
Um die gewissen Routinen in Jons Leben zu unterstreichen, wählte Gordon-Levitt immer wieder die selben Szenen- und Schnittabläufe, mit den gleichen Kameraperspektiven. Lauren Zuckermans schnelle Schnitte in diesen Sequenzen, sorgen für ein gutes Tempo, welches den Film an keiner Stelle zum Stillstand kommen lässt. Nur zu Beginn des letzten Drittels bekommen diese schnellen Routinen, wie Fahrt zu Kirche, Gottesdienst, Beichte, Weg ins Fitnessstudio, oder Aufklappen des Notebooks, Signalton, nackte Brüste, Kleenex in den Abfalleimer, leichte Abnutzungserscheinungen. Was einem das flaue Gefühl vermittelt, als würde der Film auf der Stelle treten. Doch davon erholt sich der Fluss des Films wieder schnell, wenn er eine wirklich überraschende Wendung für Jons Leben bereithält. Und dieser Schritt ist einer kühnsten Entscheidungen, die Joseph Gordon-Levitt in seinem Werk getroffen hat, und wo er sich ganz stark von der üblichen Erwartungshaltung abkehrt. Verwirrend ist nur Kameramann Thomas Kloss‘ Entscheidung, bei tiefer gehenden Dialogpassagen die Kamera vom Stativ zu nehmen. Dies ist absolut nicht der Film, der mit verwackelten Bilder Authentizität schaffen muss.
Ein sehr ambitionierter Film, der sich mutig und ohne Scheu einem zeitgeistigen Phänomen annimmt, ohne sich wertend in irgendeine Richtung zu äußern. Das im Abspann dann auch noch die im Film zu erkennende Porno-Seite Nennung findet, ist da nur konsequent. Ein unterhaltsames, teilweise richtig schräges Vergnügen, bei dem sich vielleicht der eine wiederfindet, oder beim anderen am Ende misstrauische Fragen aufwirft. So ist das, wenn mit einem Tabu gebrochen wird. Und das tut DON JON, elegant, selbstsicher und ehrlich.
Darsteller: Joseph Gordon-Levitt, Scarlett Johansson, Julianne Moore, Tony Danza, Glenne Headly, Brie Larson, Rob Brown u.a.
Regie & Drehbuch: Joseph Gordon-Levitt
Kamera: Thomas Kloss
Bildschnitt: Lauren Zuckerman
Musik: Nathan Johnson
Produktionsdesign: Meghan C. Rogers
USA / 2013
zirka 90 Minuten