Schneller als sonst schob Produzent Paul W. S. Anderson eine neue Fortsetzung von RESIDENT EVIL nach. Laut Anderson wollte man nach dem epischen Cliffhanger von Teil vier den Fan und geneigten Kinogänger nicht zu lange warten lassen. Eine edle Absicht, die dadurch getrübt wird, dass es eine Weiterführung der letzten Szenen aus RESIDENT EVIL: AFTERLIFE gar nicht gibt. Alice, das mutierte Wunder der Umbrella-Corporation, erwacht nach ihrem Sturz ins Wasser in den Tiefen der unterirdischen Basis von Umbrella. Somit ist vom Tisch, was aus dem Schiff der Überlebenden in AFTERLIFE geworden ist. Die Erde ist noch immer von Zombies und degenerierten Monstern befallen, die Menschheit am Rande der Ausrottung. So zieht sich für ein kleines Intermezzo Teil fünf in den Untergrund zurück. Und was da die Umbrella-Corperation errichtet hat, geht über jede Logik und menschliche Begrifflichkeit hinaus.
Wunderte sich der gemeine Kinogänger bereits über die unterirdischen Mega-Bauten in diversen James-Bond-Filmen, wird er das, was RESIDENT EVIL 5 zur Schau stellt, als utopischen Wahnsinn ansehen. Tief unter der Erde gibt es lebensgroße Replikationen von Tokyo, Berlin, Moskau und anderen Weltmetropolen, die mit Computer-Simulationen belebt werden. Und als es der mit dem T-Virus infizierten Alice gelingt, aus ihrem Gefängnis zu entkommen, beginnt eine blutgetränkte, actionlastige Hetzjagd rund um den Globus. Ohne allerdings die unterirdische Basis der Umbrella-Corporation verlassen zu müssen.
Man muss Paul Anderson zugutehalten, dass er es versteht, Action in Szene zu setzen. Als Autor und Produzent aller fünf und Regisseur von drei Teilen hat er das technische Niveau stets steigern können. Zudem versteht es der Ehemann von Hauptdarstellerin Milla Jovovich, 3-D im vollen Umfang seiner optischen Möglichkeiten zu nutzen. Viele Spielereien dienen als wirkungsvoller Schauwert für die Technik. Aber zudem nutzt man die Möglichkeit der stereoskopischen Räumlichkeit, um den Zuschauer auch wirklich in die vom T-Virus verseuchte Welt hineinzuversetzen. Filme wie RESIDENT EVIL sind die seltenen Rechtfertigungen für eine überteuerte Technik, die sonst ihren Preis nicht wert ist.
Allerdings hat sich in den letzten zehn Jahren eines nicht verändert, und das ist Andersons Ansatz von optischer Ästhetik. Physikalisch überzeichnete Akrobatik in den Kampfszenen und innerhalb der Szenen extrem entschleunigte Bilder haben sich seit MATRIX als modernes Stilmittel manifestiert. Dieses Stilmittel wurde seitdem endlos variiert und wiederholt. Aber die wirkliche Spannung entsteht aus dem, was Regisseur Anderson damit anstellt. Und das ist im Laufe der letzten zehn Jahre sehr wenig gewesen. Ob RESIDENT EVIL 1 – 4 oder Teil fünf RETRIBUTION, wir sehen selbst als unvoreingenommener Zuschauer immer wieder die gleichen Abfolgen in der Choreografie. Be- und entschleunigte Aufnahmen zelebrieren actionbedingte Körper-Akrobatik und optisch perfekte Explosionsspektakel. Splatter-Effekte sind mittlerweile auf das Notwendigste reduziert, dennoch ist jede Kugel immer noch ein gnadenloser Treffer. Bleigehalt und Body-Count sind absolut auf dem zu erwartenden Niveau. Freunde endloser Action-Sequenzen werden perfekt bedient.
Wer Sinn und Verstand erwartet, ist dann aber ganz falsch. Paul W. S. Anderson gibt dem Zuschauer nichts, das geschichtlich über herkömmliche Dutzendware hinausgeht. Auf Videospielen basierende Filme glänzen ja selten mit innovativen Überraschungen. Zumindest ist Teil fünf dieser Filmreihe dem am nächsten, was einem Videospiel gleichkommt. Alice und ihre Gruppe schießen und sprengen sich von Level zu Level. Die Settings sind dabei überwältigend, der Sinn mancher Bauten bleibt allerdings fragwürdig. Allzu offensichtlich geht es Anderson mehr um den Schauwert als um Logik. Es wird gekämpft und gestorben, es wird geschossen und getreten. RESIDENT EVIL 5 entpuppt sich dabei als sehr wirkungsvoller Action-Film, der sich vielleicht über seine Vorgänger stellen kann, aber keinesfalls in der Lage ist, gleichgearteten Filmen das Wasser abzugraben.
Es gibt einen besonderen Trick, mit dem das Drehbuch arbeitet. Innerhalb der Umbrella-Corporation treffen die Flüchtenden auf Klone von Verbündeten oder Feinde aus den vorangegangenen Teilen. Der einstige Freund kann mitunter schnell ein bewaffneter Gegner sein. Das ist ein kleines Spiel, das Überraschungen für diejenigen bereithält, welche der Reihe von Anfang an gewogen sind. Der Quereinsteiger bleibt da außen vor. Was schade ist, weil es ein Zeichen dafür ist, dass mehr in der Reihe steckt, als man von Teil zu Teil vorgesetzt bekommt. Dennoch hat RESIDENT EVIL sein AFTERLIFE bereits in trockenen Tüchern. Nicht nur, dass TEIL 5 geradewegs darauf hinproduziert wurde, das Franchise am Leben zu erhalten. Nein, Teil 6 ist sogar bereits in Vorproduktion. Noch mehr Zombies, noch mehr Mutationen, noch mehr von allem ist reizvoll, wird den Hoffnungen allerdings hinterherjagen. Wie seine Vorgänger ist RESIDENT EVIL 5 unterhaltsame Kinokost, die allerdings weit hinter ihren Möglichkeiten bleibt.
Darsteller: Milla Jovovich, Sienna Guillory, Michelle Rodriguez, Oded Fehr, Aryana Engineer, Bingbi Li, Boris Kodjoe, Johann Urb, Robin Kasyanov, Kevin Durand u.v.a.
Regie & Drehbuch: Paul W. S. Anderson
Kamera: Glen MacPherson
Bildschnitt: Niven Howie
Musik: TOMANDANDY
Produktionsdesign: Kevin Phipps
USA / 2012
zirka 95 Minuten