The Odd Life of Timothy Green – Bundesstart 08.11.2012
Cindy und Jim können keine eigenen Kinder bekommen. Nach einer langen Reihe von Untersuchungen ist die ärztliche Diagnose endgültig. Mit viel Wein und einem aufziehenden Sturm begraben sie wortwörtlich ihre Hoffnung hinter dem Haus. Ob Autor und Regisseur Peter Hedges einen erwachsenen Film für Kinder oder eine kindliche Fantasy für Erwachsene gemacht hat, wird eigentlich nie wirklich klar. Das WUNDERSAME LEBEN DES TIMOTHY GREEN funktioniert auf wundersame Weise auf allen Ebenen. Denn noch viel wundersamer ist, dass es keine unterschiedlichen Ebenen gibt. Hedges hat seine Geschichte so liebevoll und geschickt verfasst, dass er Erwachsene und Kinder gar nicht unterschiedlich ansprechen muss. Er nimmt die Kleinen im Publikum so ernst, dass er ihnen viel mehr zutraut, als es andere Familienfilme wagen würden. Gleichzeitig verführt er die Großen zum Glauben an die Magie.
Niemand weiß, woher der zirka zehnjährige Timothy wirklich kommt, der nach der verheißungsvollen Sturmnacht vor Cindy und Jim steht und beschließt, sie Mom und Dad zu nennen. Keine Sekunde verschwendet der Film daran zu erklären, wie es möglich sein kann, was im Garten hinter dem Haus passiert ist. Der Zuschauer weiß es, und akzeptiert. Auch hier hat Peter Hedges das richtige Gespür für die Gewichtung der Geschichte gezeigt. Spätestens nach der Betrachtung des Plakatmotives sollten keine Fragen offen bleiben. Der Film ist keine wissenschaftliche Abhandlung, sondern eine Geschichte über Hoffnung, Liebe, Vertrauen und die Magie in unserem Leben, welche wir oftmals gar nicht wahrnehmen.
CJ Adams ist ein überwältigender Timothy, der durchaus gut spielen kann, aber allein mit seinem unschuldigen Gesicht und seinen strahlenden Augen überzeugen kann. Er gibt den naiven Simpel genauso wie den vor Weisheit strotzenden Samariter, ohne dabei dümmlich oder überheblich zu wirken. CJ Adams hat auf den Zuschauer die Wirkung, die Timothy auf sein Umfeld hat. Es ist eine wundersame, aber nicht überstrapazierte Faszination, die von ihm ausgeht. Timothy ist in der ihn umgebenden Gesellschaft aber keine Selbstverständlichkeit, die Menschen merken, dass er Einfluss auf ihr Leben nimmt, ohne sich aber einzumischen. Sie stellen ihn und sein plötzliches Erscheinen nie in Frage, weil der Junge ihnen gut tut.
Natürlich hat auch diese Wohlfühl-Geschichte einen Haken, aber dieser Haken ist der Kern der Geschichte. Der Film ist süß, aber nicht bittersüß, und er ist bisweilen auch traurig, aber nicht todtraurig. Peter Hedges’ Film ist so gut gelungen, weil er genau die Grenzen kennt, wo es an Emotionen zu viel wird. Man darf lachen, weinen und seufzen. Und alles ist so herrlich ausgewogen, dass man den eigentlichen Kitsch als solchen gar nicht wahrnimmt. Und mit einem derart hochgestellten Ensemble von Garner und Edgerton über Rush, Aghdashloo und DeWitt bis Morse, Wiest und Livingston kann man beste Kinounterhaltung erwarten und lässt sich gerne verzaubern. Vielleicht hätte Geoff Zanellis Musik etwas abwechslungsreicher sein können. Aber am Ende zählt, was man als Zuschauer mit nach Hause nimmt. Und das ist die Erkenntnis, dass wir die Magie in unserem Leben als solche erkennen müssen.
Darsteller: CJ Adams, Jennifer Garner, Joel Edgerton, Odeya Rush, Shohreh Aghdashloo, Rosemarie DeWitt, David Morse, Dianne Wiest, M. Emmett Walsh, Lois Smith, Ron Livingston, James Rebhorn u.a.
Regie & Drehbuch: Peter Hedges
Kamera: John Toll
Bildschnitt: Andrew Mondsheim
Musik: Geoff Zanelli
Produktionsdesign: Wynn Thomas
USA / 2012
zirka 104 Minuten