KAMPF DER TITANEN

Diese Besprechung erschien bereits am 21. April 2010 im ZAUBERSPIEGEL

Wiederverwerten, ausschlachten, umgestalten, interpretieren. Es ist nicht der schnelle Dollar, den man in Hollywood mit einer Menge Filme sucht. Es ist eine Menge Dollars, die man mit einem schnellen Film machen kann. Wo Fahr-Attraktionen von Disney und Blatt-und-Bleistift-Spiele wie SCHIFFE VERSENKEN den Weg auf die Leinwand finden, musste die Odyssee der Einfallslosen zwangsläufig an KAMPF DER TITANEN vorbeiführen.
Desmond Davies’ Mythen- und Sandalenopus von 1981 scheint, vom augenblicklichen Status Quo der Unterhaltungsindustrie her gesehen, eines der wenigen vernünftigen Opfer zu sein, denen ein Recycling gut stehen würde.

Mit naivem Charme und liebevoller Schlichtheit inszeniert, war dem KAMPF DER TITANEN schon bei seiner Premiere das Schicksal zuteil geworden, niemals zeitlos zu sein. Ray Harryhausens letzte Stop-Motion-Orgie ist in ihrem eigenen Standard perfekt. Die Technik selbst war im Entstehungsjahr 1979 schon so weit überholt, dass ein kompletter Film damit nicht mehr glaubhaft funktionieren konnte.

In dieser Zeit war allerdings der tricktechnische Auf- und Umbruch an einer Schwelle, die es grundsätzlich jedem Film schwer machte, der nicht über genügend Finanzen verfügte. Und die griechische Mythenwelt ist da kein leicht zu bändigender Titan für überzeugende Trickarbeit. Aber Zeiten ändern sich: Willkommen im 21. Jahrhundert!

Perseus, der Auserwählte. Von einer Fischer-Familie aufgenommen und aufgezogen, reift er zu einem stattlichen Mann. Währenddessen sorgt man sich im Olymp, denn der Glaube der Menschen an die Götter schwindet. Und schließlich nähren sich die Götter von den Gebeten der Menschen. Zeus, Herr über den Himmel, ist darüber betrübt, liebt die Menschen aber zu sehr, als das er ihnen wirklich Leid angedeihen möchte. Anders sein Bruder Hades, der Gott der Unterwelt. Er vernichtet augenblicklich eine Menschengruppe, welche sich von den Göttern lösen möchte, indem sie eine Zeus-Statue zerstört.

Bei dieser Attacke von Hades kommt aus reinem Zufall auch die Perseus’ Familie ums Leben. Dieser verfällt sofort in den Kanon, dass der Kampf gegen die Götter umgehend beginnen müsse. Dumm nur, dass sich herausstellt, dass Perseus der Sohn des Zeus und einer Sterblichen ist. Verbittert über den sinnlosen Tod seiner Familie möchte der Halbgott Perseus aber als Mensch kämpfen und sterben.

Zehn Tage bleiben den von den Göttern abgewandten Bewohnern von Argos, bis Hades die Stadt zerstören möchte. Entweder opfert der König seine Tochter Andromeda, oder die gesamte Stadt wird ausgelöscht, damit die Menschheit durch den Zorn der Götter zu ihrem Glauben und den Gebeten zurückfindet. Dazu würde Hades den Kraken freilassen, einen Titanen von unvorstellbarer Größe mit dem reinen Instinkt zu zerstören. Vom Fischer zum Helden gewachsen, will Perseus mit einer Handvoll Soldaten an seiner Seite den Kampf gegen die Götter aufnehmen und den Kraken aufhalten.

Was hier die Autoren von Beverley Cross‘ Original-Drehbuch übriggelassen haben, ist nicht mehr viel. Aber es sollte den Ansprüchen eines Effekte-verwöhnten Publikums Genüge tun. Riesen-Skorpione, fliegende Pferde, der Krake, Ausflüge in den Olymp und jede Menge digitale Landschaften. Es ist ein Film, der von Anfang an klar macht, dass er als pure Unterhaltung gedacht ist und nichts anderes tun wird, als einfach nur zu unterhalten.

Leider inszeniert Louis Letterier derart staubtrocken, dass sich die geballte, stoische Männlichkeit sehr schnell abnutzt. Einige Schwertkämpfe verlieren durch den frenetischen Schnitt jede Faszination. Beim Kampf gegen die Skorpione und im Tempel der Medusa verliert man zudem jede Orientierung. Es ist ein Fluch des aktuellen Kinos, mit extrem kurzen Schnittlängen Action vortäuschen zu wollen.

Drei, vier Lacher gesteht sich diese Neuinszenierung zu, doch diese wirken eher zufällig. Einer hingegen richtet sich regelrecht gegen den Film selbst, als Perseus in der Waffenkammer die mechanische Eule des Original-Films aus einer Kiste zieht, die er einfach wieder zurücklegen soll. Auch wenn Eule Bubo nicht der Liebling der Fan-Gemeinde ist, kann man diese Form der Reminiszenz leicht als Arroganz gegenüber der Tricktechnik auffassen.

Die Tricktechnik beim neuen KAMPF ist in ihrem Standard einwandfrei, auch wenn sie sich nicht von anderen modernen Effekt-Abenteuern abhebt. Nur die geflügelten Pferde stechen in ihren Soloflügen überwältigend ins Auge. Dafür entpuppt sich dieses Abenteuer als Sammelsurium aller möglichen Erfolge aus modernen Kinohits. Wenn man Louis Letterier geistigen Diebstahl vorwerfen will, dann muss man ihm dafür dennoch Respekt zollen.

Die Optik ist ganz GLADIATOR, während die im übertriebenen Maße eingesetzten Landschaftsüberflüge eindeutig zu HERR DER RINGE gehören. Dafür zitiert Hans Zimmers Zögling Ramin Djawadi in epischer Breite BATMAN BEGINS, und der Schnitt könnte eins zu eins aus der Michael-Bay-Schmiede kommen. Nur Martin Laing konnte sich beim Gesamtaussehen des Films nicht entscheiden, die einzelnen Sets ähneln sich viel zu sehr und die Stimmung zeigt keine Abwechslung. Peter Menzies hätte als Oberhaupt der Kameraabteilung wesentlich mehr mit den verschiedenen Stadien der Handlung spielen können.

Sam Worthington ist in Statur und Aussehen natürlich eine feine Wahl für den Halbgott Perseus. Auch wenn er darstellerisch nicht gefordert wird, hat er doch eine überraschende Präsenz. Ansonsten kann sich nur noch Mads Mikkelsen als undurchsichtiger Draco der Aufmerksamkeit des Publikums sicher sein. Aus der Art schlagen allerdings Liam Neeson und Ralph Fiennes in ihren Rollen als Zeus und Hades. Entweder hatten beide alte, schwerwiegende Schulden abzutragen, oder sie haben sich einen tierischen Spaß aus ihren sogenannten Rollen gemacht. Götter darzustellen oder zu inszenieren ist wahrlich nicht einfach, aber mit Namen dieser Größe sollte man als Regisseur viel mehr anstellen können.

KAMPF DER TITANEN war bereits in der Postproduktion, als der Erfolg von AVATAR über der Filmwelt hereinbrach. Die überzeugende 3D-Konvertierung von TOY STORY 1 & 2 ließ Warner Bros. nicht lange zögern – die TITANEN sollten ebenfalls vom großen Kuchen naschen können. Dabei ging es weniger um den Look in 3D als solchen, sondern um den erhöhten Eintrittspreis, den 3D-Präsentationen mit sich bringen. Die von der Firma Prime Focus in 3D konvertierte Fassung von KAMPF DER TITANEN ist in keiner Hinsicht überzeugend. Die Bilder vermitteln kein räumliches Sehen, sondern zeigen nur zwei Ebenen, die sich in Hinter- und Vordergrund aufteilen. Zudem werden durch die Konvertierung in fast allen Szenen die Ränder von Kostümen oder Frisuren verzerrt dargestellt.

Zu Hause kann man dann die Wiederholung des Originals bewundern, das letzten Endes doch viel erfrischenderen Charme besitzt. Aber diese Halbgötter streiten nicht, und beide Filme finden ihre Berechtigung. Die Neuverfilmung von KAMPF DER TITANEN funktioniert innerhalb ihrer eigenen Grenzen als überaus gelungenes Mythen-Spektakel, über das sich allenfalls Historiker und Mythologen aufregen können. Dieser Film wird kaum in den Olymp der Kinogeschichte aufsteigen, doch er hält sich selbst so straff inszeniert, dass Langeweile außen vor bleibt und man sich für 106 Minuten sinnbefreit unterhalten lassen kann. Anspruch und Feingeist muss man woanders suchen, das macht der Film von Anfang an klar. Einfach nur Popcorn-Kino pur, die Schlusseinstellung unterstreicht das dick.

Clash of the Titans
Darsteller: Sam Worthington, Ralph Fiennes, Liam Neeson, Gemma Arterton, Jason Flemyng, Alexa Davalos, Mads Mikkelsen, Tine Stepelfeldt u.a.
Regie: Louis Letterier – Drehbuch: Travis Beacham, Matt Manfredi, Phil Hay nach dem Drehbuch von Beverley Cross – Bildgestaltung: Peter Menzies – Bildschnitt: Martin Wlash, Vincent Tabaillon – Musik: Ramin Djawadi – Produktionsdesign: Martin Laing
USA / 2010 – circa 106 Minuten

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