Es gibt eine kurze, unspektakuläre Szene in „Dame König As Spion“, die in einer einzigen Einstellung aufgelöst ist. Drei Agenten sitzen in einem Fahrzeug und werden von einer umherschwirrenden Biene belästigt. Die zwei vorne sitzenden Agenten schlagen genervt und erfolglos nach dem Insekt. Als die Biene zum Rücksitz fliegt, öffnet George Smiley einfach das Fenster, macht einen Wischer mit der Hand und draußen ist der Störenfried. Sie ist wirklich kurz, diese Szene, kein Wort wird gesprochen, eigentlich fällt sie kaum auf. Doch in ihr spiegelt sich der gesamte Film wieder. Die Art seiner Inszenierung, die Atmosphäre der Zeit und die Wesenszüge seiner Figuren.
Es ist ein sehr ruhiger Film, wie ihn der schwedische „Let the right one in“ Regisseur Tomas Alfredson inszenierte. Manchmal wirkt er sehr unscheinbar und kommt damit seiner Thematik auf unheimliche Weise viel näher als sonst übliche Agenten-Geschichten. Aber unter der ruhigen, einlullenden Oberfläche brodelt es gewaltig. Die Suche nach einem Maulwurf im britischen Secret Service im Jahr 1973 zeigt echte Figuren und ist ein realistisches Abbild einer Zeit, die von Paranoia, Enttäuschung und Kaltem Krieg geprägt wurde. Action hat „Dame König As Spion“ nicht zu bieten, dafür lange Einstellungen von Gesichtern, in denen sich diese Paranoia, Enttäuschungen und der Kalte Krieg spiegeln. Diese Gesichter erzählen die Geschichte. Doch wer nicht aufpasst, hat schnell den Anschluss verloren. Denn der Film ist alles andere als ein gepflegter Ausflug in die Vergangenheit. Da werden Namen ins Spiel geworfen, fallen gelassen, wieder aufgenommen, Lügen erzählt, Fährten gelegt und Wahrheiten verschleiert.
Das macht „Dame König As Spion“ zu einem sehr ungewöhnlichen Thriller. Diese manchmal zu ruhig anmutende Szenerie, gekoppelt mit einem überladen wirkenden Handlungsablauf. Es ist gewöhnungsbedürftig und manchmal sogar etwas anstrengend. Ganz sicher ist der Film aber eine Abwechslung von den im Kino üblichen Sehgewohnheiten. Und er verfügt über ein Ensemble, dem man allen Widrigkeiten zum Trotz gerne über die Schulter beziehungsweise in die gehetzten Gesichter blickt. Mit Firth, Dencik, Hinds, Jones, Strong, Hardy und Hurt zeigt sich, dass Benedict Cumberbatch noch lange nicht so weit ist, im großen Rudel mitzulaufen. Aber dafür gibt es ja noch Gary Oldman, der sich nicht in die Seele blicken lässt, der kein überflüssiges Wort verliert, der als Hauptfigur die ganz große Unbekannte in den Gleichungen der Geheimdienste ist. Er beobachtet, er reflektiert, und dann öffnet er ganz pragmatisch das Fenster und entledigt sich des Problems.
Tinker Tailor Soldier Spy
Darsteller: Gary Oldman, Kathy Burke, Benedict Cumberbatch, David Dencik, Colin Firth, Stephen Graham, Mark Strong, Tom Hardy, Ciaran Hinds, Toby Jones und Hohn Hurt u.a.
Regie: Tomas Alfredson
Drehbuch: Bridget O’Connor, Peter Straughan
Kamera: Hoyte van Hoytema
Bildschnitt: Dino Jonsater
Musik: Alberto Iglesias
Produktionsdesign: Maria Djurkovic
England – Frankreich – Deutschland / 2011
zirka 127 Minuten