Die Frage nach dem Titel stellt sich oft und wird selten hinreichend beantwortet. Romanautorin Sara Gruen lässt in Interviews den Interessierten gerne spekulieren. Im Film findet der Titel ohne die Romanvorlage überhaupt keine Erklärung. Dabei geht es um eine Figur, die behauptet, im Zirkus das Wasser für die Elefanten getragen zu haben. Dies veranlasst eine andere Figur, dieser Behauptung zu widersprechen, weil man niemals genug Wasser für Elefanten heranschaffen könne. In diesem Zusammenhang lässt sich der Titel auf einige der Geschehnisse im Film übertragen. Da wäre zum Beispiel die Liebe von Tierpfleger Jacob zu der Zirkus-Artistin Marlena. Egal, wie viel Liebe er ihr auch entgegenbringt, sie würde sich niemals von ihrem Mann lösen können.
WASSER FÜR DIE ELEFANTEN ist ein großer Film in klassischem Gewande. Große Gefühle, große Bilder und große Stars. WASSER FÜR DIE ELEFANTEN ist aber auch Prüfstein und Wendepunkt zugleich. Auf internationalem Parkett ist es Christoph Waltz‘ erster Auftritt in einer dramatischen Rolle. Für Robert Pattinson könnte es ein erster Schritt sein, dem TWILIGHT-Stigma schneller zu entkommen. Doch Geschichte und Inszenierung geben weder dem einen die Chance, sich zu bewähren, noch dem anderen die Möglichkeit, zu entfliehen.
Pattinson schafft es nicht, den Film zu tragen. Die Inszenierung, wahrscheinlich auch die Romanvorlage, sieht seine Figur des Jacob Jankowski als kleinen Verlierer, der an keiner Stelle über sich hinauswachsen oder den anderen Charakteren überlegen sein darf. So melodramatisch die Geschichte auch sein soll, so wenig darf Jacob die Geschicke der Geschichte lenken. Vielleicht mag das im Roman funktionieren, im Film wirkt es konstant gegen die Dramaturgie, welche eigentlich einen Helden erfordert. Und es wirkt gegen Robert Pattinson, der ein guter Schauspieler sein mag, aber vorerst weiter im Schatten von TWILIGHT verweilen muss. Dass dazu sein Charaktername auch noch Jacob ist, dürfte negativ ausgerichtete Kommentare nur noch beflügeln.
Christoph Waltz brach mit INGLOURIOUS BASTERDS über die internationale Filmwelt herein und wurde als Sensation gefeiert. In GREEN HORNET durfte er den unberechenbaren Schurken mit dem verschmitzten Augenzwinkern wiederholen, allerdings nicht so erfolgreich, weil der Film einfach zu schlecht war. Sehr viel mehr hat aber Regisseur Lawrence scheinbar von Waltz auch bei WASSER FÜR DIE ELEFANTEN nicht erwartet. Was der Österreicher zeigen darf, ist seine Routine des charmanten Verführers mit überraschenden Gewaltausbrüchen. Viel zu extrem ist sein Zirkusdirektor August angelegt, als dass er faszinieren würde oder ängstigen könnte. Figuren, die der Zuschauer von Beginn an einfach nur hasst, wirken ebenso stark gegen die Empathie mit der Geschichte.
Dazwischen steht eine sehr unbeholfen wirkende Reese Witherspoon, die sehr wenig Chemie mit ihren zwei Film-Männern verbindet. Als Marlena ist sie einfach zu passiv, um als potente Frauenfigur zu überzeugen. Was sie an August bindet, kann man nicht nachvollziehen. Witherspoon fehlt einfach die notwendige Szene, um Verständnis für ihre Figur zu erzeugen. Da zwischen Pattinson und ihr der Funke Glaubwürdigkeit in der aufkeimenden Liebe fehlt, wird das Konstrukt in der Geschichte spürbar. Die Beziehung wirkt dahingehend leider auch banal. Zudem erscheint Reese Witherspoon viel zu reif und abgeklärt, um eine Beziehung zu einem jugendlich wirkenden Herumtreiber rechtfertigen zu können. Im wirklichen Leben ist sie tatsächlich zehn Jahre älter als Pattinson, der in entfallenen Szenen von VANITY FAIR bereits einmal ihren Sohn spielte.
Für die erste halbe Stunde schafft es der Film, den Zuschauer in die Atmosphäre hinein zu ziehen, Zirkusluft schnuppern zu lassen und so etwas wie heimliche Sehnsüchte beim Zuschauer zu wecken. Selbst die Angst vor Clowns bleibt unbegründet. Doch dann schlägt etwas zu, das man Realität nennt. In einer aufgeklärten Zeit, wo man im Umgang mit Tierhaltung und -dressur in einem Zirkus viel sensibler und verantwortungsvoller umgeht, lassen sich die Gepflogenheiten aus einem Zirkus der 1930er-Jahre nur noch schwer vermitteln. Auf den Gedanken, dass es früher eben so gewesen ist, lässt sich ein Zuschauer von heute kaum noch ein. Selbst, wenn im Film die Gewalt gegen die Tiere einzig von August auszugehen scheint, verstärkt das nur noch die Wirkung auf den Zuschauer.
Wo sich der Regisseur und das Drehbuch der Realität verpflichtet fühlten, hätten sie wesentlich feinfühliger sein müssen. Man kann auch mit modernem Sentiment eine Atmosphäre des Vergangenen erzeugen. Das gilt besonders im Bezug auf Tierquälerei, die jeder Zoo auch heute noch mit sich bringt. Diese Atmosphäre des rührseligen Findens von Glück im alten Gewande muss aber auch einen aktuellen Bezug herstellen, wenn man ein vorwiegend jüngeres Publikum erreichen will, welches letztendlich für den zumindest finanziellen Erfolg notwendig ist. Mit Pattinson, Witherspoon und Waltz ist dieser Bezug auf der einen Seite gegeben. Auf der anderen Seite präsentiert sich diese Produktion an den falschen Stellen zu aufdringlich und in den wichtigsten Szenen sehr uninspiriert. Zum Publikum muss eben sehr viel mehr Wasser getragen werden, um es zufriedenzustellen.
Darsteller: Robert Pattinson, Reese Witherspoon, Christoph Waltz und Hal Holbrook u.a.
Regie: Francis Lawrence – Drehbuch: Richard LaGravenese nach dem Roman von Sara Gruen – Kamera: Rodrigo Prieto – Bildschnitt: Alan Edward Bell – Musik: James Newton Howard – Produktionsdesign: Jack Fisk
USA / 2011 – zirka 119 Minuten